Wolke formte Maske und Schulz Der Philosoph, der das Boxen aus der Schmuddelecke zog
03.06.2024, 19:17 Uhr
Box-Trainer Manfred Wolke (r) machte Henry Maske zum Champion.
(Foto: picture alliance / dpa)
An der Seite von Henry Maske feiert Manfred Wolke seine größten Erfolge. Nun ist der legendäre Box-Trainer im Alter von 81 Jahren verstorben. Der Potsdamer war selbst auch ein höchst erfolgreicher Faustkämpfer, gewann 1968 bei Olympia in Mexiko-Stadt Gold.
Schillernde Abendkämpfe und hohe Einschaltquoten: Manfred Wolke hatte riesigen Anteil am Box-Boom der 1990er-Jahre in Deutschland. Nun trauert die Boxwelt um den Erfolgstrainer. Der frühere Coach von Henry Maske und Axel Schulz starb am vergangenen Mittwoch im Alter von 81 Jahren nach langer schwerer Krankheit in seiner Heimatstadt Frankfurt/Oder. Maske bestätigte dies unter Berufung auf die Familie. "Am 24. Januar habe ich Manfred Wolke noch einmal besuchen können. Er war zu diesem Zeitpunkt in einer körperlich sehr guten Verfassung. Nur diese Demenz ... Jetzt ist er gegangen und auch erlöst."
Der Ex-Weltmeister ist erschüttert. "Er ist für mich unangefochten der Trainer gewesen", sagte der 60-Jährige. "Einige Sportler, die als durchschnittlich galten, sind unter ihm zu international erfolgreichen Boxern geworden", meinte Maske und schob hinterher: "Natürlich muss es der Sportler alleine machen, aber Manfred Wolke war der Begleiter, der ihnen Möglichkeiten aufzeigte und Forderungen stellte, die sie wahrscheinlich sonst nicht umgesetzt hätten." Erst formte er aus dem jungen Amateur einen Olympiasieger (1988) und Weltmeister (1989), dann wechselte das Duo gemeinsam ins Profifach und feierte nach der Wende glanzvolle Erfolge. 1993 wurde Maske als Profi Weltmeister im Halbschwergewicht. "Viele haben uns gewarnt, dass Henry bei den Profis nicht mithalten kann", erinnerte sich Wolke einmal, "dass wir nach ein paar Wochen auf der Straße liegen würden."
Zehnmal verteidigte Maske seinen WM-Titel
Es kam anders. Zehnmal verteidigte Maske seinen WM-Titel im Halbschwergewicht, bis zu 18 Millionen Zuschauer lockte das Duo bei RTL vor die Fernseher - Quoten, die heutzutage undenkbar sind. "Manfred hat das deutsche Profi-Boxen wieder nach oben gebracht. Das ist sein Verdienst", sagte Trainerikone Ulli Wegner der "Bild". Auf dem Weg dorthin setzte Wolke jedoch auf seine ganz eigenen Mittel. "Er war der Philosoph unter den Trainern, der Feingeist. Er konnte seinen Boxern mit viel Sachverstand glaubhaft machen, was sie zu tun haben und was nicht", sagte Maske vor Jahren im Interview mit dem Sportinformationsdienst.
Doch Wolke konnte auch anecken. Zu DDR-Zeiten wurde der besessene Trainer in den Jugendbereich zwangsversetzt, ehe ihn Maske zurückholte. Als Promoter Wilfried Sauerland 2009 die langjährige Zusammenarbeit mit Wolkes Außenstelle in Frankfurt aufkündigte, grollte der Coach und kündigte einen Alleingang an, zumal er kurz zuvor erst eine neue Boxhalle an der Oder hatte bauen lassen. Die Jahre des Top-Trainers Manfred Wolke jedoch waren gezählt. Neue Talente, geschweige denn Kandidaten für einen WM-Kampf konnte der Altmeister nicht mehr herausbringen. Es wurde ruhig um den Coach.
2007 hatte Wolke noch einen großen Auftritt. Maske feierte nach elf Jahren ein Comeback gegen den US-Amerikaner Virgil Hill, der ihm als Profi die einzige Niederlage beigebracht hatte. Zunächst setzte Maske auf US-Starcoach Teddy Atlas, doch als Wolke frei wurde, schwenkte Maske um und feierte mit seinem langjährigen Trainer in der Ecke eine umjubelte Rückkehr für einen Kampf.
"Der Motor, dass Maske diese Erfolge hatte"
Wolke - auch "Manne" genannt - half aber vor allem dabei, das Boxen aus der Schmuddelecke auf die große Bühne zu bringen. Im wiedervereinigten Deutschland machte er sich im Sauerland-Boxstall endgültig einen Namen und brachte Maske groß heraus. Es folgten Kämpfe im Abendprogramm vor einem Millionenpublikum. "Er hat nach der Wende das Profiboxen in Deutschland salonfähig gemacht. Er war der Motor, dass Maske diese Erfolge hatte", sagte Ikone Ulli Wegner.
Der 1943 in Potsdam geborene Coach war selbst als Athlet eines der bedeutenden Gesichter des DDR-Sports. Und er holte große Erfolge. Als Weltergewichtler gewann Wolke 1968 in Mexiko City Olympia-Gold. Außerdem war er 1967 und 1971 Vize-Europameister. Bei den Sommerspielen 1972 in München trug er die DDR-Fahne ins Olympiastadion. "Er war sicherlich einer der weltbesten Trainer. Es gibt selten Sportler, die so erfolgreich sind und gleichzeitig so erfolgreich als Trainer arbeiten", sagte Wegner.
Maske: "Auch nur ein Mensch"
Wolke trainierte Profis wie Danilo Häußler, 2001 Europameister im Supermittelgewicht, und Timo Hoffmann, Kai Kurzawa, Enad Licina sowie Artur Hein. Auch den Federgewichtler Rudi Fink führte Wolke 1980 in Moskau zu olympischem Gold. Der strenge Wolke galt als besonderer und spezieller Charakter, der laut Maske mit wenigen Worten viel vermitteln konnte. Und er hatte großen Einfluss auf seine Athleten, forderte von ihnen Höchstleistungen und brachte sie an ihre Grenzen. "Im Laufe der Zeit habe ich kapiert, dass auch Manfred Wolke kein Gott ist, denn das war er mal für mich. Er ist in Anführungszeichen auch nur ein Mensch."
Wolke trainierte auch Schwergewichtler Axel Schulz. Den hatte er ebenfalls schon zu Amateurzeiten gecoacht und trotz vieler Widerstände mit ins Profilager genommen. "Ohne Manne wäre ich nicht der geworden, der ich bin", sagte Schulz. Als 1995 das Angebot kam, gegen George Foreman zu boxen, überredete Wolke Schulz zu dem Kampf. Auch wenn der Deutsche am Ende nach Punkten umstritten unterlag, konnte er sich auf der großen Boxbühne präsentieren. "Das war mein Durchbruch. Es war der beste Trainer, den ich hatte", schwärmte der frühere Schwergewichtsboxer.
Quelle: ntv.de, tno/sid/dpa