Trotz gesunkenem RentenbeitragWarum die Sozialversicherungsbeiträge auf Rekordniveau steigen

Die Lohnnebenkosten steigen - wieder einmal. Dabei liegen sie bereits jetzt auf Rekordniveau. Aber die verschiedenen Sozialversicherungen entwickeln sich höchst unterschiedlich. Die Beiträge zu Renten- und Arbeitslosenversicherung sind im langjährigen Vergleich sogar gesunken.
Auf Rekordniveau sind die deutschen Sozialversicherungsbeiträge ohnehin schon: Insgesamt gehen 42,5 Prozent der Bruttogehälter – bis zur Beitragsbemessungsgrenze - an Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Tendenz steigend: Vor zehn Jahren waren es noch knapp unter 40 Prozent und im kommenden Jahr könnte die 43-Prozent-Marke fallen. Laut der bisherigen Kalkulation der Bundesregierung werden sich die Sozialbeiträge für die meisten Beschäftigten 2026 auf 42,9 Prozent summieren. Nachdem der Bundesrat das geplante Sparpaket der Bundesregierung für die Krankenkassen abgelehnt hat, warnen Vertreter der Krankenkassen bereits, dass es noch ein einige Zehntelprozentpunkte mehr werden könnten.
Anders als die jüngsten Debatten über die Rentenversicherung vermuten lassen, ist diese am Anstieg der Sozialbeiträge in den vergangenen Jahren und auch im kommenden Jahr jedoch nicht beteiligt. Im Gegenteil: Seit 2010 sind die Rentenbeiträge sogar deutlich gesunken, von 19,9 auf derzeit 18,6 Prozent. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung hat sich in den vergangenen 20 Jahren sogar mehr als halbiert: Von 6,5 Prozent zu Zeiten der Massenarbeitslosigkeit in den 2000er Jahren sank er auf 2,4 Prozent in den Jahren 2020 bis 2022, aktuell liegt er bei 2,6 Prozent.
Diese deutlichen Rückgänge werden allerdings durch die Kostenexplosion bei den Gesundheits- und Pflegekosten mehr als aufgefressen Zur Jahrtausendwende lag der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung noch bei 13,6 Prozent und der für die Pflegeversicherung bei 1,7 Prozent. Inzwischen summieren sich diese Beiträge sowie die nur von den Arbeitnehmern zu tragenden Zusatzbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung auf 21,3 Prozent. Im Jahr 2000 gingen noch 37 Prozent der Sozialbeiträge an Kranken- und Pflegekassen, heute sind es etwa die Hälfte.
Während der Grundbeitrag, der je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt wird, unverändert bleibt, decken die Krankenkassen ihre stetig steigenden Kosten durch die Zusatzbeiträge. Dabei legt das Bundesgesundheitsministerium einen Durchschnittsbeitrag fest, von dem die Krankenkassen allerdings abweichen können. Für das kommende Jahr hat Gesundheitsministerin Nina Warken Anfang eine Erhöhung dieses Zusatzbeitrags von 2,5 auf 2,9 Prozent angekündigt. Der Chef des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung, Oliver Blatt, warnte nun in der "Wirtschaftswoche", dass die Zusatzbeiträge nächstes Jahr wahrscheinlich "im Durchschnitt auf spürbar über drei Prozent" steigen werden.
Das nun gescheiterte Sparpaket sollte ohnehin einen Umfang von lediglich 1,8 Milliarden Euro haben. Demgegenüber stehen in diesem Jahr laut offizieller Schätzung Ausgaben von knapp 350 Milliarden Euro, was einer Steigerung von rund 20 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im kommenden Jahr dürften es demzufolge knapp 370 Milliarden Euro sein.
Eine im September von Ministerin Warken eingesetzte Kommission soll Vorschläge erarbeiten, um das Kostenwachstum im Gesundheitswesen nachhaltig in den Griff zu bekommen. Ziel sei es, "die Beiträge zu stabilisieren", sagte die CDU-Politikerin bei der Vorstellung des Gremiums. "Tiefgreifende Maßnahmen und Strukturreformen zur Stabilisierung des Systems“ seien notwendig, so Warken. Wie schwierig es sein wird, solche grundlegenden Reformen durchzusetzen, zeigt sich daran, dass sich Bundesregierung und Länder nicht einmal auf ein vergleichsweise kleines Sparpaket einigen konnten.