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Oft menschliche Arbeit hinter KI Außen Künstliche Intelligenz, innen Mensch

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Der "Schachtürke" war ein angeblicher Schach-Automat, der im 18. Jahrhundert für Furore sorgte. In Wirklichkeit verbarg sich in der Maschine ein menschlicher Schachspieler. Amazon benannte seine Plattform "Mechanical Turk" nach der Konstruktion.

Der "Schachtürke" war ein angeblicher Schach-Automat, der im 18. Jahrhundert für Furore sorgte. In Wirklichkeit verbarg sich in der Maschine ein menschlicher Schachspieler. Amazon benannte seine Plattform "Mechanical Turk" nach der Konstruktion.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein angeblich KI-basierter Dienst, dessen 3D-Modelle tatsächlich von Menschen designt werden, scheinbar autonome Lieferroboter, die in Wirklichkeit ferngesteuert sind: Nicht nur bei Amazon steckt hinter mancher vorgeblich künstlicher Intelligenz vor allem menschliche Arbeit. Das hat häufig einen sehr banalen Grund.

Amazon, einer der größten Technologiekonzerne der Welt, hat sich zum Gespött gemacht: Die angeblich revolutionäre Technologie, die Supermarkt-Einkäufe ganz ohne Kasse ermöglichte, beruhte in Wirklichkeit weniger auf einer Künstlichen Intelligenz, sondern hauptsächlich darauf, dass mehr als 1000 Arbeitskräfte von Indien aus die Kunden per Kamera beim Einkaufen überwachten und alle Waren per Hand verbuchten. AI (Artificial Intelligence, Englisch für Künstliche Intelligenz) bedeutet bei Amazon wohl "Actually, Indians" (Tatsächlich Inder) oder "Alles Inder" spotten Nutzer bei X.

Für Amazon ist die kassenlose Technologie offensichtlich ein Fehlschlag und wird nun weitgehend abgeschafft. Dass sich hinter einem vermeintlichen KI-System ein hoher Anteil menschlicher Arbeit verbirgt, ist jedoch kein Einzelfall. Generell brauchen KI-Systeme ein großes Maß menschlicher Unterstützung, um bestimmte Fähigkeiten zu erlernen. Und das nicht nur bei der Entwicklung, sondern auch dauerhaft, während des Einsatzes dieser Systeme.

OpenAI, das Unternehmen hinter der Sprach-KI ChatGPT, und andere Technologiefirmen beschäftigen inzwischen Zehntausende Menschen in Billiglohnländern - unter anderem in Afrika. In Kenia beispielsweise und Uganda ist eine ganze Branche entstanden aus Unternehmen, die KI-Firmen Mitarbeiter für das Training von KI-Modellen zur Verfügung stellt. Amazon selbst betreibt mit dem "Mechanical Turk" eine Plattform für die Vermittlung von Aufgaben, die nur menschliche Mitarbeiter erfüllen können. Das sind oft einfache Aufgaben, wie das Versehen von Bildern mit Beschreibungen zum Trainieren von KI-Modellen. Die meisten Arbeiter kommen aus Schwellen- oder Entwicklungsländern. Häufig gibt es Klagen über schlechte oder komplett ausbleibende Bezahlung.

KI teurer als Menschen

In manchen Fällen geht die Tätigkeit von menschlichen Mitarbeitern aber über das Training von KI-Modellen weit hinaus. Im vergangenen Jahr erregte das Startup Kaedim Aufsehen, das nach eigenen Angaben eine KI-basierte Technologie entwickelt hatte, die zweidimensionale Bilder in dreidimensionale Modelle umwandeln konnte. Tatsächlich wurde diese Arbeit zu einem erheblichen Teil von menschlichen Mitarbeitern erledigt, die in verschiedenen Ländern rund um die Uhr im Einsatz waren. Einem Bericht des Technologie-Portals 404 Media zufolge mussten sie innerhalb von 15 Minuten Modelle erschaffen, um den Eindruck eines automatisierten Prozesses aufrechtzuerhalten.

In einem anderen prominenten Fall vermittelte die Firma Kiwi-Bot Kunden in den USA den Eindruck, ihre als Roboter bezeichneten Zustellfahrzeuge würden autonom fahren. Tatsächlich lenkten Mitarbeiter in Kolumbien die kleinen Transporter mit Essensbestellungen oder andere Lieferungen per Kamera. Das war wohl nicht nur die zuverlässigere Lösung, sondern dank eines Stundenlohnes von zwei Dollar wohl auch die günstigere, im Vergleich zu einer autonomen Fahrzeugsteuerung.

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Bislang ist es nicht nur so, dass KI viele Aufgaben doch noch nicht erfüllen kann, von denen Unternehmen sich dies schon längst erhofft hatten. Dazu gehört etwa das vollständig autonome Fahren. Aufgrund der erforderlichen hohen Rechenleistung ist der Betrieb von KI-Systemen teuer. Viele der Unternehmen, die in den vergangenen Jahren spektakuläre KI-Technologien etwa zur Bild- und Spracherzeugung vorgestellt haben, häufen Milliardenverluste an.

Wie diese Unternehmen in absehbarer Zeit Kosten senken und Gewinne erzielen wollen, ist unklar. Denn die immer größeren und leistungsstärkeren Chips und Rechenzentren, die sie benötigen, werden derzeit teurer, nicht billiger. Manchmal ist der Einsatz von KI daher teurer als der von Menschen für dieselbe Aufgabe. Das gilt vor allem, wenn diese Aufgabe auch in Tausenden Kilometern Entfernung in Billiglohnländern erledigt werden kann.

Quelle: ntv.de

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