Wirtschaft

Bis zu 40.000 Jobs gefährdet Fusionieren Coba und Deutsche Bank?

Eine mögliche Fusion von Coba und Deutscher Bank wird wohl noch auf sich warten lassen.

Eine mögliche Fusion von Coba und Deutscher Bank wird wohl noch auf sich warten lassen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Jahrzehnt ist der Staat schon Großaktionär der Commerzbank. Doch ihr Verkauf ist politisch hochbrisant: Deutsche Bank und ausländische Geldhäuser streckten ihre Fühler aus. Zehntausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

Die Geschichte der Commerzbank ist alles andere als frei von Turbulenzen. Eine Konstante gehört dazu, auf die das Unternehmen sicher gerne verzichten würde: Seit Jahren gilt die Bank unter den deutschen Dax-Konzernen als Übernahmekandidat Nummer eins.

Abzulesen ist das auch an den Ausschlägen beim Aktienkurs. Eher zögerlich honorieren Anleger die sichtbaren Sanierungserfolge des Vorstands. Doch sobald wieder einmal Berichte zu einer möglichen Übernahme oder Fusion die Runde machen, geraten die Coba-Investoren in Verzückung. Dass die Berichte Substanz haben, zeigt der Umstand, dass das Institut nach Angaben von Insidern die Investmentbanken Goldman Sachs und Rothschild als Berater für den Fall einer Übernahme angeheuert haben soll.

Auch Analysten befeuern die Fantasien. Giulia Aurora Miotto von der US-Investmentbank Morgan Stanley hatte Investoren im Dezember empfohlen, die Coba-Aktie zu halten. Eine "innerdeutsche Konsolidierung" des hiesigen Bankenmarktes wäre wünschenswert und würde größere Synergien erzeugen als eine Übernahme durch ein ausländisches Institut ohne größere Präsenz in der Bundesrepublik, urteilte die Expertin. An den Börsen wusste jeder, wen Miotto meint: Commerzbank und Deutsche Bank.

Aus zwei Kranken wird kein Global Champion

Die Führungen beider Konzerne, die sich zu den Berichten nicht äußern wollten, hatten schon vor etwa eineinhalb Jahren Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss geführt, aber bald festgestellt, dass es dazu zu früh sei. Neuen Auftrieb hatten die Fusionsgerüchte im vergangenen Jahr durch den Einstieg des US-Finanzinvestors Cerberus sowohl bei der Deutschen Bank (3 Prozent) als auch bei der Commerzbank (5 Prozent) erhalten. Laut "Handelsblatt" soll sich Cerberus-Chef Stephen Feinberg im Dezember im Kanzleramt gegen eine Fusion ausgesprochen haben.

Während die einen Experten zum Zusammengehen der zwei nationalen Player keine Alternative sehen, halten es andere - zumindest aus heutiger Sicht - für überflüssig. Alle betonen jedoch: Wenn, dann auf keinen Fall jetzt, sondern erst in einigen Jahren. Deutsche-Bank-Chef John Cryan deutete kürzlich zwar an, offen für eine Fusion zu sein: "In der Zukunft könnte die Bank vielleicht eine Kombination mit anderen positiv sehen", sagte er vor wenigen Tagen, freilich ohne einen Kandidaten zu nennen.

Derzeit sei daran aber nicht zu denken. Das Unternehmen müsse zunächst weiter saniert und profitabler werden. Ein Kenner der Materie, der namentlich nicht genannt werden will, meint nicht frei von Sarkasmus: "Die Deutsche Bank fusioniert doch gerade mit der hauseigenen Postbank. Damit sollte sie genug zu tun haben."

Auch Klaus Nieding, Vizepräsident der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sieht momentan keinen Grund für einen Zusammenschluss, erst recht nicht im Eiltempo: "Beide Häuser haben schon genug Baustellen und würden mit einer Fusion nur noch eine weitere aufmachen." Es müsse geschaut werden, wer wo stark sei und ob es Überschneidungen oder sehr gute Ergänzungen gebe. Nieding nennt es "schwer vorstellbar", dass die zwei Geldhäuser weitere Managementkapazitäten bereitstellten, "nur um die größte deutsche Privatbank zu schaffen". Wahrscheinlicher seien in bestimmten Geschäftsbereichen Kooperationen, um die Kosten zu drücken.

"Einfach der schieren Größe wegen zwei Banken zusammenzuwerfen, macht keinen Sinn", betont Nieding und verweist auf den Kauf der Dresdner Bank durch die Commerzbank. Die Transaktion fiel mit dem Ausbruch der Finanzkrise vor einem Jahrzehnt zusammen. Seitdem hat sich die Commerzbank einen Imagewechsel verpasst und vom schwer in die Kritik geratenen Investmentbanking verabschiedet. Die Deutsche Bank spielt in dem Bereich nicht in der Eliteklasse. "Bei einer Fusion hätten wir national eine sehr starke Bank, aber international immer noch keine führende."

40.000 Jobs stehen auf dem Spiel

Nach Meinung eines großen institutionellen Investors haben die zwei Institute dagegen durchaus Geschäftsbereiche, die sich ergänzen könnten. "Der Restrukturierungsprozess ist allerdings bei beiden Unternehmen noch lange nicht abgeschlossen. Sie werden zur Fusion gezwungen sein, wenn sie nicht rasch ihre Hausaufgaben erledigen." Ein Zusammengehen zum jetzigen Zeitpunkt hält er jedoch für "fatal". Es stünden bis zu 40.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. "Die Bundesregierung könnte intervenieren."

Nicht nur deshalb ist der Staat ein wichtiger Player in der Angelegenheit geworden. Der Bund hat die Commerzbank mit Milliarden vor dem Ruin gerettet. Noch immer hält er 15 Prozent der Anteile. Der Verkauf ist politisch aufgeladen: Der Bund würde momentan üppige Verluste einfahren, da der Aktienkurs klar unter dem Einstiegspreis liegt. Nach Berechnungen der HSBC müssten die Coba-Papiere bei 25,76 Euro stehen, damit der Staat sein Geld vollständig zurückbekommt. Trotz erheblicher Kursgewinne liegt er zurzeit aber nur bei knapp 13 Euro. Das Finanzministerium betont denn auch, keine Eile beim Coba-Verkauf zu haben, gibt aber ansonsten keinen Kommentar dazu ab. Auch die zwei Banken schweigen eisern.

Politisch brisant wäre der Ausstieg des Staates auch, weil die Coba damit womöglich in ausländische Hände geraten könnte. Der US-Hedgefonds Cerberus soll 2016 Interesse an dem kompletten Paket bekundet haben. Die Bundesregierung hat abgelehnt, weil es der Bevölkerung schwer zu vermitteln gewesen wäre, erst die Commerzbank mit deutschem Steuergeld zu retten, um sie dann an einen ausländischen Finanzinvestor zu verkaufen, der sich - wie es der Name sagt - als "Höllenhund" erweist.

Die italienische Unicredit hat ebenfalls die Fühler ausgestreckt. Auch hier gibt es in Berlin Vorbehalte, da Italiens Banken momentan nicht den allerbesten Ruf haben. Und auch die französische BNP Paribas hat mit der Pariser Regierung einen wichtigen Fürsprecher für eine Zusammenarbeit mit der Commerzbank. Auch die Bundesregierung hätte dem Vernehmen nach nicht prinzipiell etwas gegen einen Einstieg der BNP, weiß aber auch, dass der französische Bankengigant bei einem Einstieg in die Commerzbank die Deutsche Bank degradieren würde. Von einer Fusion unter Gleichen könnte nicht die Rede sein. Die Marktkapitalisierung der BNP ist um ein Vielfaches höher. 

"Wir können uns nicht vorstellen, dass Berlin es zulässt, dass die Finanzierung und Refinanzierung der deutschen Wirtschaft eines Tages von amerikanischen oder anderen ausländischen Banken abhängig wird", heißt es bei einem großen Anleger. Das politische Berlin betrachte die Deutsche Bank als strategisches Asset. "Das Motto des Bundes lautet: Eine große deutsche Bank muss weiterhin existieren und darf nicht in ausländische Hände fallen. Eine grenzüberschreitende Fusion ist daher eher unwahrscheinlich. Da wäre der politische Widerstand zu groß." Sieht so aus, als gebe es jede Menge Raum für weitere Spekulationen.

Quelle: ntv.de

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