Wirtschaft

Der Solar-Schwindel Habeck lässt Häuslebauer im Stich

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Der Weg in die Energieunabhängigkeit ist für viele Häuslebauer steinig.

Der Weg in die Energieunabhängigkeit ist für viele Häuslebauer steinig.

(Foto: Rolf Haid/dpa/Symbolbild)

Um den Photovoltaik-Boom anzuheizen, verspricht das Wirtschaftsministerium Häuslebauern über die KfW zinsgünstige Förderkredite. Doch faktisch existiert das Programm für viele Normalverbraucher nur auf dem Papier: Sie müssen die Energiewende allein finanzieren. 

Als Robert Habeck vor drei Wochen seine Photovoltaik-Strategie verkündete, hatte er eine denkbar einfache Botschaft: "Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau der Solarenergie." Die Zielvorgabe des Wirtschaftsministers deckt sich mit dem, was auch Millionen Hausbesitzer momentan denken. Angesichts von hartnäckiger Inflation, Ukraine-Krieg und explodierenden Energiepreisen denken immer mehr über den Kauf einer Photovoltaik-Anlage nach. Denn mit Sonnenstrom vom eigenen Dach lassen sich die Kosten oft um die Hälfte und mehr senken.

Von Norderstedt bis Gräfelfing findet deshalb derzeit in den deutschen Vorstädten ein beispielloser Solarboom statt. PV-Anlagenbauer werden überrannt. Wer jetzt bei einem Installateur anfragt, hat meist Glück, wenn innerhalb von einem Jahr überhaupt die Handwerker kommen.

Doch der Weg in die Energieunabhängigkeit ist für viele Häuslebauer steinig. Nicht nur lange Wartezeiten, Lieferengpässe für Solarpanels aus China und Handwerkermangel sorgen bei vielen Solar-Interessierten für lange Gesichter. Noch etwas führt zu Frust: Woher sie das Geld für ihr Dachkraftwerk nehmen sollen.

Förderkredit als Fata Morgana

Denn eine Solaranlage mit Speicher für ein typisches Einfamilienhaus (10 kWp) kostet gut und gerne 30.000 Euro, ein energetischer Modernisierungskredit dafür momentan etwa 5,5 Prozent Zinsen jährlich. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat deswegen das Förderprogramm 270 aufgelegt. Und verspricht jedem Unternehmen, Freiberufler und Privathaushalt einen staatlich verbilligten Förderkredit, der ihn für die Biogasanlage, Windräder oder das Sonnenkraftwerk braucht.

Beim KfW-Darlehen würden momentan im günstigsten Fall nur etwas mehr als vier Prozent Zinsen fällig. Über die typische Laufzeit von zehn Jahren bedeutet das Tausende Euro Ersparnis zum regulären Bankkredit. Doch viele Häuslebauer kommen nicht in diesen Genuss: Das KfW-Programm existiert für die allermeisten Normalverbraucher nur auf dem Papier.

"Dieses Programm hatten wir noch nie", sagt ein Bankberater. Von deutschlandweit über 500 Finanzinstituten, mit denen er zusammenarbeite, biete kein einziges KfW-270-Förderkredite an - weder die DSL-Bank, die Commerzbank, die DKB, Sparda-Bank, die Bausparkasse Schwäbisch-Hall noch viele größere Sparkassen und Volksbanken. "Einer der Gründe wird sicher sein, dass sich das Programm nicht lohnt. Die Verwaltungskosten machen das für die Banken unwirtschaftlich."

Die Banken haben "keinen Bock" auf KfW

Die KfW betont auf Anfrage, dass "alle genannten Zielgruppen in gleicher Weise antragsberechtigt" seien und "seitens der KfW keinerlei Diskriminierungen" stattfinden würden. Das nützt den meisten Interessenten herzlich wenig. Denn über die Bewilligung entscheiden die Finanzinstitute, bei denen sie ihren Antrag stellen - und nicht die staatliche Förderbank.

Die räumt sogar ein, dass es "hin und wieder Probleme bei der Beantragung von KfW-Förderung, insbesondere bei kleinvolumigen Krediten, gibt". Und gibt potenziellen Solar-Interessenten den schon fast zynischen Rat, "beharrlich zu sein und ihr Vorhaben gegebenenfalls erneut vorzustellen". Dabei sind die Photovoltaik-Foren voll von verärgerten Häuslebauern, die gar nicht erst so weit kommen, überhaupt nur einen einzigen Antrag stellen zu können.

"Die Banken haben oft keinen Bock darauf, weil umständlich und für sie nicht lukrativ. So erging es mir auch mit meiner Hausbank, die mir trotz Top-Bonität nicht den Kfw270-Zinssatz geben wollte", monierte ein User vor wenigen Wochen. Und ein anderer schrieb schon vergangenen Sommer: "Unser Finanzierungspartner hat uns mitgeteilt, wir würden keine Bank finden, die das mitmacht, weil die Summe zu klein, und die Provision für die Banken, die die KfW-Produkte vermitteln, zu gering sei."

Die KfW betont auf Anfrage zudem, es sei "nicht erforderlich, dass der Antragsteller zu dem gewählten Finanzierungspartner bereits eine Geschäftsbeziehung pflegt". Die Realität zeigt, dass die Banken aus Profitgründen jedoch genau das zur Bedingung machen: Etwa die Beraterin einer großen deutschen Geschäftsbank, die einem Kunden im vergangenen Jahr schriftlich mitteilte: "Wir können diese KfW Darlehen nur für bestehende Kunden mit aktuell eingetragener Grundschuld und laufendem Kreditengagement begleiten." Oder die Vertreterin einer mittelgroßen ostdeutschen Sparkasse, die bestätigte, dass ohne bereits laufende Immobilienfinanzierung in ihrem Haus nichts zu machen sei.

Energiewende? Bitte selbst finanzieren!

Auch die Zahlen der KfW selbst zeigen, dass ihr Förderprogramm Schlagseite hat. Gerade einmal 2,1 Milliarden Euro hat sie im vergangenen Jahr darüber in den Solar-Ausbau gesteckt. 80 Prozent des Geldes floss in lediglich 400 Großprojekte: Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit durchschnittlich 4,2 Millionen Euro Darlehenssumme.

Und auch bei Solarstrom vom Dach hat die KfW Normalverbraucher offenbar kaum im Visier: Hier lag die durchschnittliche Fördersumme immer noch bei mehr als 75.000 Euro. Wie viele normale Häuslebauer womöglich darunter sind, kann die KfW auf Anfrage nicht sagen. Sie bestätigt lediglich, dass im gesamten Programm - also bei der Förderung von Solarstrom, Windkraft und Biomasse - 60 Prozent der Zusagen über 25.000 Euro lagen.

"Die KfW hat keine Zweigstellen, wo man die Kredite direkt beantragen könnte. Daher können sie viel erzählen, wenn der Tag lang ist. Aber solange keiner sie vergibt, existiert das Förderprogramm faktisch nicht. Da können die sich auf den Kopf stellen", sagt der Bankberater.

Die Zahlen sind ein harter Realitätscheck für Habecks Solar-Strategie. Denn sie zeigen, dass Großinvestoren, die ohnehin genug Geld haben, den Löwenanteil der staatlichen Hilfe kassieren. Und ausgerechnet die kapitalschwächsten Teilnehmer der Energiewende am wenigsten gefördert werden - und sie faktisch komplett selbst finanzieren müssen.

Um seine ambitionierten Ziele zu erreichen - den Zubau von jährlich 22 Gigawatt Leistung - muss der Minister aber das Ausbautempo in wenigen Jahren verdreifachen. Erklärtes Ziel ist es dabei, dass die Hälfte des Gesamtzubaus auf bestehenden Dachflächen erfolgen soll. Habeck braucht also auch die Häuslebauer. Aber beim Kampf um ihre Dächer hat er bislang nicht viel anzubieten.

Quelle: ntv.de

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