Politik

Falsche Zahlen und Propaganda Wie China die Pandemie herunterspielt

Am 3. Februar in einem Krankenhaus in Wuhan.

Am 3. Februar in einem Krankenhaus in Wuhan.

(Foto: REUTERS)

China hat zu Beginn der Pandemie die Zahl der Corona-Fälle bewusst untertrieben. Mittlerweile verbreitet das Land Propaganda über den Ursprung der Krankheit. Dabei wird auch ein falscher Kronzeuge aus Deutschland eingesetzt.

Die chinesischen Behörden haben das Ausmaß und damit auch die Gefahr des Corona-Ausbruchs in der Provinz Hubei in den ersten Monaten der Pandemie heruntergespielt. Das berichtet CNN unter Berufung auf Dokumente der Gesundheitsbehörde der Provinz, die dem US-Sender vorliegen.

So teilten chinesische Behörden am 10. Februar mit, es gebe im ganzen Land insgesamt 2478 neue Corona-Fälle, was die Gesamtzahl auf mehr als 40.000 erhöhte. Bis auf 400 waren all diese Fälle damals noch auf die Volksrepublik beschränkt. Tatsächlich hatten die Behörden jedoch am 10. Februar allein in Hubei 5918 neue Fälle gezählt - mehr als doppelt so viele wie es zu diesem Zeitpunkt angeblich im ganzen Land gab. Allein in Hubei wurden an diesem Tag 3911 neue Fälle registriert.

Die Zahlen fielen auch deshalb so gering aus, weil die Behörden nur die Zahl der bestätigten Fälle veröffentlichten. Erkrankte Patienten, die - etwa durch Röntgen oder Computertomografie - "klinisch diagnostiziert", aber nicht getestet worden waren, wurden als Verdachtsfälle gerechnet. Am 10. Februar betraf dies allein in Hubei 1771 Fälle. Mitte Februar rückten die chinesischen Behörden von diesem Vorgehen ab.

"Bürokratische und politisch motivierte Fehler"

Dennoch gab es weiter Unterschiede zwischen der offiziellen und der inoffiziellen Zählung. Am 7. März registrierte die Provinz Hubei offiziell 2986 Corona-Tote, wobei es inoffiziell 3456 waren, darunter 2675 bestätigte, 647 klinisch diagnostizierte und 126 Verdachtsfälle.

Das Material, insgesamt 117 Seiten aus der Zeit zwischen Oktober 2019 und April 2020, wurde CNN von einem Whistleblower zugespielt.

In einem Bericht von Anfang März heißt es, die durchschnittliche Dauer zwischen dem Einsetzen der Symptome und der Diagnose einer Covid-19-Erkrankung betrage 23,3 Tage. Eine effektive Bekämpfung der Epidemie war so kaum möglich. Es sei klar, dass die chinesischen Behörden Fehler gemacht haben, sagte Gesundheitsexperte Yanzhong Huang von der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations dem Sender. Dies seien nicht nur Fehler gewesen, "die passieren, wenn man mit einem neuartigen Virus zu tun hat", so Huang, sondern auch "bürokratische und politisch motivierte Fehler".

Propaganda mit falschem Kronzeugen aus Deutschland

Mittlerweile hat die chinesische Regierung damit angefangen, den Ursprung der Pandemie zu leugnen. "In Wuhan wurde das Coronavirus zum ersten Mal nachgewiesen, aber es ist nicht hier entstanden", sagte Zeng Guang, der frühere Chefepidemiologe der chinesischen Gesundheitsbehörden, am 19. November. Ähnlich hatte sich, so die Hongkonger "South China Morning Post", bereits sein Nachfolger Wu Zunyou geäußert. Dem britischen "Guardian" zufolge haben chinesische Wissenschaftler bei der Fachzeitschrift "The Lancet" eine noch nicht von Fachleuten begutachtete Studie eingereicht, in der behauptet wird, Wuhan sei nicht der Ort, wo das Virus erstmals vom Tier auf den Menschen übertragen wurde. Dies könne auf dem "indischen Subkontinent" passiert sein.

Solche Behauptungen werden auch von chinesischen Staatsmedien verbreitet. "Neuartiges Coronavirus nicht aus Wuhan, sagt deutscher Top-Virologe", titelte unlängst der staatliche Auslandssender Chinas CGTN. Gemeint war der Virologe Alexander Kekulé von der Uni Halle-Wittenberg. Kekulé hatte das so allerdings nie gesagt, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" darlegt: Stattdessen hatte er in der Talkshow von Markus Lanz seine These ausgeführt, nach der das Coronavirus, das in Norditalien aufgetreten ist, eine genetisch veränderte Form der ursprünglich in Wuhan entdeckten Variante sei. Auf Nachfrage distanzierte Kekulé sich aber klar von der chinesischen Behauptung, das Virus stamme nicht aus Wuhan. Diesen Ausschnitt zeigte CGTN nicht.

Bereits seit Monaten will die Weltgesundheitsorganisation WHO ein internationales Experten-Team nach Wuhan schicken, um dort nachzuforschen, wie die Übertragung auf den Menschen vonstattenging. Bislang hat China einer solchen Untersuchung der FAZ zufolge kein grünes Licht gegeben. Aus chinesischer Sicht würden die Experten auch am falschen Ort forschen: "Die Suche nach dem Ursprung ist ein laufender Prozess, der viele Länder und Regionen umfasst", sagte der chinesische Außenamtssprecher Zaho Lijian Ende November.

Quelle: ntv.de, hvo

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen