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Flüchtlingstalk bei Markus Lanz "Wir können nicht mehr"

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"Die sitzen alle in einer Massenunterkunft": Asylbewerberheim in Bonn.

"Die sitzen alle in einer Massenunterkunft": Asylbewerberheim in Bonn.

(Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern werden sehr unterschiedlich bewertet. In der ZDF-Talkshow Markus Lanz kritisiert eine Gemeinderätin die Beschlüsse. Sie hat einen besonderen Wunsch. Aber der ist unerfüllbar. Grünen-Chef Nouripour dagegen ist angetan.

Grünen-Chef Omid Nouripour ist nach den Bund-Länder-Gesprächen am Montag zufrieden. Die Ergebnisse scheinen ihn zuversichtlich zu stimmen, auch wenn er weiß, dass noch viel Arbeit zu tun ist. Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben sich unter anderem darauf geeinigt, dass die Gemeinden mehr finanzielle Hilfe bekommen, je mehr Flüchtlinge aufgenommen werden. Außerdem soll unter anderem über Asylanträge schneller entschieden werden, und die Länder sollen dadurch entlastet werden, dass geflüchtete Menschen weniger Sozialleistungen bekommen. Das Ziel: In Zukunft sollen weniger Migranten nach Deutschland kommen.

Nouripour weiß, dass es in den Kommunen an Geld, Wohnraum und Personal fehlt. Nun sollen die Kommunen finanziell entlastet werden. "Da sind 3,5 Milliarden Euro rausgekommen, die beschlossen worden sind. Das hätte ich vor drei Tagen noch nicht gedacht. Das ist ein guter Schritt nach vorne", sagt Nouripour am Abend in der ZDF-Talkshow Markus Lanz, wo die Gäste einmal mehr über das Flüchtlingsproblem in Deutschland diskutieren. Wichtig sei auch, dass geflüchtete Menschen in Zukunft schneller in Arbeit kommen könnten. "Arbeit ist der Integrationsmotor Nummer eins", so Nouripour.

"Dankbar, dass das Geld kommt"

"Ich bin dankbar, dass das Geld kommt", sagt Bettina Dickes. Die CDU-Politikerin ist Landrätin von Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Doch die große Zahl der Geflüchteten habe dazu geführt, dass die Menschen mittlerweile überfordert seien, sagt sie. "Diese Überforderung können sie mit keinem Geld der Welt abblocken." Wenn es nach dem Gesetz ginge, könne ganz Syrien nach Deutschland kommen, so Dickes.

Die Sache mit der Arbeit sieht Dickes skeptisch. So seien im vergangenen Jahr viele Ukrainer nach Deutschland eingereist, "hochmotivierte Frauen mit Kindern, die sofort arbeiten wollten." Die hätten jedoch sofort Bürgergeld bekommen und dann das deutsche Sozialsystem verstanden. Menschen bei der Müllabfuhr haben in Bad Kreuznach laut Dickes am Ende des Monats 2300 Euro auf dem Konto, wenn sie zusätzlich Kindergeld für ein Kind bekämen, bei einer Reinigungskraft seien es etwa 2000. Genau so viel Geld könne man in Bad Kreuznach auch als Bürgergeld bekommen, wenn man ein Kind habe. Dazu kämen Vergünstigungen bei der Rundfunkgebühr oder bei den Mahlzeiten in der Kita. Da würde es sich nicht lohnen, zu arbeiten. Zwischen den Zeilen kann man wahrnehmen, dass Bettina Dickes mit der Höhe des Bürgergeldes nicht wirklich einverstanden ist, während sie das Gehalt von Reinigungskräften nicht zu bemängeln scheint.

Flüchtlinge mit Messern

Die Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels nennt Dickes "schöne Absichtserklärungen". Sie sagt: "Wir müssen schauen, dass wir nicht überfordern, dass wir nicht zu viele Menschen in dieses Land hineinholen." In ihrem Landkreis sei kein Wohnraum für die Unterbringung von Geflüchteten mehr vorhanden. Die müssten nun in Sammelunterkünften unterkommen. Aber: "Wir können doch nicht Menschen über Monate und Jahre in Sammelunterkünften unterbringen, das schürt Aggressionen."

Ein weiteres Problem seien die Flüchtlinge selber. Das seien in der Regel Menschen zwischen 16 und 25 Jahren, und 85 Prozent davon seien "junge Männer mit viel Tatendrang. Die müssen sich austoben. Aber die sitzen alle in einer Massenunterkunft, ohne die Perspektive auf Gesellschaft, auf eine Freundin, auf alles Mögliche." Die Gemeinde könne keine Sprachkurse anbieten, keine Integration.

Dazu komme, dass die Menschen in den Dörfern Angst hätten: "Es ist das subjektive Gefühl: Gewalt. Wann immer wir sagen, in deine Gemeinde müssen jetzt 20 oder 30 Menschen kommen, ist das erste, was gesagt wird: Dann kann ich nicht mehr nach draußen gehen."

Tatsächlich erlebe man auch das eine oder andere an Gewalt und Auseinandersetzungen. Und das sei der Unterschied: "Messer gibt es gewöhnlich nicht in der deutschen Gesellschaft bei Auseinandersetzungen." Aber die Flüchtlinge seien so groß geworden, das sei die kulturelle Prägung. "Das haben wir jetzt bei einigen kleinen Dorffesten erlebt. Und das macht Angst." Das sei natürlich kein Massenphänomen, aber man höre davon.

Dickes hat zwei Wünsche, die ihr zumindest Omid Nouripour nicht spontan erfüllen kann. Sie möchte eine Beschleunigung von Abschiebungen, und: "Das Einzige, was uns jetzt noch helfen würde, ist ein Moratorium. Dass wir sagen: Es gibt keine neuen Zuweisungen mehr. Denn: Wir können nicht mehr."

Quelle: ntv.de

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