Freihandelsabkommen vor dem Aus? Frankreich könnte CETA-Abkommen kippen
21.03.2024, 20:56 Uhr Artikel anhören
Ein ungewöhnliches rechts-links Bündnis im französischen Senat gefährdet die Ratifizierung von CETA.
(Foto: picture alliance / abaca)
Eine Rechts-Links-Allianz im französischen Senat lehnt die Ratifizierung des EU-Freihandelsabkommens mit Kanada ab. Hintergrund sind die andauernden Bauernproteste. Das Abkommen, das bereits vorläufig angewendet wird, steht damit auf dem Spiel.
Der französische Senat hat sich überraschend und mit einer breiten Mehrheit gegen eine Ratifizierung des EU-Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) ausgesprochen. Eine ungewöhnliche Allianz aus rechten und linken Mitgliedern des Oberhauses stimmte gegen das Abkommen, das bereits seit 2017 vorläufig in Kraft ist. Damit geht der Gesetzentwurf zur Ratifizierung wieder an die Nationalversammlung zurück. Diese hatte sich 2019 mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen.
CETA war 2016 unterzeichnet und 2017 auf europäischer Ebene vorläufig eingeführt worden. Damit es uneingeschränkt gilt, müssen alle nationalen und je nach Mitgliedstaat auch regionale Parlamente das Abkommen ratifizieren. Bislang ist dies in lediglich 17 der 27 EU-Länder geschehen - wohl auch aus Angst vor einem negativen Votum haben manche Regierungen den Text ihren Parlamenten bisher nicht vorgelegt.
So auch in Frankreich: Nach der Verabschiedung durch die Nationalversammlung wurde der Text dem Senat lange nicht vorgelegt. Dass dies nun doch geschah, geht auf die Senatoren der Kommunistischen Partei zurück. Diese setzten die Abstimmung über die Ratifizierung auf die Tagesordnung.
Macron könnte stark in Bedrängnis geraten
Das Abkommen umfasst mehr als 2300 Seiten und soll den Handel zwischen der Europäischen Union und Kanada erleichtern, Hemmnisse abbauen und Regeln für den internationalen Handel festschreiben. Dabei sollen auch nahezu sämtliche Zölle wegfallen und die Klagemöglichkeiten für Unternehmen gegen einzelne Staaten mithilfe eines Schiedsgerichts erleichtert werden. Besonders dieser Abschnitt erntet seit jeher Kritik. Aber auch Umweltschützer und Gewerkschafter befürchten eine Untergrabung von Umwelt- oder Arbeitsschutzregelungen.
In Frankreich kritisieren vor allem Landwirte dieses Vorhaben, weil sie unfaire Konkurrenz befürchten. Das Manöver der Kommunisten gemeinsam mit Sozialdemokraten, Rechten, Rechtspopulisten und Rechtsextremen geht auch auf die anhaltenden Proteste von Landwirten zurück. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte in der Vergangenheit aber auch mehrfach erklärt, dass er das Abkommen ablehne.
Die kommunistischen Abgeordneten der Nationalversammlung ließen den Gesetzentwurf zur Ratifizierung umgehend für den 30. Mai auf die Tagesordnung setzen, zehn Tage vor der Wahl zum Europaparlament. Sollte auch dieses Votum gegen das Freihandelsabkommen ausfallen, würde Macron politisch stark in Bedrängnis geraten. Er müsste dann in Brüssel offiziell die Ablehnung seines Landes anmelden, was die vorläufige Anwendung des Abkommens beenden würde. Sollte er dies nicht tun, würde er sich wegen des Ignorierens eines parlamentarischen Beschlusses angreifbar machen.
In Deutschland scheiterten Aktivisten mit einer Beschwerde gegen CETA vor dem Bundesverfassungsgericht. Bundestag und Bundesrat stimmten daraufhin der Ratifizierung des Abkommens im Dezember 2022 zu, am 20. Januar 2023 trat das Ratifizierungsgesetz in Kraft.
Quelle: ntv.de, gri/AFP