Bei Rassismus bewusst ignorant? Mbappé macht Verbandschef schwere Vorwürfe
19.06.2022, 20:23 Uhr
Als amtierender Weltmeister scheiterte Frankreich bei der EM enttäuschend früh.
(Foto: imago images/Just Pictures)
Das französische Aus bei der Europameisterschaft 2021 wirkt auch knapp ein Jahr später noch nach. Stürmerstar Kylian Mbappé fühlt sich von Verbandschef Noel LeGraet nicht ernst genommen. LeGraet sagt, im Fußball gebe es "kaum Rassismus" - und spielt die Erfahrungen von Mbappé damit herunter.
Kylian Mbappés folgenreicher Fehlschuss im EM-Achtelfinale 2021 schlägt in Frankreichs Fußball ein Jahr später indirekt noch einmal hohe Wellen. Der Stürmerstar warf Verbandschef Noel LeGraet Ignoranz gegenüber rassistischen Angriffen vor - weil LeGraet die Beschimpfungen durch enttäuschte Fans nach Mbappés entscheidendem Fehlversuch im Elfmeterschießen gegen die Schweiz verharmlost hatte. "Es stand in Zusammenhang mit Rassismus und nicht mit dem Elfmeter", stellte Mbappé bei Twitter seinen Standpunkt klar.
LeGraet hatte zuvor die Anfeindungen gegen den Superstar von Frankreichs Meister Paris St. Germain in einem Interview mit der Sonntagszeitung "Journal du dimanche" heruntergespielt. "Er meinte", sagte der 80 Jahre alte Verbandsboss zum Frust des Angreifers, "dass wir ihn als Verband nach dem verschossenen Elfmeter nicht genug gegen die Kritik in den sozialen Netzwerken in Schutz genommen hätten. Wir unterhielten uns fünf Minuten lang in meinem Büro. Er war sauer und wollte nicht mehr für Frankreich spielen. Aber offensichtlich hat er das nicht so gemeint."
Für diese verniedlichende Darstellung seines Unmuts zeigte Mbappé keinerlei Verständnis. "Er war der Ansicht, dass es kein Rassismus gewesen wäre", berichtete der 23-Jährige über weitere Details des Treffens mit LeGraet.
Der Verbandschef steht nicht zum ersten Mal wegen "blinder Flecken" in der Debatte über Rassismus im Fußball in der Kritik. Erst im vergangenen September sorgte der Dauerfunktionär ebenfalls durch Verharmlosung von Fremdenfeindlichkeit im Fußball für Empörung in der französischen Öffentlichkeit. "Es gibt keinen oder kaum Rassismus im Fußball", kommentierte LeGraet die Einleitung von offiziellen Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen von französischen Nationalspielern nach dem EM-Aus, obwohl die Realität das Gegenteil beweist.
Auf Mbappés neue Vorwürfe reagierte LeGraet in einem Interview mit dem französischen Radiosender RMC ohne Erwähnung des Reizbegriffes ausweichend: "Ich bin mir mit ihm einig. Ich habe ihn verstanden, und es gibt kein Problem mit Kylian. Ich hatte schon immer eine tiefe Verbundenheit mit ihm." Dass Mbappé genauso denkt, scheint allerdings ausgeschlossen.
Quelle: ntv.de, tsi/sid