Drei Szenarien für den Tarifkampf Länder machen sich auf alles gefasst
16.03.2015, 08:12 Uhr
Am Gewerkschaftshaus in Kassel
(Foto: dpa)
Schulen, Unikliniken, Straßenmeistereien: Wenn Landesbeschäftigte streiken, kann es für die Bürger ungemütlich werden. Die vergangenen Tage haben das bereits gezeigt. Nun geht der Tarifpoker in die heiße Phase.
Die Gewerkschaften sind zufrieden. Die jüngsten Warnstreiks zur Unterfütterung der Tarifforderungen für den öffentlichen Dienst der Länder waren mehr als ein Vorfrühlingslüftchen. Vor allem Eltern spürten die Folgen - viele der rund 200.000 angestellten Lehrer streikten. Die Gewerkschaften sind aber zugleich auch unzufrieden, denn mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) liegen sie "in allen zentralen Punkten auseinander", wie der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, sagte. Wie geht es nun weiter?
Begleitet von lautstarken Protestkundgebungen werden Dutzende Funktionäre, Tarifexperten und Politiker am Montagvormittag in einem Hotel am Templiner See in Potsdam eintreffen. Gegen 14 Uhr dürften die Spitzenvertreter beider Seiten zur dritten Verhandlungsrunde zusammenkommen. Die Gespräche dürften mindestens eineinhalb Tage dauern. Es gibt drei Szenarien:
SCHEITERN: Bei dieser Tarifrunde erscheint es durchaus denkbar, dass die Gespräche ohne Ergebnis bleiben und es zu massiven Streiks kommt. Erstens haben die Gewerkschaften in den vergangenen beiden Wochen Selbstbewusstsein getankt: Die Warnstreiks waren mit jeweils Zehntausenden Beteiligten an manchen Tagen stärker spürbar als anfangs von vielen gedacht. Zweitens werden die Verhandlungen um die Gewerkschaftsforderung nach 5,5 Prozent mehr Geld durch zwei Streitpunkte erschwert, bei denen es auch um Millionenbeträge geht. Rund 200 000 angestellte Lehrer sollen anders als heute einheitlich in die Tarifstufen eingruppiert werden - aber die Höhe entscheidet. Und die Länder wollen finanziell bei der Altersvorsorge der Beschäftigten entlastet werden. Das wiederum könnte vielen ans Portemonnaie gehen.
DURCHBRUCH: Wenn es nun ein Ergebnis gibt, dann wahrscheinlich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch oder am Mittwoch. Parallel zu den Warnstreiks seien unbemerkt von der Öffentlichkeit zu allen Fragen Gespräche gelaufen, heißt es in Verhandlungskreisen. Bei der Streitfrage der künftigen Bezahlung der angestellten Lehrer sollen verschiedene Modelle auf dem Tisch liegen. Beim Streit um die Betriebsrenten der Landesangestellten sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich darum bemüht haben, zumindest Einvernehmen über finanzielle Auswirkungen möglicher Neuregelungen zu erzielen. Wenn die Kosten für diese Bereiche klar sind, könnte auch die eigentliche Frage der künftigen generellen Lohnerhöhung geklärt werden.
VERTAGUNG: Die Details sind kompliziert. Es kann also auch sein, dass die Verhandlungspartner nicht im Dissens auseinandergehen - auch wenn sie noch kein Ergebnis ausformuliert haben. In diesem Fall dürften Streiks wohl weitgehend ausbleiben, aber der Sack erst demnächst zugemacht werden.
Verdi-Chef Bsirske droht jedenfalls schon einmal mit einem richtigen Streik. Die Durchschlagskraft des öffentlichen Dienstes der Kommunen hätte so ein Ausstand zwar nicht, weil Müllabfuhr und dergleichen nicht betroffen wären. Aber Lehrer, Erzieher und Mitarbeiter von Unikliniken und Straßenmeistereien haben zuletzt auch schon gezeigt, dass sie gebraucht werden.
Quelle: ntv.de, Basil Wegener, dpa