Wirtschaft

Krankschreibungen nehmen zu Männer fallen immer öfter psychisch krank aus

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Bei den psychischen Erkrankungen von Männern dürften aktuell Existenzängste eine Rolle spielen.

Bei den psychischen Erkrankungen von Männern dürften aktuell Existenzängste eine Rolle spielen.

(Foto: picture alliance / Westend61)

Corona und Ukraine-Krieg setzen offenbar vielen Menschen stark zu. Fehlzeiten im Job wegen seelischer Leiden steigen deutlich. Frauen sind öfter betroffen, der Anstieg jedoch ist besonders bei Männern groß.

Die Auswirkungen von Krisen wie der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine auf die Psyche von Berufstätigen werden offenbar in den Statistiken sichtbar: Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) verzeichnete 2022 ein Plus von 16 Prozent bei Krankschreibungen und Fehltagen wegen seelischer Leiden. Depressionen, chronische Erschöpfung oder Angststörungen treten demnach weiterhin häufiger bei Frauen auf, doch bei Männern stieg die Zahl der Fehltage besonders stark.

Bei weitem am häufigsten waren laut KKH verschiedene Formen von Depressionen. Die häufigste Diagnose seien "depressive Episoden" gewesen, dicht gefolgt von "depressiven Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen". Auf Platz drei lagen "wiederkehrende Depressionen". Zudem verursachten chronische Erschöpfung, Angststörungen sowie sogenannte somatoforme Störungen, also psychosomatisch bedingte Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen ohne organische Ursache, viele Fehltage, erklärte die KKH.

Durchweg bei allen Diagnosen verzeichnete die Krankenkasse den Angaben zufolge einen merklich stärkeren Anstieg bei Männern als bei Frauen. Bei somatoformen Störungen ging die Schere besonders weit auseinander: Bei Frauen wurden 6 Prozent mehr Diagnosen verzeichnet, bei Männern 22 Prozent. Insgesamt stieg der Anteil der Männer unter den Betroffenen von 31 auf 34 Prozent, der der Frauen sank hingegen von zuvor 69 auf 66 Prozent.

Sport und Austausch fehlen, Inflation belastet

KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick sieht einen direkten Zusammenhang mit der Corona-Krise: Etwa hätten besonders Männer während der Pandemie ihre körperliche Aktivität auf ein Minimum reduziert, die vorher im Vereins- oder Mannschaftssport eingebunden waren. "Der dadurch entstandene Bewegungsmangel und der fehlende soziale Austausch scheinen sich nachhaltig negativ auf die Psyche, also auf Antrieb und Motivation und die allgemeine Stimmungslage ausgewirkt zu haben", erklärte Judick.

Hinzu kämen die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs, insbesondere die Inflation. "Da sich Männer häufig mehr Sorgen um ihre Perspektiven im Job und die wirtschaftliche Situation ihrer Familie machen als Frauen, leiden sie möglicherweise besonders stark unter Existenzängsten", erklärte die KKH-Expertin. Frauen geben hingegen häufiger den Spagat zwischen Job, Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen als Ursache psychischer Belastung an. "Dieses Problem gab es bereits vor Corona, hat sich während der Pandemie aber noch verschärft", erklärte die KKH.

"Nach Jahren der Pandemie, die durch Dauerstress und Erschöpfung geprägt waren, ächzen nun die Menschen bei steigenden Lebensmittel- und Energiekosten", sagte die Parteichefin der Linken, Janine Wissler. Sie kritisierte vor diesem Hintergrund Forderungen von Arbeitgeberverbänden, angesichts des Fachkräftemangels etwa die Höchstarbeitszeit und das Rentenalter zu erhöhen. "Mit solchen Vorstößen werden krankheitsbedingte Fehlzeiten oder seelische Erkrankungen durch Arbeitsüberlastung vorprogrammiert", sagte Wissler. "Die Arbeitgeberverbände agieren einmal mehr als Architekten der Generation Burn-out."

Quelle: ntv.de, chl/AFP

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