Energie wurde günstiger Deutsche Inflationsrate steigt im Juli wider Erwarten
30.07.2024, 14:03 Uhr Artikel anhören
Im Juli mussten die Verbraucher überraschend mehr für Waren und Dienstleistungen berappen.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Die Inflationsrate in Deutschland steigt im Juli überraschend. Die Verbraucherpreise erhöhen sich um durchschnittlich 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Vor allem für Dienstleistungen mussten Verbraucher mehr zahlen, bei Energie ist das anders.
Die Inflationsrate in Deutschland ist im Juli überraschend gestiegen. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten damit gerechnet, dass die Teuerungsrate auf dem Juni-Wert von 2,2 Prozent verharren würde. Von Juni auf Juli zogen die Preise um 0,3 Prozent an.
Dienstleistungen wurden deutlich teurer, was sich etwa in der Gastronomie oder Autowerkstätten bemerkbar macht. Diese verteuerten sich um durchschnittlich 3,9 Prozent. Ökonomen erklären das mit deutlich gestiegenen Löhnen. Die höheren Personalkosten werden von vielen Unternehmen an die Kunden weitergereicht. Auch die Kaltmieten zogen im Juni weiter an.
Auch spüren Verbraucher beim Einkaufen oder Essengehen nach wie vor das kräftig gestiegene Preisniveau. Nahrungsmittel haben sich in den vergangenen Jahren im Schnitt um mehr als 30 Prozent verteuert, ergab eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum von Januar 2020 bis Mai 2024.
Kerninflation bei fast drei Prozent
Energie verbilligte sich dagegen um 1,7 Prozent. Nahrungsmittel kosteten im Schnitt 1,3 Prozent mehr als im Juli 2023. Die sogenannte Kerninflationsrate - bei der die schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden - verharrte bei 2,9 Prozent.
Angesichts der kräftigen Gehaltszuwächse bleibt der private Konsum der wichtigste Hoffnungsschimmer für die schwächelnde deutsche Volkswirtschaft, die im zweiten Quartal überraschend um 0,1 Prozent schrumpfte. Für die zweite Jahreshälfte ließen die übrigen Stimmungsindikatoren nur wenig Schwung erwarten, schreibt etwa Volkswirt Marc Schattenberg von Deutsche Bank Research. "Entscheidend wird daher vor allem sein, wie sich angesichts der realen Kaufkraftgewinne der private Verbrauch entwickelt."
Ifo glaubt an baldige Wende
Die Ökonomen von Deutsche Bank Research rechnen für das Gesamtjahr 2024 mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,2 Prozent. 2025 soll sie dann auf 2,1 Prozent fallen. Im vergangenen Jahr waren die Lebenshaltungskosten hierzulande noch um durchschnittlich 5,9 Prozent gestiegen - vor allem wegen teurer Nahrungsmittel. Der Juli-Umfrage des Ifo-Instituts zufolge wollen vor allem in der Industrie etwas mehr Unternehmen als im Vormonat ihre Preise anheben, die konsumnahen Bereiche planen hingegen seltener mit steigenden Preisen. Daher dürfte die Inflationsrate in den kommenden Monaten zurückgehen, sagte Ifo-Konjunkturexperte Sascha Möhrle.
Sollte die Inflation im Jahresverlauf in Deutschland wie auch im Euroraum insgesamt sinken, gäbe das der Europäischen Zentralbank (EZB) im Jahresverlauf Spielraum für weitere Leitzinssenkungen. Sie hat im Juni erstmals seit der Inflationswelle die Leitzinsen wieder um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Im Juli ließ die Notenbank die Zinsen unverändert und hielt sich die Tür offen für eine weitere Zinssenkung bei ihrer Sitzung Mitte September.
Renten zogen auch deutlich an
Grundsätzlich sieht die EZB bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent Preisstabilität gewahrt. Geringere Raten oder gar sinkende Verbraucherpreise (Deflation) bergen die Gefahr, dass Unternehmen wie Konsumenten ihre Investitionen und Anschaffungen verschieben, weil sie noch niedrigere Preise erwarten. Das hätte negative Folgen für das Wirtschaftswachstum.
Höhere Teuerungsraten schwächen hingegen die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das bremst den privaten Konsum, der eine wichtige Stütze der Konjunktur in Deutschland ist. Gewerkschaften versuchen, die Preissprünge mit hohen Tarifabschlüssen auszugleichen. Auch stiegen zuletzt die Renten deutlich: Die Bezüge für mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland wurden zum 1. Juli um 4,57 Prozent erhöht.
Quelle: ntv.de, als/rts/dpa