Recht auf schnelles Internet CSU-Politiker nennt Ampelpläne "Armutszeugnis"
09.05.2022, 08:44 Uhr
Beim Internet ist ein Festnetzanschluss deutlich schneller als die Alternative aus dem Orbit.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Während Netzbetreiber mit Gigabit-Speed werben, ist ein Teil der Landbevölkerung in Sachen Internet weit entfernt von so einem Download-Tempo. Ein neuer Rechtsanspruch soll nun das ärgste Schneckentempo beenden. Doch ein CSU-Politiker bezweifelt das.
Der digitalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fürchtet, dass das von der Bundesregierung beschlossene "Recht auf schnelles Internet" ins Leere läuft. Der Rechtsanspruch werde Haushalten in Randlagen keinen Vorteil bringen, weil auch relativ schlechtes Satelliten-Internet einbezogen werden soll, sagte CSU-Politiker Reinhard Brandl. "Die Bundesregierung will die Bürger in diesen Randlagen bei dem Rechtsanspruch auf Grundversorgung mit einem Satellitenanspruch vertrösten - das ist ein Armutszeugnis." Die Verordnung ist später Thema im Digitalausschuss des Bundestages.
Der Oppositionspolitiker bezieht sich dabei auf einen Passus in der Verordnung, demzufolge schwaches Satelliten-Internet einbezogen werden soll. Das heißt: Bekommt man in seinem Haus am Waldrand nur mieses Festnetz-Internet, dürfte einem der Gang zur Bundesnetzagentur wenig helfen. Denn die Regulierungsbehörde könnte schlicht feststellen, dass die Versorgung vor Ort zwar schlecht ist, aber das sogenannte geostationäre Internet zur Verfügung stehe - dann wäre das "Recht auf schnelles Internet", wie das Regelwerk genannt wird, erfüllt.
Zwar soll dies nur in Ausnahmen gelten, bei denen die Behörde eine Einzelfallentscheidung fällt. "Aber es ist vollkommen unklar, wie viele Haushalte die Satelliten-Ausnahme betrifft", sagt Brandl. Nach seiner Lesart ist die Regelung so vage formuliert, dass die Behörde eben doch häufig auf geostationäres Sat-Internet verweisen könnte. Dann müssten die Verbraucher in entlegenen Gebieten so weitermachen wie bisher, ihr Internetzugang bliebe mies.
Satelliten-Internet besser streichen
Der neue Rechtsanspruch soll garantieren, dass überall in Deutschland ein Internetzugang besteht mit mindestens 10 Megabit pro Sekunde im Download, 1,7 Megabit im Upload und mit einer Latenz - also Reaktionszeit - von maximal 150 Millisekunden. Durch die Latenz-Vorgabe kommt das geostationäre Internet mit weit entfernten Flugkörpern im All eigentlich nicht zum Zug, dessen Latenz ist deutlich höher.
Nach Ansicht von Brandl sollten geostationäre Satelliten aus der Verordnung gestrichen werden. Dann hätten die betroffenen Verbraucher bessere Karten gegenüber der Bundesnetzagentur und die Behörde würde wohl häufiger die Verlegung von Festnetz-Anschlüssen oder die Verbesserung des Mobilfunknetzes veranlassen.
Starlink ist zu teuer
Starlink, also das Satelliten-Internet des US-Technologiepioniers Elon Musk, spielt bei dem Rechtsanspruch auf schnelles Internet keine Rolle. Die erdnahen Satelliten ermöglichen zwar eine wesentlich bessere Übertragung als das recht günstige geostationäre Angebot, sie sind aber auch viel teurer. Dem Rechtsanspruch zufolge muss das Internet bezahlbar sein - Starlink würde also nicht einbezogen, um den Rechtsanspruch als erfüllt zu werten.
Auch der Name "Recht auf schnelles Internet" ist irreführend. Denn wirklich schnell wird es durch den neuen Rechtsanspruch nicht - die allermeisten Netzsurfer bekommen daheim viel bessere Downloads als nur 10 Megabit pro Sekunde. Wichtig ist das Regelwerk dennoch, es ist der erste Rechtsanspruch auf Breitband-Internet. Zudem wird die Untergrenze Jahr für Jahr steigen, weil sie aus der allgemeinen Internetnutzung abgeleitet wird - und da die Verbraucher immer bessere Verträge buchen, werden auch die Minimalvorgaben steigen.
Wer ist eigentlich betroffen?
Wie viele Haushalte haben überhaupt Schneckentempo-Internetanschlüsse mit weniger als 10 Mbit? Das ist unklar. In einer Stellungnahme der Bundesnetzagentur ist von einer "potenziellen Betroffenheit von voraussichtlich etwa 330.000 Haushalten" die Rede. Dieser Wert bezieht sich aber auf Haushalte mit einer Download-Verbindung von weniger als 16 Mbit pro Sekunde. Eine Zahl, die sich auf die in der Verordnung enthaltenen 10 Mbit-Vorgabe bezieht, gibt es nicht.
CSU-Politiker Brandl hält die Verordnung für ambitionslos. Das Regelwerk sei "für Familien mit Kindern und Arbeitnehmern im Homeoffice nach zwei Jahren Pandemie ein echter Tiefschlag". Damit die Verordnung in Kraft tritt, fehlt noch das grüne Licht vom Bundesrat und vom Digitalausschuss des Bundestages.
Quelle: ntv.de, chr/dpa