Falls Lieferung eingestellt wird Experten warnen vor Gas-Stopp für Haushalte
29.04.2022, 05:08 Uhr
Der Erdgasspeicher in Rehden (Niedersachsen) ist mit einer Kapazität von 3,9 Milliarden Kubikmetern der größte Erdgasspeicher in Westeuropa.
(Foto: picture alliance / Fotostand)
Falls nicht mehr genug Gas vorhanden ist, muss nach dem deutschen Notfallplan zuerst die Industrie darauf verzichten. Eon-Aufsichtsrats-Chef Kley fordert, die Firmen zu verschonen und privaten Verbrauchern den Hahn abzudrehen. Aus Sicht von Fachleuten birgt dies jedoch Sicherheitsrisiken.
Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, warnt davor, die privaten Haushalte im Fall eines Gas-Lieferstopps vor der Industrie abzuschalten. "Ich verstehe das Anliegen, die Industrie so lange wie möglich mit Gas zu versorgen. Doch es steht nicht nur im Gesetz, dass die privaten Haushalte geschützte Kunden sind. Eine Abschaltung der Haushalte wäre auch mit Sicherheitsfragen verbunden", sagte Hüther der "Rheinischen Post". "Vor allem wäre es für die Netzagentur im Vorhinein auch gar nicht möglich, eine massenhafte Abschaltung sicher zu planen."
Man könne aber überlegen, "die Haushalte durch Auslobung von Prämien zum freiwilligen Energiesparen zu bringen", sagte Hüther weiter. Grundsätzlich gelte: "Bei den im Notfall nötigen Industrie-Abschaltungen muss man zu einer sinnvollen Reihenfolge kommen: Nahrungsmittel-, Stahl- und Glasindustrie müssen so lange wie möglich am Netz bleiben."
Zuvor hatte Eon-Aufsichtsrats-Chef Karl-Ludwig Kley im "Manager Magazin" gefordert, die Politik solle über die Umdrehung der Reihenfolge beim Notfallplan nachdenken und erst bei Privaten abschalten, dann bei der Industrie. Der bisherige Notfallplan sieht vor, Privathaushalte bei Versorgungsengpässen zu bevorzugen und stattdessen zunächst Industriebetriebe abzuklemmen, falls Russland Gaslieferungen einstellen sollte.
Auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, warnt davor, Kleys Forderung nachzukommen. "Ich kann und möchte mir nicht vorstellen, dass man die Versorgung von Krankenhäusern weniger wichtig finden kann als die der Industrieunternehmen", sagte Müller der "Rheinischen Post". Müller mahnte, die verschiedenen Interessengruppen nicht gegeneinander auszuspielen. "Trotzdem ist die Frage legitim und notwendig, was ich in einer Gasnotlage zu Hause tun kann oder muss, um Gas, CO2 und Geld zu sparen, damit unser Land insgesamt gut durch die Krise kommt. Sie gilt aber für die Industrie wie für private Verbraucher gleichermaßen, keine Gruppe sollte gegen die andere ausgespielt werden."
Quelle: ntv.de, lve