Politik

AfD und CDU bei Maischberger "Wo sind Sie eigentlich falsch abgebogen?"

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Wer ist schlimmer - die Grünen mit Habeck oder die AfD? CDU-Mann Amthor muss da nicht lange überlegen.

Wer ist schlimmer - die Grünen mit Habeck oder die AfD? CDU-Mann Amthor muss da nicht lange überlegen.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Was unterscheidet die CDU von der AfD? Das will Sandra Maischberger herausfinden. Das Ergebnis: vieles, aber lange nicht alles. Sie beginnt einmal mehr bei den Abstimmungen im Bundestag zur Asylwende der Union.

Philipp Amthor ist so etwas wie die Allzweckwaffe der Union. Das wirkt je nach Anschauung der Zuschauer mutig, tragisch oder lächerlich. So konnte man ihn jüngst bei McDonald's in Berlin sehen. Da nahm er an einem "Burger-Dialog" mit Influencern teil. Bei den jungen Burger-Bürgern fiel er mit seinen Antworten jedoch durch. Zu kompliziert. Am Abend stellt sich der Unions-Jungspund einer anderen Bewährung: Der CDU-Generalsekretär in Mecklenburg-Vorpommern trifft in einem Streitgespräch bei Maischberger auf Bernd Baumann. Der ist erster parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, einer Partei, die es vor allem mit einfachen Antworten hat. Diesen Auftritt meistert Amthor recht gut.

Sandra Maischberger hat sich vorgenommen, die Unterschiede zwischen Union und AfD herauszuarbeiten. Sie beginnt die Diskussion, indem sie einmal mehr auf den Entschließungsantrag der Union zur Verschärfung der Asylpolitik zu sprechen kommt, dem die AfD mit ihren Stimmen vor zwei Wochen zu einer Mehrheit verholfen hat. Seine Partei habe diesen Antrag jedes Jahr eingebracht, seit sie im Bundestag sei, erklärt Baumann. Tatsächlich gehört zum Beispiel eine Grenzschließung zum Schutz vor irregulärer Migration seit Jahren zu den Kernforderungen der in Teilen rechtsextremen AfD. Baumann spricht von einem wichtigen Symbol, weil der Antrag nun eine Mehrheit im Parlament bekommen habe. "80 Prozent der Deutschen wollen diesen Wandel. Die AfD steht dafür. Die Union hat das immer abgelehnt. Und jetzt, kurz vor der Wahl, hat sie zugestimmt. Das, was die Leute wollen, bricht jetzt durch in der Politik, und das macht die AfD", behauptet Baumann. Tatsächlich will auch die Union schon eine ganze Weile eine "Asylwende".

Noch im November hatte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz allerdings versprochen, keine Anträge in den Bundestag zu bringen, bei denen es eine Mehrheit mit der AfD geben könnte. Amthor wiederholt das neue Narrativ der Unionsparteien: "Dass wir uns nicht von der AfD diktieren lassen, wie wir über unsere eigenen Anträge abstimmen." Die Anschläge von Aschaffenburg und Magdeburg seien eine Zäsur gewesen. "Uns ging es darum, Dinge zu verändern", so Amthor. Die AfD habe nach dem Erfolg des Entschließungsantrages vor zwei Wochen gejubelt. Das sei unangemessen gewesen. "Denen ging es offensichtlich um die Inszenierung der eigenen Partei, uns ging es um die Sache", so der CDU-Politiker. "Dass Parteien unterscheidbar in der politischen Mitte für ihre Überzeugung einstehen, ist kein Fehler, sondern das ist eine Gelingensbedingung unserer Demokratie."

"Fehlinterpretation der Unionspolitik"

Das sehen nicht alle Deutschen so. Der Publizist Michel Friedman hat die CDU verlassen, der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg hat sein Bundesverdienstkreuz zurückgegeben. "War es das wert?", fragt Maischberger. Amthor wiegelt ab: "Mehrere Tausend Menschen sind in die CDU eingetreten. Viele finden das richtig." Friedman und Weinberg: Einzelne Reaktionen, die an vielen Stellen auf einer Fehlinterpretation der Unionspolitik von Links-Grün basierten. "Natürlich berührt mich das. Ich ärgere mich über solche Interpretationen. In der Sache ist es aber so, dass wir unsere Position zur AfD ja keinen Millimeter geändert haben. Wir machen unsere Politik aus dem Zweck, dass die AfD wieder dahin kommt, wo sie hingehört, nämlich an den politischen Rand."

"Die deutsche Geschichte steckt uns allen in den Knochen", kommentiert Baumann. Und dreht das Thema in seinem Sinne um: "Die aktuellen Probleme unserer jüdischen Mitbürger auf den Straßen sind ja gerade die Folge der Massenmigration, die wir nicht eingegrenzt haben." Die Union habe bisher immer gegen Zurückweisungen an den Grenzen gestimmt. Auch Philipp Amthor im Jahr 2018. Baumanns Fazit: "Ohne die AfD ändert sich nichts, nichts für jüdisches Leben, nichts gegen Parallelgesellschaften, nichts an diesen wahnsinnigen Kriminalitätsraten. Wer seine Stimme abgeben und die Probleme lösen will, kann nur die AfD wählen."

Da ist Philipp Amthor ganz anderer Meinung. Er macht die Unterschiede zwischen den beiden Parteien deutlich: "Sie würden uns isolieren in der Europäischen Union, Sie würden uns isolieren in der Außenpolitik, Sie würden dazu führen, dass Ihre Politik für einen Abstieg für Deutschland sorgt, und zwar wirtschaftlich und moralisch. Und dem treten wir entgegen." In einzelnen Punkten gebe es schon Überschneidungen zwischen AfD und Union, räumt Amthor ein. Aber in der Grundsubstanz habe die AfD als Partei eine andere Zielrichtung als die Union.

In der Migrationspolitik seien in der EU alle auf der Seite der AfD, behauptet Baumann. Amthor kontert: "Die AfD ist viel radikalisierter als viele europäische Partnerparteien von ihr." Und dann spricht Amthor Bernd Baumann direkt an: "Sie geben hier immer den lammfrommen Bürgerlichen. Wo sind Sie eigentlich falsch abgebogen, dass Ihnen das nicht unangenehm ist, mit solchen Typen wie Björn Höcke zusammen Politik zu machen? Ich finde, wer in einer KZ-Gedenkstätte in Deutschland Hausverbot hat, sollte in Deutschland keine Verantwortung übernehmen." Baumanns Antwort kommt, wie erwartet: "Das ist unterste Schublade. Sie haben nichts als Hülsen, alles was Sie vortragen."

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

In einer Fragerunde möchte Maischberger dann noch konkrete Unterschiede suchen. Die Ergebnisse: Amthor will das Social-Media-Network Tiktok regulieren, Baumann nicht. Beide sind gegen dessen Verbot in Deutschland. Beide wollen das Lieferkettengesetz abschaffen und die Laufzeiten von Kohlekraftwerken verlängern. Beide wollen die Mehrwertsteuer in der Gastronomie und die Unternehmenssteuern senken. Baumann ist für die Abschaffung der Erbschaftssteuer, Amthor nicht. Was Windkraftwerke angeht, will Amthor sie zumindest nicht abreißen, Baumann möchte, dass der Markt darüber entscheidet.

Eines unterscheidet beide Parteien jedoch grundsätzlich: Baumann will den Euro abschaffen. Das wollen die Unionsparteien nicht. Baumann bezeichnet den Euro als "Weichwährung", dazu geeignet, die Menschen zu enteignen. Das könne man an der hohen Inflation seit 2020 sehen. Dass es seitdem eine Corona-Pandemie und den russischen Angriff auf die Ukraine gab, ignoriert Baumann. So ganz zurück zur D-Mark will der AfD-Politiker jedoch nicht - auch wenn diese im Wahlprogramm der AfD steht. Er könnte sich einen "Nord-Euro" für reiche und einen "Süd-Euro" für ärmere Länder vorstellen. Das ist ein alter Hut: Darüber wurde erstmals im Jahr 2010 während der Eurokrise diskutiert. Die Idee gehörte zu den ursprünglichen Forderungen der AfD zur Gründungszeit der Partei im Jahr 2013. Baumann könnte sich jedoch auch eine Wiedereinführung der D-Mark als Zweitwährung vorstellen.

"Wir stehen an einer Weggabelung"

"Eine absurde Idee", findet Amthor. "Ich kenne niemanden, der von Ihren Plänen glaubt, dass sie für die Volkswirtschaft gut sind. Das wird den Wirtschaftsstandort Deutschland ruinieren. Wir sind stolz auf den europäischen Markt und auf den Euro." Gegen die Inflation könne nur volkswirtschaftliches Wachstum helfen, so Amthor. "Das haben Sie ja verhindert sechzehn Jahre lang", gibt Baumann zurück. Amthor sieht als Schuldigen für die Wirtschaftskrise den amtierenden Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen. "Mit dem wollen Sie ja koalieren", wirft ihm Baumann vor. "Jedenfalls lieber als mit Ihnen", gibt Amthor zurück.

Am Ende des Gesprächs bringt Amthor auf den Punkt, was die Union und die AfD unterscheidet: "Dieses linke Chaos, das es die letzten Jahre gab, wollen die Leute nicht. Sie wollen einen Politikwechsel, und der wird auch kommen. Wir stehen aber an einer Weggabelung, ob wir einen Politikwechsel bekommen mit der Faust in der Tasche, oder ob wir einen Politikwechsel bekommen, der konstruktiv ist und sich in unsere Politik und unsere Werteüberzeugung einfügt."

Friedrich Merz habe eine Wende in der Migrationspolitik versprochen und wolle in Wahrheit nach der Wahl mit SPD und Grünen koalieren, entgegnet Baumann. "Eine größere Wählertäuschung hat es in der Geschichte der Republik noch nie gegeben", so der AfD-Politiker. "Nein. Wir sagen den Wählern, was sie bekommen: Mit Ihnen gibt es keine Koalition", antwortet Amthor. Und dann wagt Baumann eine steile Prognose: "Sie werden auf uns wieder zurückkommen."

Quelle: ntv.de

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