Wirtschaft

"Illegale Staatsfinanzierung" Verfassungsbeschwerde gegen EZB-Ankäufe

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EZB-Zentrale in Frankfurt am Main.

(Foto: picture alliance/dpa)

Als die EZB eine massive Ausweitung ihrer Anleihekäufe verspricht, reagieren die Börsen beruhigt. Anderen missfällt das lockere Treiben. Ein Gruppe von Professoren reicht eine Verfassungsbeschwerde ein. Begründung: Die Eurobanker überschreiten ihre Kompetenz.

Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist eine Verfassungsbeschwerde gegen das Notfall-Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) eingegangen. Die Kläger hielten das PEPP für monetäre Staatsfinanzierung, teilte der Prozessbevollmächtigte, der Berliner Jurist und Finanzwissenschaftler Markus Kerber, mit. Das Gericht bestätigte den Eingang der Klage. (Az. BvR 420/21)

Der EZB-Rat hatte PEPP wegen der zu erwartenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie Ende März 2020 beschlossen und im Dezember bis mindestens Ende März 2022 verlängert. Die Zentralbank kauft im Rahmen des Programms zusätzliche Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von bis zu 1,85 Billionen Euro. Am Nachmittag beschloss sie, ihre Anleihekäufe im zweiten Quartal deutlich zu beschleunigen, Umfang und Laufzeit des Programms aber nicht zu verändern.

Gruppe von Professoren

Die Verfassungsbeschwerde wurde von einer Gruppe von Unternehmern und Professoren um den emeritierten Jura-Professor Johann Heinrich von Stein eingelegt. PEPP diene wirtschaftspolitischen Zwecken, sagte Kerber. "Dafür hat die EZB kein Mandat."

Die Entscheidung über PEPP sei noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum bereits 2015 gestarteten Anleihekaufprogramm PSPP vom Mai 2020 gefallen. Am 5. Mai 2020 entschieden die Karlsruher Richter, dass PSPP teilweise verfassungswidrig sei. Einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung stellte das Gericht damals nicht fest, machte aber auch deutlich, dass es nicht über das Corona-Notfallprogramm PEPP entschieden hatte.

"Bei Inflationsgefahr müssten Käufe aufhören"

Kerber sieht jedoch im aktuellen Anleihekaufprogramm einen Verstoß gegen das Verbot. So sei etwa die Kaufobergrenze von höchstens einem Drittel der ausstehenden Staatsanleihen gekippt worden. Zudem, sagte er, sei das Programm wegen der Angst vor Deflation aufgestockt worden - da nun aber stattdessen die Inflation steige, müsste mit dem Anlagenkauf aufgehört werden.

Wann das Bundesverfassungsgericht sich mit der Verfassungsbeschwerde befassen wird, ist noch nicht bekannt. In Karlsruhe liegt seit August 2020 auch noch eine Klage der AfD-Bundestagsfraktion im Zusammenhang mit PEPP. Die AfD findet, dass die Bundesregierung das Programm hätte stoppen müssen. Der Bundestag hätte sie dazu verpflichten sollen.

Zuvor hatte bereits der Bundesrechnungshof einen Sonderbericht veröffentlicht und vor dem milliardenschweren Aufbaufonds der EU gegen die Corona-Wirtschaftskrise gewarnt. Das Paket, über das der Bundestag gerade berät, berge hohe Risiken für den Bundeshaushalt, mahnte die Kontrollbehörde. "Faktisch handelt es sich um eine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung - eine Zäsur", sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller.

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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