Umweltverbände liegen falsch CO2 unter den Meeresboden? Ja bitte!


Meeresschutzgebiete bleiben für die CO2-Speicherung außen vor - und dort, wo es gemacht wird, ist das eine sichere Sache, sagen Experten.
(Foto: IMAGO/Jochen Tack)
Klimaschädliche Gase nicht in die Luft zu blasen und stattdessen weit unter der Erde zu speichern - das ist das Versprechen von CCS. Ausgerechnet zwei Umweltverbände sind dagegen. Doch die Ampel tut das Richtige, wenn sie genau das jetzt erlaubt.
Was die Bundesregierung heute beschlossen hat, klingt nach Höllenmaschine: Sie will es ermöglichen, gewaltige Mengen CO2 unter den Meeresgrund zu pumpen. Das Klimagas soll beispielsweise unter der Nordsee verschwinden. Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace sind auf den Barrikaden. Die Nordsee solle nicht zur Klima-Mülldeponie werden, warnen sie. Kehrt man damit das Problem nicht einfach unter den Meeres-Teppich? Die kurze Antwort: mitnichten. Es ist richtig, CCS und CCU zu ermöglichen.
CCS, das steht für Carbon Capture and Storage, also das Abfangen von CO2 und dessen Einlagerung. Carbon Capture and Utilization (CCU) meint das Gleiche mit einem Unterschied: Statt das klimaschädliche Gas einzulagern, soll es in der Industrie Verwendung finden. Etwa für die Produktion synthetischer Kraftstoffe. Das klingt vielversprechend, hat aber Grenzen. So sind die Einlagerungsmöglichkeiten naturgemäß nicht unendlich und für das Einlagern selbst wird auch wieder viel Energie benötigt.
Doch der Weltklimarat IPCC hat festgestellt: Ohne CCS und CCU können die Klimaziele nicht erreicht werden. Allein das sollte Grund genug sein, das bislang bestehende Verbot dieser beiden Techniken in Deutschland aufzuheben. Die Argumente von Greenpeace und DUH halten auch einer näheren Überprüfung kaum stand. Es sei unklar, ob das Gas überhaupt im Boden bleibt und nicht wieder in großen Mengen entweicht, behaupten sie. Doch das stimmt so nicht.
Laut dem Helmholtz-Institut Geomar in Kiel ist das Risiko undichter unterirdischer Speicher sehr begrenzt. Von einer Million eingelagerten Tonnen CO2 würden nur zehn Tonnen wieder entweichen, heißt es dort. CO2-Abscheidung und geologische Speicherung bieten mehr Chancen als Risiken, argumentieren Christoph Hilgers und Frank Schilling vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Speicherung von CO2 im geologischen Untergrund sei möglich, schreiben sie in einem Beitrag für die Helmholtz-Klimainitiative. Kommerziell erfolgreiche Projekte in Norwegen hätten das bewiesen.
Keine großen Hoffnungen machen
Diese Fakten überzeugen nicht nur FDP und Robert Habeck - ausgerechnet die Umweltverbände NABU und WWF sind in dieser Frage mit dem Bund der Industrie (BDI) auf einer Linie. CCS und CCU sollten ein Baustein für den Klimaschutz sein, heißt es in einem gemeinsamen Thesenpapier. Insbesondere dort, wo auf absehbare Zeit ohne Kohle oder Gas nicht produziert werden kann. Beispiele dafür sind die Herstellung von Zement oder Rohstahl. Auch Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung hält die CO2-Entnahme aus der Luft für unabdingbar zur Erreichung der Klimaziele.
Das Kieler Geomar-Institut zeigt aber auch die Grenzen der Technik auf: Mindestens zehn Jahre dauere es, bis ein Standort ausreichend auf seine Eignung als CO2-Lager überprüft worden sei. Weitere fünf Jahre würden benötigt, um eine spezifische Anlage zu bewerten und die nötigen Genehmigungen zu bekommen. Das würde bedeuten: Selbst wenn man sofort loslegt, könnte frühestens 2039 CO2 in der deutschen Nordsee eingelagert werden. Auch wenn es womöglich schneller geht - CCS und CCU sind Langzeitprojekte mit begrenzter Wirkung.
Insofern ist ein Argument der Kritiker trotz durchaus stichhaltig: CCS und CCU dürfen nicht zur Ausrede werden, den Klimaschutz auf die lange Bank zu schieben. Nach dem Motto: Wir fangen das CO2 ein und machen weiter wie bisher. Auch da sind sich alle Experten einig. Der beste Weg ist und bleibt die Vermeidung von Kohlenstoffdioxid. Aber das allein reicht einfach nicht.
Quelle: ntv.de