Durchwachsene Bilanz Was steht im Abschlussdokument von Scharm el Scheich?
20.11.2022, 09:32 Uhr
Einen kompletten Abschied von fossilen Brennstoffen gibt es noch nicht.
(Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dp)
Der wichtige Erfolg in der nach zähem Ringen beschlossenen Abschlusserklärung der UN-Klimakonferenz von Scharm el Scheich ist der Aufbau eines Fonds zum Ausgleich klimabedingter Schäden. Bei anderen Fragen, wie der weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen, wurde vor allem ein Zurückfallen hinter frühere Vereinbarungen mühsam verhindert.
Klimaziele
Bekräftigt werden im Manteltext der Abschlusserklärung die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad verglichen mit dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dafür seien sofortige und nachhaltige Senkungen der Treibhausgasemissionen erforderlich. Bis 2030 sollen diese um 43 Prozent verglichen mit dem Stand von 2019 sinken und etwa 2050 soll weltweit Treibhausgasneutralität erreicht sein.
Bekräftigt wird das Bekenntnis zu einer Abkehr von Energieerzeugung aus Kohle sowie "ineffizienten Subventionen" für fossile Energieträger. Erstmals ausdrücklich befürwortet wird der Ausbau erneuerbarer Energien, allerdings nur in einer sehr weichen Formulierung als Teil eines "sauberen Energie-Mix".
Treibhausgasemissionen
Beschlossen wurde ein Aktionsprogramm zur Senkung der Treibhausgasemissionen, allerdings weniger ehrgeizig als etwa von der EU gewünscht. Um die Lücke bis zum 1,5-Grad-Pfad zu schließen, sollen die Staaten bis zur nächsten Klimakonferenz im November 2023 ihre nationalen Ziele für 2030 entsprechend nachbessern. Grundlage ist der Glasgow Climate Pact von 2021. Das Programm läuft zunächst bis 2026, kann aber verlängert werden.
Ein lange umstrittener Punkt war, dass das Programm und die darin vorgesehenen jährlichen Berichte nicht zu einer Verschärfung von Zielvorgaben über die des Pariser Klimaschutzabkommens hinaus führen sollte. Er wurde schließlich entschärft.
Klimabedingte Verluste (Loss and Damage)
Vereinbart wird ein Verfahren hin zu einer Vereinbarung, die den Aufbau eines Fonds zum Ausgleich für klimabedingte Schäden umfassen soll. Dafür soll eine Übergangs-Kommission gebildet werden, der zehn Vertreter der Industriestaaten und 13 der Entwicklungsländer angehören. Sie soll Empfehlungen vorlegen, über die auf der UN-Klimakonferenz Ende 2023 in Dubai beraten wird. Das Volumen des Fonds soll später beraten werden.
Nutznießer des Fonds sollen Entwicklungsländer sein, die besonders verletzlich sind. Diese Fokussierung auf die stark gefährdeten Staaten war zunächst umstritten. Vertagt wurde der Konflikt, ob auch Schwellenländer mit hohen Emissionen und starker Wirtschaftskraft wie China zu den Einzahlern gehören sollen. Letzteres wäre zumindest dann möglich, wenn der Fonds dem Pariser Abkommen zugeordnet wird und nicht der Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Bereits jetzt ist zur Finanzierung auch von nicht näher definierten "weiteren Finanzquellen" die Rede.
Einen Beschluss gibt es zudem zu Struktur und Mandat für das Santiago-Netzwerk für technische Unterstützung bei der Bewältigung klimabedingter Schäden. Dieses ist damit arbeitsfähig.
Klimafinanzierung
Die Konferenz äußerte sich "sehr besorgt" darüber, dass die Zusage der Industrieländer von 2009, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar (96,6 Milliarden Euro) für Klimaschutz und -anpassung zur Verfügung zu stellen, immer noch nicht vollständig eingelöst wurde. Die Industriestaaten werden aufgefordert, dies nachzuholen. Zudem gibt es weitere Verfahrensschritte hin zu einem neuen Finanzierungsziel für Klimaschutz und -anpassung, das 2024 beschlossen werden soll.
Just Transition
Entwicklungsländer sollen beim klimafreundlichen und zugleich sozial verträglichen Umbau ihrer Wirtschaft ("Just Transition") unterstützt werden. Dafür soll ein Arbeitsprogramm entwickelt werden. Internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank sollen reformiert werden, um sie auf Klimaschutz und -finanzierung auszurichten. Zudem soll privates Kapital dafür mobilisiert werden.
Was sonst noch geschah
Diverse Vereinbarungen und Initiativen gab es am Rande des eigentlichen Konferenzgeschehens. Dazu gehört der vor allem von Deutschland mit besonders vulnerablen Staaten angestoßene "Global Shield", der einige besonders verletzliche Länder gegen bestimmte Klimaschäden absichern soll, Vereinbarungen über Energiewende-Partnerschaften mit Ägypten und Kenia sowie - am Rande des parallelen G20-Gipfels - mit Indonesien. Zudem gab es unter anderem Initiativen zum Waldschutz, einschließlich diesbezüglicher Versprechen des designierten brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva sowie zum Schutz der Biodiversität.
Quelle: ntv.de, Benno König, AFP