Wirtschaft

Drohnen statt Bienen Walmart will Pflanzen bestäuben

Schwirren bald Walmart-Drohnen über die Felder?

Schwirren bald Walmart-Drohnen über die Felder?

(Foto: imago/Jan Eifert)

Nicht nur in der Freizeit werden Drohnen benutzt, auch in der Landwirtschaft surrt es immer häufiger über den Feldern. Und womöglich könnten die Fluggeräte den Bienen beim Bestäuben bald Konkurrenz machen.

Vögel tun es, Bienen tun es - und bald vielleicht auch intelligente Drohnen. Die weltgrößte Supermarktkette Walmart hat ein Patent angemeldet, das Drohnen für die Bestäubung von Pflanzen einsetzen will. Damit soll der Rückgang bei den natürlichen Bestäubern wie Bienen und Insekten aufgefangen werden. Der Antrag liegt dem US-Patentamt vor, wurde jedoch noch nicht genehmigt.

Wal-Mart will damit vor allem Amazon Konkurrenz machen, der in diesem Bereich ebenfalls ambitioniert ist. Ein logischer Schritt, um so Herr über die gesamte Wertschöpfungskette zu werden. Indem der Einzelhändler mehr Kontrolle über den Anbau seiner Produkte übernimmt, könnte er so Kosten einsparen, die Ernten steuern - und mit einer lückenlosen Transparenz in der Lieferkette Kunden anziehen, die sich dafür interessieren, woher ihre Nahrung eigentlich stammt.

Doch um was geht es bei den neuen Patentanträgen? Sie beschreiben kleine unbenannte Flugkörper, die darauf programmiert sind, von Pflanze zu Pflanze zu fliegen. Dort soll der wertvolle Pollen zunächst von einem "Pollenapplikator" abgeholt und dann zur passenden zweiten Pflanze geflogen werden, die so bestäubt wird. Eine zweite Minidrohne fliegt hinterher, um zu klären, ob die Aktion gelang. Das soll mit intelligente Sensoren gelingen. Geleitet wird die digitale Flugarmee von Menschen.

Im sechsseitigen Antrag sprechen die Erfinder auch vom Einbau von Soundmodulen, mit denen die Drohnen eines Tages miteinander kommunizieren sollen. Die Drohnen würden zudem Daten über das Pflanzenwachstum sammeln. Und das würde den Lebensmittelbestand der Supermarktkette berechenbarer machen - und dabei helfen, Abfälle zu reduzieren. Weiter hätten die summenden Helfer das Pflanzenwachstum und den Befall von Schädlingen im Blick. Im nächsten Schritt könnten sie Pflanzenschutzmittel versprühen - und so dem Landwirt jene gesundheitsschädliche Arbeit ersparen.

Doch zwei Fragen bleiben: Der Konzern, der im vergangenen Jahr 500 Milliarden US-Dollar umsetzte, meldet jährlich Hunderte Patente an. Meinen es die US-Amerikaner mit den Roboterbienen wirklich ernst? Von Walmart heißt es dazu: "Wir denken immer über neue Konzepte nach. Im Moment haben wir keine weiteren Details, die wir mit der Öffentlichkeit teilen möchten."

"Spezielle Nischenanwendungen"

Und wie sinnvoll ist die Idee? "Aus meiner Sicht ergibt das nicht im Geringsten Sinn", sagt Josef Settele im Gespräch mit n-tv.de. Er forscht am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle. "Wenn überhaupt funktioniert das nur sehr, sehr begrenzt. Denn eine Drohne kann den Pollen nicht spezifisch auf der Narbe der zu bestäubenden Pflanzen anbringen, sondern nur versuchen, eine Masse von Pollen auszustreuen - in der Hoffnung, dass sie zufällig ab und zu eine Narbe trifft". Das funktioniere kaum, so Settele. Der Grund: "Die Pflanzen, die auf tierische Bestäubung angewiesen sind - das sind fast 90 Prozent aller Blütenpflanzen - entwickeln eine mehr oder weniger starke Anpassung an ihre Bestäuber. Der Drohneneinsatz kann nur die Windbestäubung nachempfinden. Aber für jene Pflanzen besteht kein Mangel an Wind zur Verbreitung der Pollen."

Thomas Herlitzius sieht das etwas anders. "Von der Bestäubung höre ich zum ersten Mal. Es klingt plausibel, weil es in den USA und Europa eine deutliche Dezimierung der Insekten gibt - und in von Insektenbestäubung abhängigen Kulturpflanzen - sichtbare Probleme existieren. Für Drohnen erwarte ich spezielle Nischenanwendungen." Herlitzius arbeitet als Lehrstuhlleiter am Institut für Naturstofftechnik der Technischen Universität Dresden.

Um zu verstehen, was den Supermarktgiganten antreibt, hilft der Blick auf die Hintergründe. Weshalb gerade Bienen? Diese Tiere - also vor allem Wild- und Honigbienen aber auch andere Insekten - sind für das Ökosystem wichtig, da sie fast 90 Prozent der blühenden Pflanzen bestäuben. Laut Welt-Biodiversitätsrat lässt sich die Arbeit der Brummer mit 250 bis 600 Milliarden Euro pro Jahr bewerten.

Während wichtige Lebensmittel wie Reis und Mais für die Bestäubung nur den Wind benötigen, sind Früchte wie Äpfel, Heidelbeeren oder Mandeln auf die Hilfe durch Bienen oder andere Insekten angewiesen. Fallen die Bienen aus, weil Pestizide oder Krankheiten ihnen zu schaffen machen, sind neue Ansätze nötig, um das zu kopieren, was die fliegenden Helfer umsonst tun.

Die Idee von Walmart ist nicht neu, unterschiedlichste Konzepte für Roboterdrohnen wurden in den vergangen Jahren durchdacht. Soentwarf ein Team von Japans "National Institute of Advanced Industrial Science and Technology" eine etwa vier Zentimeter große Drohne, die japanische Lilien bestäubte. Doch sind diese Helfer nicht effizient und zu teuer. Und wie schätzt Forscher Settele Kosten und Nutzen für Bestäubungsdrohnen ein? "Wir sprechen hier über hohe Kosten - und geringen Nutzen", sagt er.

Quelle: ntv.de

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