Bei Verbannung aus App-Store Tiktok droht US-Nutzern mit vollständigem Aus
15.01.2025, 17:54 Uhr Artikel anhören
Bye, bye, USA? 170 Millionen Nutzer könnten bald eine andere Spielwiese brauchen.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Die USA werfen Tiktok das Ausspionieren ihrer Bürger vor und wollen den Dienst daher aus App-Stores verbannen. Genutzt werden könnte er aber zunächst weiter. Doch nun könnte das Unternehmen selbst dem einen Strich durch die Rechnung machen, wie ein Bericht nahelegt.
Tiktok erwägt einem Medienbericht zufolge die komplette Einstellung des Betriebs seiner Videoplattform in den USA, falls die gesetzlich vorgesehene Verbannung des Dienstes aus den App-Stores wie geplant am Sonntag umgesetzt wird. Anstatt den bisherigen Nutzern weiterhin Zugang zu gewähren, solle die Plattform abgeschaltet werden, berichtete das Nachrichtenportal "The Information" unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Quellen.
Stattdessen sollten Nutzer, die versuchten, auf die App nach Ablauf der Frist zuzugreifen, auf eine Seite mit Informationen rund um das Verbot weitergeleitet werden, berichtete das Portal. Außerdem solle ihnen die Möglichkeit zum Herunterladen ihrer persönlichen Daten gegeben werden.
Damit ginge Tiktok weiter als gesetzlich gefordert. Eigentlich wird nur der Download der App über die App-Stores von Smartphone-Anbietern wie Apple oder Google untersagt. Bestandskunden könnten das Programm weiter nutzen, erhielten aber keine neuen Funktionen und keine Sicherheitsupdates mehr. Weder Tiktok noch der chinesische Mutterkonzern Bytedance waren für einen Kommentar zu erreichen.
170 Millionen US-Nutzer
Derzeit prüft der Supreme Court in Washington den Einspruch Tiktoks gegen ein Gesetz, das den chinesischen Mutterkonzern Bytedance zum Verkauf des Dienstes in den USA verpflichtet. Hintergrund des Gesetzes sind Vorwürfe der US-Behörden, dass Bytedance die App im Dienste der chinesischen Führung missbraucht, um Nutzerinnen und Nutzer auszuspionieren, was die Videoplattform bestreitet. Tiktok ist insbesondere bei jungen Menschen beliebt und hat in den USA etwa 170 Millionen Nutzer.
Das Gesetz räumt Bytedance eine Frist bis zum 19. Januar ein. Andernfalls soll die Videoplattform aus den App-Stores der US-Konzerne Apple und Google verbannt werden. Die mögliche Abschaltung fällt zeitlich mit dem Übergang der US-Präsidentschaft an Donald Trump zusammen, der am Montag seinen Amtseid ablegt.
Die Videoplattform möchte zumindest eine Aussetzung des Gesetzes erreichen, um sich mit der kommenden US-Regierung um eine politische Lösung des Streits zu bemühen. Trump hatte das Verfahren gegen Tiktok vor einigen Jahren ins Rollen gebracht, sich zuletzt aber gegen ein Verbot ausgesprochen. Allerdings befürworten führende Politiker seiner Republikanischen Partei und zahlreiche Generalstaatsanwälte der US-Bundesstaaten einen Bann.
Tiktok will sich nicht kaufen lassen
Ein Verkauf von Tiktok innerhalb der kommenden Tage erscheint unwahrscheinlich. Zwar hatten Medien unlängst den Milliardär und Trump-Intimus Elon Musk als möglichen Käufer ins Gespräch gebracht. Unabhängig davon hatte zuvor ein weiterer Milliardär ein baldiges offizielles Übernahme-Angebot in Aussicht gestellt. Vor einiger Zeit hatten Insider Reuters allerdings gesagt, dass Bytedance Tiktok eher dichtmachen würde, als die App zu verkaufen.
Unterdessen strömen US-Nutzer von Tiktok verstärkt zum Rivalen Rednote. Der ebenfalls aus China stammende Betreiber der Videoplattform wurde hiervon offenbar überrascht. Er versuche fieberhaft, Wege zu finden, englischsprachige Inhalte zu moderieren und englisch-chinesische Übersetzungstools zu entwickeln, sagten Insider. Die meisten Beiträge sind bisher in Mandarin verfasst.
Rednote-Nutzer hießen die "Tiktok-Flüchtlinge" in unzähligen Beiträgen auf ihrer Plattform willkommen. Das chinesische Staatsfernsehen äußerte sich ebenfalls positiv. Die US-User von Tiktok hätten bei Rednote "ein neues Zuhause" gefunden. Es gab allerdings auch kritische Stimmen: Einige chinesische Anwender befürchteten eine Vereinnahmung von Rednote. Nationalistische Blogger warnten vor einem wachsenden US-Einfluss.
Quelle: ntv.de, als/AFP/rts