Tarifbeschäftigte mit Nettozuwachs Lohnplus überflügelt Inflation
30.05.2014, 11:00 Uhr
Protest lohnt sich: Tarifbeschäftigte verbuchen im ersten Quartal im Schnitt ein Nettoplus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Knapp jeder zweite Beschäftigte arbeitet in einem Betrieb mit Tarifbindung. Für sie sind die Löhne im Schnitt im erste Quartal stärker gestiegen als die Preise. Doch auch ein mit Gewerkschaften ausgehandelte Abschluss schützt nicht zwangsläufig vor Nettoverlusten.
Die Löhne der bundesweit gut 19,5 Millionen Tarifbeschäftigten steigen fast doppelt so stark wie die Inflation. Einschließlich der tariflich vereinbarten Sonder- und Einmalzahlungen hatten die Arbeitnehmer nach Angaben des Statistischen Bundesamtes brutto 2,3 Prozent mehr auf dem Gehaltszettel als in den ersten drei Monaten des Vorjahres. Die Verbraucherpreise legten dagegen nur um 1,2 Prozent zu.
Damit verbuchen die Beschäftigten ein Kaufkraftzuwachs. In den beiden vergangenen Jahren waren die Tarifverdienste mit 2,4 beziehungsweise 2,7 Prozent ebenfalls schneller gestiegen als die Preise, die um 1,5 und 2,0 Prozent anzogen.
Reallöhne aller Arbeitnehmer 2013 gesunken
Allerdings waren 2013 gemessen an der gesamten Arbeitnehmerschaft die Reallöhne, die auch Boni und nicht-tarifliche Gehälter beinhalten, erstmals seit dem Krisenjahr 2009 wieder gesunken, wenn auch nur um 0,2 Prozent. Arbeitsmarktexperten erklärten das damit, dass sich viele Unternehmen 2013 wegen der lauen Konjunktur bei Sonderzahlungen zurückhielten.
Bei den tariflichen Monatsverdiensten gab es im ersten Vierteljahr das stärkste Plus im Handel mit durchschnittlich 3,5 Prozent. grund ist hier vor allem die Tarifeinigungen zum Jahreswechsel 2013/2014. Im Verarbeitenden Gewerbe fiel das Plus mit 3,0 Prozent ebenfalls deutlich aus. Allerdings ist das Gefälle hier groß: Das höchste Plus erzielten die Beschäftigten in der Tabakverarbeitung (5,4), während es bei den Herstellern von Leder, Lederwaren und Schuhen nur einen kleinen Zuwachs gab (0,4). Bei Finanz- und Versicherungsdienstleistern (1,1) sowie in der Energieversorgung (0,9) fielen die Zuwächse ebenfalls gering aus.
Böckler-Stiftung macht Hoffnung für 2014
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung macht den Arbeitnehmer nach einer ersten Bilanz der Tarifrunde 2014 Hoffnung: "Diese vorläufige Tarifbilanz zeigt, dass die Tariflöhne auch in diesem Jahr in vielen Bereichen im Durchschnitt real spürbar steigen werden", sagte der Leiter des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung, Reinhard Bispinck.
In gut zwei Dritteln der Branchen und Tarifbereichen, in denen in diesem Jahr verhandelt wird, sei es bereits zu Abschlüssen gekommen. "Und die liegen zwischen 2,4 und knapp vier Prozent", sagte Bispinck. In den noch ausstehenden Runden bewegen sich die Forderungen der Gewerkschaften zwischen 4,5 Prozent (Holz und Kunststoff) und sieben Prozent (Bauhauptgewerbe).
Nach einer vor zwei Wochen veröffentlichten Aufstellung des Statistischen Bundesamtes weisen die jüngsten Tarifabschlüsse - etwa in der Chemieindustrie und im Öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden - meist eine Drei vor dem Komma auf. Allerdings berücksichtigt diese Statistik zum Beispiel nicht die unterschiedliche Laufzeit der Verträge: Drei Prozent auf ein Jahr sind wesentlich mehr als drei Prozent auf zwei Jahre.
Die gute Lohnentwicklung schiebt auch die Binnenkonjunktur an: Im ersten Quartal wuchsen die privaten Konsumausgaben um 0,7 Prozent, während die Exporte nur um 0,2 Prozent zulegten. Die Einzelhändler hatten von Januar bis April 2,0 Prozent mehr in ihren Kassen als ein Jahr zuvor. Die Konsumlaune der Deutschen ist wegen der Rekordbeschäftigung und der Aussicht auf steigende Löhne derzeit so gut wie seit Jahren nicht mehr.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa