Wirtschaft

Teils 50 Prozent Plus Höhenflug der Reederei-Aktien - Krise im Roten Meer lockt Anleger

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Die deutsche Reederei Hapag-Lloyd (hier in Hamburg) will frühestens am 9. Januar wieder durchs Rote Meer fahren.

Die deutsche Reederei Hapag-Lloyd (hier in Hamburg) will frühestens am 9. Januar wieder durchs Rote Meer fahren.

(Foto: picture alliance / imageBROKER)

Durch die Angriffe der Huthi-Rebellen auf Frachter im Roten Meer meiden inzwischen einige Reedereien die wichtige Passage. Für den Umweg um Afrika heben sie die Gebühren für den Container-Transport massiv an. Anleger stürzen sich auf die Papiere der Schiffsbetreiber.

Das Rote Meer gehört zu den vergleichsweise kleineren Meeren auf der Erde. Gemessen an der Wasserfläche ist es etwas größer als die Ostsee. Doch das knapp 2240 Kilometer lange Meer ist derzeit eine der gefährlichsten Wasserstraßen der Welt - vor allem seit Mitte November. Nach mehreren Angriffen der Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe meiden einige Reedereien die Verbindung und nehmen Tausende Kilometer Umweg in Kauf. Das verteuert den Warenverkehr - und erfreut Anleger. Die Aktien von Maersk, Hapag-Llyod und Co. kennen seit einigen Wochen nur eine Richtung, und die zeigt steil nach oben.

Die Probleme begannen vor einigen Wochen. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen erklärten sich mit der radikal-islamischen Hamas solidarisch und kündigten Angriffe auf Schiffe an, die Bezug zu Israel hätten. Inzwischen patrouilliert eine von den USA angeführte Militär-Allianz in der Region. Deutschland wägt noch seine Art der Beteiligung ab. Kurz vor dem Jahreswechsel vermeldete das zuständige US-Militärkommando 22 Attacken auf Frachter. Ende November etwa kaperten bewaffnete Angreifer den Öltanker "M/V Central Park" einer mit Israel verbundenen britischen Firma.

Zusatzkosten von mehreren Hunderttausend Dollar

Wie erheblich die Folgen der Huthi-Attacken für den globalen Warenverkehr sind, machen zwei Zahlen deutlich: Laut der Internationalen Schifffahrtskammer (ICS) werden zwölf Prozent des Welthandels über das Rote Meer abgewickelt, das zusammen mit Suezkanal, Bab al-Mandeb und dem Golf von Aden das Mittelmeer mit dem Indischen Ozean verbindet - kurzum Asien mit Europa. Gut ein Drittel der weltweiten Containerfracht wird über die Route abgewickelt.

Wollen Reeder die gefährliche Passage meiden, müssen sie ihre Container-Giganten um das Kap der Guten Hoffnung an der Spitze Südafrikas umlenken. "Für ein durchschnittliches Schiff, das von Asien nach Europa fährt, könnte sich die Reise um sechs Tage verlängern“, sagt Andreas Krieg, Professor am King's College in London. Bislang wurden bereits mehr als 180 Schiffe um die Südspitze Afrikas umgeleitet. Das auf das Lieferkettenmanagement spezialisierte Technologieunternehmen Project44 spricht sogar von einer 7 bis 20 Tage längeren Fahrt.

Allein die Treibstoffkosten stiegen so um bis zu 400.000 Dollar, sagt Krieg. Hinzu kommen weitere Personalausgaben. Und auch die Versicherungen verlangen höhere Prämien. Die gute Nachricht für die Verbraucher dürfte sein, dass Experte Krieg damit rechnet, dass diese Kosten es erst in einigen Monaten auf die Preisschilder in den Läden schaffen.

Reedereien erheben Aufschläge - Aktien heben ab

Anders sieht es indes für Unternehmen aus, die ihre Waren schon jetzt verschicken. Die französische Reederei CMA CGM hat ihre Gebühren für die Passage von Asien in den Mittelmeerraum deutlich erhöht und die Frachtraten für den Containertransport verdoppelt. Ab Mitte Januar stellt sie für einen 40-Fuß-Container 6000 Dollar in Rechnung, wie sie jüngst mitteilte. Auch die Preise ins östliche Mittelmeer, in die Adria, das Schwarze Meer und nach Syrien wurden drastisch angehoben. Laut der internationalen Frachtbuchungsplattform Freightos haben sich die Preise in dieser Woche auf über 4000 Dollar pro Container mehr als verdoppelt. Zwischen Asien und dem Mittelmeerraum stiegen sie auf 5175 Dollar.

Der dänische Containerschiff-Riese Maersk meidet die Region inzwischen, nachdem vergangenen Samstag die "Maersk Hangzhou" von einem Objekt nahe der Meerenge Bab al-Mandab getroffen worden war. Eine spätere Attacke von vier kleinen Booten wurde von einem Militärhubschrauber und dem Sicherheitsteam des Schiffs abgewehrt. Auch der deutsche Konkurrent Hapag-Llyod macht einen Bogen um die Region. "Wir beobachten die Situation täglich sehr genau, werden unsere Schiffe aber bis zum 9. Januar umleiten", teilte die weltweite Nummer Fünf der Container-Reedereien mit.

Hapag-Llyod hat allein in den beiden letzten Wochen des Jahres 25 Schiffe umgeleitet. Die Mehrkosten summierten sich für Deutschlands größte Reederei auf einen zweistelligen Millionenbetrag, wie ein Unternehmenssprecher sagte. Die konkrete Höhe der Zuschläge hänge vom Fahrtgebiet ab. Je nach Route komme es zudem zu Verzögerungen zwischen einer Woche und drei Wochen. Großen Spielraum, dies zu ändern, sieht Hapag-Lloyd nicht. "Da lässt sich leider wenig gegensteuern, allenfalls schneller fahren, was wir teilweise tun, aber was wiederum den Treibstoffverbrauch erhöht", erklärte der Sprecher. Auf den Strecken von Fernost ins Mittelmeer, nach Nordeuropa und zur US-Ostküste gebe es keine Alternativen zur Umleitung über das Kap der Guten Hoffnung an der Spitze Südafrikas.

Und hier kommen nun die Aktionäre ins Spiel: Die Aktienkurse der betreffenden Konzerne sind seit den Angriffen in der Erwartung gestiegen, dass längere Routen zu höheren Frachtraten und somit deutlich höheren Einnahmen führen werden. Inzwischen hat sich die Annahme bewahrheitet - und so sind die Papiere heiß begehrt. Aktien der Reederei Maersk gab es Anfang November für etwas mehr als 1300 Euro das Stück. Inzwischen nähern sie sich der Marke von 1850 Euro - ein Plus von gut 40 Prozent.

Papiere von Hapag-Lloyd standen Mitte Dezember bei knapp über 100 Euro - nun werden sie für 173 Euro gehandelt. Die Aktien des in Israel ansässigen Unternehmens Zim Integrated Shipping Services Ltd. - weltweit unter den Top ten - haben sich seit Ende November auf über 12 Euro mehr als verdoppelt. Für die japanische Reederei Mitsui ging es seit Anfang November von 23 auf 31 Euro je Anteilsschein. Die Papiere des ebenfalls aus Japan stammenden Konkurrenten NYK Group kosten inzwischen 30 Euro, nachdem sie Anfang November noch für 21 Euro zu haben waren. Die Aktien der griechischen Reederei Euroseas kosten derzeit 32,90 Euro und damit zehn Euro mehr als Anfang November.

Analyst: Kurzfristiger Effekt

Inzwischen haben die Analysten der US-Bank JP Morgan die Prognosen für Hapag-Lloyd, Moeller-Maersk und Zim für das laufende Jahr deutlich angehoben. Der tägliche Transitverkehr durch den Suezkanal sei um rund 75 Prozent bei den Volumina zurückgegangen, ohne dass es bisher Anzeichen für eine Erholung gebe. Diese Entwicklung werde sich erheblich auf die Frachtraten auswirken.

Die Experten schätzen, dass sich die Frachtraten auf bestimmten Routen um das 4- bis 5-fache erhöht haben könnten. Derzeit würden die vertraglich vereinbarten Raten auf diesen Routen ausgehandelt, und es scheine wahrscheinlich, dass die Verträge nun höher abgerechnet würden, als es sonst der Fall gewesen wäre.

Auf der anderen Seite glauben sie aber nicht, dass dies etwas an dem bereits bestehenden Überangebot ändere. Der Anstieg des Cashflows werde als einmaliger Vorgang behandelt. Der Umfang dieses Cashflow-Schubs hänge von der Dauer der Unterbrechung ab, die sie nicht mit Sicherheit vorhersagen können.

Quelle: ntv.de, mit Agenturen

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