Es hängt wohl an Trump Diese vier könnten statt Biden ins Weiße Haus einziehen
18.02.2024, 14:05 Uhr Artikel anhören
Macht ihm das Alter zu schaffen? US-Präsident Joe Biden will weiter regieren.
(Foto: AP)
Urteile, Tod und andere Katastrophen - bis zur US-Wahl im November kann noch viel passieren. Bei den Demokraten scharen sich mögliche Nachfolger schon um Präsident Biden. Wer sind sie?
So ist es in der Grundschule. Der eine hört nicht auf zu rangeln, der andere gibt nicht nach. Der eine, das ist Donald Trump. Der andere ist Präsident der Vereinigten Staaten. Joe Biden wehrt sich nicht nur deshalb, weil er sein Amt verteidigen will. Sondern auch, weil er trotz aller Kritik und Zweifel an seinem mentalen und körperlichen Zustand unter Demokraten die besten Chancen hat, eine weitere Präsidentschaft seines Vorgängers zu verhindern. Das sagen zumindest die Meinungsforscher: In einem möglichen Duell käme Biden derzeit auf 44 Prozent, Trump auf 45 Prozent.
Doch es gibt verschiedene Szenarien bis zur Präsidentschaftswahl im November - angesichts des fortgeschrittenen Alters sowohl von Biden als auch Trump ist vieles möglich. Erstens, Biden tritt wie erwartet an, verliert aber. Zweitens, er gewinnt. Drittens, falls der Amtsinhaber nach einem Wahlsieg regierungsunfähig werden oder sterben sollte, würde seine Vizepräsidentin übernehmen - aller Voraussicht nach Kamala Harris. Viertens, schon vorher steigt Biden aus und ein anderer übernimmt die Kandidatur der Demokraten.
Fast die Hälfte der US-Amerikaner meint aktuell, dass der 81-jährige Präsident eher nicht durchhält und vor November ersetzt wird. Nur 32 Prozent der US-Wähler sind der Ansicht, Biden sei mental und körperlich in der Lage, sein Amt zu führen. Ein Rücktritt von seiner Bewerbung um die Kandidatur wird laut seiner eigenen Aussage wahrscheinlicher, würde Trump doch nicht Kandidat; etwa dann, wenn diesem nach einer möglichen Verurteilung die Unterstützung eines Teils der Republikaner wegbrechen sollte.
Die große Frage, die über allem schwebt, ist also: Wer könnte statt Biden für die Demokraten antreten? Vier Namen sind im Gespräch. Zu manchen werden die Wähler sogar schon befragt.
Frauen als entscheidender Faktor

US-Vizepräsidentin Kamala Harris vertrat die USA auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
(Foto: REUTERS)
Da ist zuvorderst Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie hatte sich im Vorwahlrennen für 2020 bereits um die Kandidatur der Demokraten beworben, konnte (oder wollte) sich aber nach starkem Wahlkampfbeginn nicht mehr richtig profilieren. Als Bidens Vertreterin machte sie zunächst eine unauffällige Figur und sollte sich etwa um die Migrationskrise an der Südgrenze kümmern. Das Ergebnis ist gelinde gesagt ernüchternd, die Republikaner machen mit der dortigen Krise Wahlkampf. Trotzdem hat Harris in den vergangenen Monaten immer mehr Aufgaben übernommen.
Die 59-Jährige äußert sich wiederholt zum Abtreibungsrecht, für viele Wähler und insbesondere Frauen ein Schlüsselthema. Unter denen hat Biden seine Führung gegenüber Trump zuletzt deutlich ausgebaut. Harris leitet im Weißen Haus zudem die neue Abteilung gegen Waffengewalt. Auch beim Israel-Krieg mischt sie sich ein, ist bei hochrangigen Gesprächen mit dabei oder fordert mehr Beachtung der palästinensischen Seite. Ein klarer Fingerzeig in Richtung junger progressiver Wähler, die Biden deshalb sehr kritisch sehen oder sich bereits von ihm abgewendet haben. In einem möglichen Duell käme Harris derzeit auf 43 Prozent, Trump auf 46 Prozent, hat das renommierte Emerson College in einer Umfrage festgestellt.

Gavin Newsom und seine Frau Jennifer im November, bei einem Empfang für US-Präsident Joe Biden in Kalifornien
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Schlechter schneidet Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom ab, der auch als Biden-Ersatz gehandelt wird. Er käme gegen Trumps 46 Prozent nur auf 36 Prozent. Kalifornien ist eine absolute Hochburg der Demokraten. Immer wieder hat sich der Gouverneur in nationale Politik eingemischt und vehement für Biden geworben. "Gavin Newsom wird Präsident sein, die Frage ist nur, wann", sagte Ende vergangenen Jahres ein Parteistratege der Demokraten. "Er bringt sich in Stellung."
Als noch möglich erschien, dass Ron DeSantis, sein Amtskollege aus Florida, die Kandidatur der Republikaner erreichen könnte, führte der 56-jährige Newsom eine politische Fehde gegen ihn. Im Dezember gab es sogar eine hitzige Fernsehdebatte der beiden Gouverneure. Newsom rühmt sich mit der niedrigsten Kriminalitätsrate in Kalifornien seit 50 Jahren sowie einer Pro-Abtreibungspolitik. Seine zweite und letzte mögliche Amtszeit als Gouverneur endet im Januar 2027.

"Keine Verbote für unseren Körper" - Gouverneurin Gretchen Whitmer verteidigte das Abtreibungsrecht in Michigan.
(Foto: dpa)
Auch Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer wird gehandelt, hätte der jüngsten Umfrage zufolge aber nur Außenseiterchancen gegen Trump: Sie käme auf 33 Prozent, der Republikaner auf 45 Prozent. Die 52-Jährige ist ein beliebtes Ziel von Attacken aus dem Trump-Lager. In dessen Amtszeit im Weißen Haus planten Milizionäre, die Regierung des Bundesstaats zu stürzen und Whitmer vor der Wahl 2020 zu entführen. Das FBI bekam Wind davon und verhinderte den Coup. Mehrere an der Planung des Putsches Beteiligte wurden zu jahrelanger Haft verurteilt.
Unter Whitmers Regierung wurde das Streikrecht der Gewerkschaften im Bundesstaat komplett wiederhergestellt. United Auto Workers erreichte danach eine der höchsten Tarifabschlüsse der vergangenen Jahrzehnte, nachdem sie bei den "Big Three" - General Motors, Ford und Stellantis (Ex-Chrysler) - in Detroit Arbeitskämpfe geführt hatte. Als der Supreme Court in Washington, D.C. das Abtreibungsrecht kippte, hielt es Whitmer mit einer Klage praktisch in Kraft. "Legt euch nicht mit amerikanischen Frauen an; wir sind stark und wir wehren uns und wir gewinnen", sagte die Gouverneurin dazu. Weiterhin begann der Bundesstaat unter ihr, die noch immer verbreiteten Bleiwasserrohre auszutauschen. Auch Whitmers zweite Amtszeit endet Anfang 2027.
"Frischling" aus Bidens Heimat
Als weiterer möglicher Ersatzkandidat kommt Pennsylvanias Gouverneur Josh Shapiro infrage. Manche nennen ihn langweilig oder zu glatt, andere halten ihn für das Ass im Ärmel der Demokraten. Shapiro hat hör- und sichtbares Potenzial. Während seines Wahlkampfes 2022, als er von Ex-Präsident Barack Obama unterstützt wurde, ging eine feurige Rede über die Bedeutung "echter Freiheit" durch die Medien. Shapiro hatte sich lange Jahre bei den Demokraten hochgedient, bevor er gegen den Republikaner Doug Mastriano gewann. Der wollte Abtreibungen ohne jegliche Ausnahmen verbieten, neue Wahlbeschränkungen einführen und wurde von Trump unterstützt. Kein Wunder, denn Mastriano hatte mehrere Busse gemietet, die vor dem Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 spätere Aufständische nach Washington, D.C. brachten.
Pennsylvania ist im politischen Ringen um die Präsidentschaft einer der Schlüssel-Bundesstaaten; der ging schon 2020 nur äußerst knapp an die Demokraten. Biden kommt aus Pennsylvania, ist dort wegen seiner Gewerkschaftsnähe nicht unbeliebt und würde laut regionaler Umfrage 42 Prozent im Duell gegen Trump (41 Prozent) holen. Doch zugleich meinen 65 Prozent der Wähler im Bundesstaat, dass Biden keine Wiederwahl verdiene. Shapiro hingegen würde mit exzellenten 48 Prozent zu 37 Prozent Trump in die Schranken weisen. Dabei sind seine politischen Ergebnisse bislang ernüchternd, die meisten seiner Wahlkampfversprechen nicht umgesetzt. Der 50-Jährige ist der größte Frischling unter den vieren und hat für seinen nächsten politischen Schritt theoretisch noch Zeit: Er könnte bei erfolgreicher Wiederwahl noch bis Anfang 2031 im Amt sein.
Noch wagt sich niemand, öffentlich Biden die Kandidatur streitig zu machen; dazu müsste schon etwas Außergewöhnliches geschehen. Der Präsident räumt mögliche Interessenkonflikte momentan durch Integration aus dem Weg. Alle, die als mögliche Nachfolger gehandelt werden, sind Teil seines Berater- oder Wahlkampfstabs. Das heißt auch: Auf dem Schulhof auf sich allein gestellt ist der Präsident keineswegs.
Quelle: ntv.de