Wirtschaft

Niemand kauft so viel wie Polen Fünf Grafiken zum Gold-Boom - woher es kommt, wohin es geht

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Der Goldpreis dominiert die Schlagzeilen. Der steile Anstieg ist ein Zeichen dafür, dass sich der globale Markt für das Edelmetall massiv gewandelt hat. Getrieben maßgeblich auch von Deutschlands östlichem Nachbarland.

Der Goldpreis hat eine jahrelange Rekordjagd hinter sich. Selbst nach dem Durchbrechen der Marke von 4000 Dollar pro Feinunze ist - zunächst - kein Ende der Rally in Sicht. Der Preis zeigt, dass sich der Markt für den Rohstoff Gold komplett verändert hat.

Angebot und Nachfrage nach dem Edelmetall schwanken historisch stark, doch der Trend der letzten Jahre ist klar: Seit 2022 wurden jedes Jahr neue Rekorde beim globalen Handel mit Gold aufgestellt. 2024 wurden fast 4960 Tonnen weltweit ge- und verkauft.

Dabei ist nicht nur die Menge des gehandelten Goldes gestiegen. Grundlegend verändert hat sich auch die Zusammensetzung der Akteure auf dem Markt. Für Zentralbanken spielte Gold jahrzehntelang nur eine untergeordnete Rolle. 2010 kauften sie weltweit gerade einmal 80 Tonnen Gold für ihre Reserven an. Inzwischen nutzen Zentralbanken weltweit wieder Gold, um ihre Devisenreserven zu diversifizieren - weg vom US-Dollar.

Woran das liegt, ist in der Statistik des Branchenverbands World Gold Council klar abzulesen. 2021 kauften Notenbanken noch rund 450 Tonnen Gold, 2022 sprang diese Zahl plötzlich auf mehr als 1000 Tonnen und blieb seitdem jedes Jahr über dieser Marke. Damals schnitten die USA Russland als Reaktion auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine weitgehend vom Dollar-System ab. Westliche Zentralbanken froren bei ihnen liegende russische Devisenreserven ein. Die russische Aggression und das Vorgehen der USA erschütterten das Vertrauen in den US-Dollar als bis dahin unangefochtene Weltreservewährung.

Zu den großen Goldkäufern der vergangenen Jahre zählt China. Im Verhältnis zu seinen gigantischen Devisenreserven von insgesamt 3.385 Milliarden Dollar, sind die Goldreserven von 2299 Tonnen mit einem Wert von 242 Milliarden Dollar - Stand zweites Quartal 2025 - vergleichsweise bescheiden. Größter Goldkäufer der Welt im vergangenen Jahr und auch im ersten Halbjahr 2025 ist mit Abstand Polen. Die polnische Zentralbank (NBP) begann 2018 systematisch wie keine andere, ihre Devisenreserven in Gold umzuschichten. NBP-Chef Adam Glapinski hat das Ziel ausgegeben, den Anteil an den Reserven von zuvor unter vier auf über 20 Prozent zu erhöhen.

US-Goldreserven knacken Milliarden-Dollar-Grenze

Inzwischen hat die NBP nach eigenen Angaben mit mehr als 500 Tonnen einen Goldanteil von knapp 17 Prozent an ihren Reserven erreicht. Durch den seit Jahren steigenden Preis auch enorme Buchgewinne von umgerechnet mehreren Milliarden Euro erzielt. NBP-Präsident Glapinski beteuert allerdings, dass keine Verkäufe geplant seien.

Die größten Gewinne im Zuge des Goldpreisanstiegs haben - auf dem Papier - die Besitzer der seit Jahrzehnten unverändert größten Goldbestände verbucht: die USA, wo die Goldreserven dem Finanzministerium unterstehen, und die Deutsche Bundesbank. Der Wert von mehr als 8000 Tonnen Goldreserven der USA überstieg im September dieses Jahres erstmals die Marke von einer Billion Dollar. Aufgrund eines Gesetzes von 1973 wird dieser Goldschatz offiziell allerdings immer noch mit dem damaligen Preis von rund 42 Dollar pro Feinunze bewertet, also nur mit rund 11 Milliarden Dollar.

Obwohl sie seit Jahrzehnten kein Gold mehr kauft und sogar kleine Mengen für Münzprägungen abgibt, hat sich auch der Schatz der Bundesbank im Laufe der Goldrally im Wert vervielfacht. Vor 20 Jahren entsprachen die rund 3350 Tonnen knapp 57 Milliarden US-Dollar (rund 67 Milliarden Euro). Heute sind es mehr als 434 Milliarden Dollar (374 Milliarden Dollar).

Während die Bedeutung der Notenbanken als Käufer und damit als Treiber für den Goldpreis zugenommen hat, ist die Verwendung von Gold in anderen Bereichen zurückgegangen. Zahngold spielte schon 2010 mit einem Bedarf von 45 Tonnen nur eine untergeordnete Rolle. Im vergangenen Jahr waren es weniger als 9 Tonnen. Auch die Nutzung etwa für Elektronik ging von knapp 330 Tonnen 2010 auf unter 250 Tonnen 2023 zurück. Im vergangenen Jahr verzeichnet die Statistik des WGC allerdings wieder einen leichten Anstieg. Die wichtigste Verwendung von Gold - die Schmuckherstellung - ist dagegen mit rund 2000 Tonnen pro Jahr weitgehend stabil.

Auf Rekordniveau liegt seit Jahren auch die Goldförderung, die mit 3661 Tonnen 2024 einen historischen Höchststand erreichte. Führend sind seit Jahren China und Russland mit einer Produktion von 380 bzw. 330 Tonnen im vergangenen Jahr. Auf Platz drei lag Australien mit 284 Tonnen, was allerdings einem deutlichen Rückgang gegenüber den Jahren zuvor entspricht. Stark abgenommen hat auch die Bedeutung der USA als Goldproduzent. Vor zehn Jahren wurden dort noch weit über 200 Tonnen pro Jahr gefördert. 2024 waren es noch 148 Tonnen. Kanada dagegen hat die Goldproduktion von gut 100 Tonnen im Jahr 2010 etwa verdoppelt und ist inzwischen das viertwichtigste Förderland.

Während die Fördermengen gestiegen sind, hat der Handel mit Gold aus zweiter Hand an Bedeutung auf dem Weltmarkt abgenommen. 2010 stammten noch knapp 40 Prozent des Goldes auf dem Weltmarkt aus Recycling, also etwa aus eingeschmolzenen und neugegossenen Barren, Münzen und Schmuck. Seit etwa 2015 schwankt dieser Anteil nur noch um etwa 25 Prozent.

Quelle: ntv.de

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