Hält er sein Versprechen? Musk klammert sich an Twitter-Posten
20.12.2022, 11:58 Uhr
Für einen Angestellten mit Milliardengehalt lässt sich Elon Musk nur noch selten bei Tesla blicken. Vor Gericht versprach er kürzlich, dass sich das wieder ändern soll.
(Foto: REUTERS)
Twitter-Eigentümer Elon Musk äußert sich bislang nicht dazu, wann und wem er die Führung des von ihm selbst ins Chaos gestürzten Unternehmens übergeben will. Dabei hatte er das zugesichert. Stattdessen sät er Zweifel und schränkt das versprochene Mitspracherecht der Twitter-Nutzer wieder ein.
Mehr als ein Dutzend Mal hat Elon Musk inzwischen getwittert, seit sich Millionen Nutzer des Netzwerks in einer von ihm selbst initiierten Umfrage dafür aussprachen, er solle den Twitter-Chefposten verlassen. Kein Wort verlor der Milliardär und Eigner des kriselnden Unternehmens darüber, ob, wie und wem er die Leitung übertragen werde. Dabei hatte er beim Start der Umfrage unmissverständlich erklärt, er werde sich an das Ergebnis halten.
Auch wenn er auf dieses Ergebnis seitdem nicht mehr direkt einging, konnte sich Musk doch mehrere indirekte Hinweise nicht verkneifen, dass er sich den Verlauf der Umfrage anders vorgestellt hatte. Dass er sich an den Wunsch der Nutzer halten wird, scheint demnach auch nicht mehr so sicher, wie es Musk angekündigt hatte.
So verkündete er unter anderem, dass bei künftigen Nutzer-Umfragen nur noch zahlende Abonnenten des "Twitter Blue"-Programms mitmachen dürften. Die große Mehrheit der Twitter-Nutzer wäre damit ausgeschlossen von den Entscheidungen, die es laut Musk künftig häufiger geben soll. Zudem antwortete er auf einen Tweet, der unterstellte, die Rücktritts-Umfrage könne von Musks Gegnern mit Bots, automatisierten Twitter-Konten, manipuliert worden sein, mit dem Wort "interessant".
Vorbereitet hat Musk seinen Abgang offenkundig nicht. "Es gibt keinen Nachfolger", twitterte er unter anderen. Und: "Niemand, der Twitter tatsächlich am Leben halten könnte, will den Job." Was Musk mit Twitter weiter vorhat, bleibt damit völlig unklar. Die von einigen Beobachtern geäußerte Vermutung, die am Montag gestartete Umfrage sei Teil eines wohlüberlegten Planes, die Leitung des Unternehmens angesichts des in den vergangenen Wochen angerichteten, kaum noch zu beherrschenden Chaos abzugeben, trifft jedenfalls nicht zu.
"Überholspur in die Pleite"
Twitter befindet sich nach Musks eigener Aussage auf der "Überholspur in die Pleite". Werbekunden ziehen sich zurück und auch ein erheblicher Teil der Nutzer zeigt sich empört über willkürlich erscheinende Sperren gegen Musks Kritiker, während der Konzernchef selbst immer wieder rechten Verschwörungstheorien Vorschub leistet. Ein Großteil der Mitarbeiter, die der Verbreitung von Hetze und Falschnachrichten Einhalt gebieten sollten, ist offenbar entlassen worden oder hat Twitter auf eigene Initiative verlassen, in Reaktion auf Musks Ankündigung von "Hardcore"-Arbeitsbedingungen. Sein erster, übereilter Versuch, dem Bezahlmodell "Twitter Blue" zum Durchbruch zu verhelfen, war im November gescheitert. Ein weiterer Versuch läuft nun seit gut einer Woche.
Musks offenbar nahezu ausschließliche Beschäftigung mit Twitter macht unter anderem auch den Aktionären des Autobauers Tesla, dessen CEO und größter Anteilseigner er ebenfalls ist, Sorgen. Tesla leidet wie andere Autokonzerne auch unter dem globalen wirtschaftlichen Abschwung. Allein in diesem Jahr verloren die Tesla-Aktien rund 60 Prozent an Wert. In einem Gerichtsverfahren um Musks Rekordgehalt von insgesamt rund 58 Milliarden Dollar bei Tesla hatte er schon im November versprochen, sich wieder mehr um den Autokonzern zu kümmern und seinen Zeitaufwand für Twitter zu reduzieren. Analysten hatten, offenbar in der Annahme, Musk würde dies nach der Rücktritts-Umfrage umsetzen, schon von einem "Aufatmen" unter Tesla-Aktionären gesprochen, weil der sich nun wieder um das Tagesgeschäft des Autobauers kümmern könne. Darauf müssen die Tesla-Investoren offenbar noch etwas länger warten.
Quelle: ntv.de, mbo