Mehr Ausfuhren nach Russland Preiserhöhungen bescheren Exporteuren Rekordmonat
03.08.2022, 10:07 Uhr
Die deutsche Exportwirtschaft erlebte im Juni einen Rekordmonat. Doch Experten warnen: Die Bilanz werde durch Preissteigerungen beeinflusst. "Preisbereinigt dürfte vom Exportzuwachs weniger übrig bleiben", heißt es.
Die deutschen Exporteure haben im Juni wegen der guten Nachfrage aus den EU-Ländern, den USA und China eine Rekordeinnahme verbucht. Die Ausfuhren wuchsen um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat und summierten sich damit auf 134,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das ist bereits der dritte Anstieg in Folge nach plus 1,3 Prozent im Mai und plus 4,6 Prozent im April. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet.
In den ersten sechs Monaten stiegen die Warenausfuhren gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13 Prozent auf 754,2 Milliarden Euro. Die Einfuhren legten wegen der gestiegenen Preise für Rohöl und Gas noch deutlicher um 26,2 Prozent auf 722,5 Milliarden Euro zu.
"Preiserhöhungen können das nominale Exportvolumen erhöhen, ohne dass real tatsächlich mehr exportiert wurde", warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, vor zu viel Euphorie bei der Interpretation der Zahlen. "Preisbereinigt dürfte vom Exportzuwachs weniger übrig bleiben", sagte auch der Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger. "Der Außenhandel bleibt vorerst ein konjunkturelles Sorgenkind."
Die Importe legten im Juni bereits den fünften Monat in Folge zu, allerdings fiel das Plus mit 0,2 Prozent deutlich schwächer aus als in den Vormonaten. Die Handelsbilanz - Exporte minus Importe - wies im Juni wieder ein deutliches Plus von 6,4 Milliarden Euro aus. Im Mai hatte es lediglich bei 0,8 Milliarden Euro gelegen.
Austausch mit Russland steigt wieder
Die meisten deutschen Exporte gingen im Juni in die USA. Dorthin wurden kalender- und saisonbereinigt 6,2 Prozent mehr Waren exportiert als im Mai, insgesamt summierten sich die US-Exporte damit auf 14,2 Milliarden Euro. Die Exporte in die Volksrepublik China stiegen um 2,4 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro, die nach Großbritannien um 4,2 Prozent auf 6,0 Milliarden Euro. In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurden Waren im Wert von 72,9 Milliarden Euro exportiert und damit um 3,9 Prozent mehr als im Vormonat.
Trotz der Sanktionen gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine stiegen die Exporte in das Land im Juni gegenüber dem Vormonat um 14,5 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Innerhalb eines Jahres sanken sie allerdings deutlich um 40,3 Prozent. Die Importe aus Russland erhöhten sich im Juni gegenüber dem Vormonat um 4,8 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Das Land liefert vor allem Rohstoffe und Energie. Deutschland ist abhängig von Energieimporten aus dem Ausland. Die Preise für Öl und Gas sind seit Beginn des Ukraine-Krieges deutlich gestiegen.
Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren hat sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte allerdings eingetrübt. Die hierzu vom Ifo-Institut ermittelten Exporterwartungen fielen im Juli auf minus 0,5 Punkte, von plus 3,4 Punkten im Juni. "Die Gasknappheit belastet den Ausblick der deutschen Exportwirtschaft", erklärte das Ifo-Institut.
Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa