
FDP-Delegierte auf dem Parteitag.
(Foto: picture alliance/dpa)
Lange wirkte die FDP in der Ampelkoalition wie ein Fremdkörper. Das tut sie zwar immer noch, doch scheint sie sich nun damit angefreundet zu haben. Beflügelt von besseren Umfragewerten geht sie mit neuem Selbstbewusstsein in die Koalition. Das wird zu weiteren Konflikten führen, die Ampel könnte dadurch aber sogar stabiler werden.
Die FDP wittert Morgenluft. Nach fünf verlorenen Landtagswahlen und miesen Umfragewerten im Bund stand sie fast schon gefährlich nah am Abgrund, doch das ist nun vorbei. Nach den Erfolgen rund um E-Fuels in Brüssel und dem Heizungs- und Klimaschutzgesetz in Berlin hat die Partei neues Selbstbewusstsein getankt. Das zeigte sich deutlich auf dem Bundesparteitag am Wochenende in Berlin. Die Partei scheint dabei ihre Rolle gefunden zu haben: Klar in der Sache argumentieren, sich von den Grünen abgrenzen, keine Kompromisse ohne Kampf.
Mit dieser Strategie scheint sie ihre Wählerschaft wieder zu erreichen. Von denen hatten lange viele mit der Ampelkoalition gefremdelt. Die Ereignisse des vergangenen Jahres halfen dabei nicht. Die immensen Milliardenausgaben wie die Gaspreisbremse und andere Abfederungen waren nicht nach dem Geschmack der typischen FDP-Klientel. Die Rollenverteilung geriet zum Dauerstresstest für die FDP: SPD und Grüne überlegten sich immer neue Möglichkeiten, Geld auszugeben, während Finanzminister Christian Lindner zahlen sollte.
Währenddessen beruhigte CDU-Chef Friedrich Merz nach dem Chaos rund um die Bundestagswahl Ende 2021 seine Partei und lockte viele bürgerliche Wähler von der FDP zurück. Das Ergebnis: Die Union im Umfragehöhenflug bei rund 30 Prozent, die FDP dagegen zwischenzeitlich im Bereich des Fünf-Prozent-Abgrunds. Das Gespenst von 2013 geisterte durch die Partei - als die Partei nach vier Jahren Schwarz-Gelb unter Angela Merkel ganz aus dem Bundestag flog und harte Jahre der außerparlamentarischen Opposition folgten.
Lust auf den Streit
Jetzt sei die Stimmung ganz anders, sagen Parteimitglieder. Damals sei es purer Frust gewesen, jetzt habe man das Gefühl etwas bewegen zu können. Auf dem Parteitag taten die Delegierten nun das, was man "Profil schärfen" nennt. Das mündete in Beschlüssen zur wiederentdeckten Liebe zur Atomkraft, zur Heizungsfrage, aber auch zur Steuerpolitik. "FDP pur" nannten sie das und genossen es sichtlich.
Immer wieder war auf dem Parteitag zu hören, man solle sich nicht für oder gegen Pläne der Grünen oder der Union stellen, sondern eigene Ideen entwickeln. Die Partei hat jedenfalls Lust, diese Projekte durchzukämpfen. Insofern verflüchtigt sich die böse Ahnung, die FDP könnte die Ampelkoalition platzen lassen. Sie scheint fast Gefallen daran zu finden.
Zumal die Ampel im Moment praktisch alternativlos ist. Für Schwarz-Gelb gibt es keine Mehrheit. Und selbst wenn es sie gäbe, ist nicht gesagt, dass sich die CDU dafür entscheidet - siehe Schleswig-Holstein, wo Ministerpräsident Daniel Günther lieber ein schwarz-grünes Bündnis schmiedete, obwohl es auch für eine Koalition mit der FDP gereicht hätte. Auch im Bund ist das eine Option und aus FDP-Sicht eine Gefahr. Insofern könnte selbst an der kritischen Basis beim Blick zurück das Gefühl aufkeimen: Es war nicht alles schlecht in der Ampel.
Allerdings darf die Partei ihren kleinen Höhenflug auch dank ihrer Koalitionspartner erleben. Die Grünen schwächelten in der Kommunikation ihrer Heizungspläne und zeigten sich in den Verhandlungen überraschend nachgiebig. Kanzler Olaf Scholz entdeckte auch deswegen seine liberale Seite, weil er vermutlich ohne die FDP nicht noch einmal Kanzler werden kann. Das dürfte nicht auf immer so weiter gehen. Zum Beispiel dann, wenn die Grünen die Nase voll von dieser Rollenverteilung haben.
Quelle: ntv.de