Wirtschaft

Neuberechnung des Vermögens Deutsche sind viel reicher als gedacht

Reiche profitieren vor  allem von den Wertsteigerungen bei Immobilien und anderem Besitz.

Reiche profitieren vor allem von den Wertsteigerungen bei Immobilien und anderem Besitz.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Bisherige Statistiken haben bei der Berechnung des Wohlstands hierzulande offenbar deutlich zu tief gestapelt. Insgesamt hat Deutschland vier Billionen Euro mehr Vermögen vorzuweisen, berechnen Forscher. Deutlich zugelegt hat vor allem ein bestimmter Teil der Gesellschaft.

Bisherige Statistiken haben das deutsche Vermögen offenbar deutlich zu tief angesetzt. Das ergibt eine gemeinsame Studie eines Forschungsteams von der Humboldt- und der Universität Bonn mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Deutschland ist erheblich reicher, als die offiziellen Statistiken zeigen", lautet das Fazit der Ökonomen. Der Grund liegt aus Sicht der Experten vor allem darin, dass die Wertsteigerung materiellen Vermögens in den vergangenen Jahrzehnten nicht berücksichtigt wurde.

Eine Neuberechnung unter Einbeziehung dieser Wertsteigerung zeigt, "dass das Gesamtvermögen der Deutschen insgesamt vier Billionen Euro höher ist als bislang gedacht", sagt DIW-Expertin Charlotte Bartels ntv. Die Hälfte, also zwei Billionen, gingen dabei auf das Konto des höheren Immobilienvermögens, die andere Hälfte stamme aus dem Wertzuwachs bei Unternehmensvermögen. Beides sei von der offiziellen Statistik unterschätzt worden, so die Co-Autorin der Studie, die bereits im Mai veröffentlicht und von verschiedenen Medien aktuell aufgegriffen wurde.

"Wenn ich ein Haus kaufe in einem Ballungsgebiet, wo die Preise in den letzten Jahren extrem gestiegen sind, bin ich auf dem Papier automatisch reicher geworden, ohne mehr zu sparen", erklärt Bartels. Eine Verzerrung ergibt sich den Autoren zufolge auch aus den zu niedrig angesetzten Schätzungen von nicht börsennotierten Unternehmen, die erheblich wertvoller sind, als in den an reinen Buchwerten orientierten Statistiken. Vor allem im europäischen Vergleich dürfte dies zu erheblichen Abweichungen geführt haben, weil nicht an der Börse notierte Unternehmen in Deutschland eine besonders große Rolle spielen.

Vor allem Reiche werden immer reicher

Eine weitere Fehlerquelle ergab sich laut den Forschern auch daraus, dass die Zahlen meist auf repräsentativen Umfragen unter der Bevölkerung basierten. Die von den Befragten angegebenen Vermögen fielen jedoch im Verhältnis zum Gesamtvermögen der Deutschen zu niedrig aus. Für ein genaueres Bild von den Vermögensverhältnissen konsultierten die Studienautoren deshalb zusätzliche Quellen. Neben den klassischen Haushaltsbefragungen berücksichtigten sie beispielsweise auch Steuerdaten und Reichenlisten.

Auf Basis der neuen Zahlen hat sich die Vermögensschwelle, ab der sich jemand zur reicheren Hälfte der Bevölkerung zählen darf, entsprechend nach oben verschoben. Sie liegt jetzt bei 130.000 Euro. Mit einem Vermögen von 946.000 Euro gehört man zu den Top 10 Prozent und ab vier Millionen Euro zu dem einen Prozent der Reichsten der Reichen in Deutschland. In die Berechnungen flossen dabei ausschließlich Geld und Eigentum, das am Markt verkauft werden kann, ein. Rentenzahlungen, die Menschen erhalten, berücksichtigten die Forscher nicht.

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(Foto: ntv/Albers, Bartels, Schularick)

Mit der Neuberechnung wird vor allem eins noch klarer: Die Vermögensschere innerhalb der Gesellschaft klafft noch viel mehr auseinander als bisher angenommen. Diejenigen mit wenig Vermögen sind noch weiter zurückgefallen als es die bisherigen Statistiken gezeigt haben. Denn die wohlhabende Hälfte der Bevölkerung ist in den vergangenen Jahrzehnten noch mal deutlich reicher geworden, denn sie ist es, die in großem Umfang Immobilienwerte und Unternehmensanteile besitzt, wo es die großen Preissteigerungen in den vergangenen Jahren zu verzeichnen gab.

Von der Mittelschicht absetzen konnte sich die reiche Oberschicht nicht, wie die Studie ebenfalls zeigt. Denn insbesondere die Mittelschicht profitierte seit etwa 2010 von den steil ansteigenden Preisen bei Immobilien, "die für sie die wichtigste Anlageklasse darstellen". Da die ärmere Hälfte der Gesellschaft praktisch nur Sparkonten und Lebensversicherungen besitze, sei hier kein vergleichbarer Vermögenszuwachs zu verzeichnen, so Bartels. Dass sich die Schere wieder schließt, steht angesichts einer Inflation in Deutschland von knapp acht Prozent auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Die Vermögensschere dürfte im Gegenteil eher weiter auseinanderklaffen.

Quelle: ntv.de, ddi

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