Europas Energiepolitik bei Lanz Warum es Meyer Burger in die USA zieht
21.06.2023, 03:21 Uhr Artikel anhören
120.000 Arbeitsplätze in der Solarenergie seien in Europa verloren gegangen, sagt der Meyer-Burger-Chef.
(Foto: IMAGO/Sylvio Dittrich)
Einer der letzten großen Solarbetriebe mit Sitz in Europa will neue Standorte lieber in den USA eröffnen statt in Deutschland. Der Chef des Unternehmens Meyer Burger erklärt bei Lanz, was sich ändern müsste, damit die Firma hierzulande investiert.
Die Meldung schlug ein wie eine Bombe. Das Schweizer Solarunternehmen Meyer Burger hat einen Brandbrief an Bundesfinanzminister Christian Lindner geschrieben. Darin droht es, neue Standorte statt in Deutschland in den USA zu bauen. Der Grund: die Subventionspolitik in den USA. Dort gibt es mehr Geld. Meyer Burger ist der einzige große Solarzellenhersteller Europas mit Standorten unter anderem in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Diese Werke seien nicht in Gefahr, heißt es weiter. Jetzt befürchtet die EU, dass weitere Unternehmen folgen könnten. Die US-Regierung will mit dem Inflation Reduction Act (IRA) die hohe heimische Inflation bekämpfen. Der Act umfasst ein Volumen von 360 Milliarden Dollar. Dieses Geld soll vor allem in den Klimaschutz fließen. Unternehmen, die US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren, profitieren dort von Subventionen oder Steuer-Gutschriften.
"Wir haben Maschinen nach China geliefert"
Gunter Erfurt ist CEO von Meyer Burger und am Dienstagabend zu Gast bei Markus Lanz im ZDF. Er berichtet von den Handelsbeziehungen seines Unternehmens. Mit China sei es losgegangen, sagt er. China habe sich in den letzten 15 Jahren extrem gut entwickelt, weil das Land mit Staatsgeldern die Industrie aufgebaut habe. "Das chinesische Solarwirtschaftswunder wirkt heute auf die europäische Technologie", so Erfurt. Ursprünglich habe sein Unternehmen Maschinen nach China geliefert. Heute baue China diese Maschinen selbst, auf der Basis europäischer Technologie. China habe erkannt, dass die Solarenergie die mit Abstand bedeutendste Elektroenergieerzeugung der Zukunft sein werde. "Genau aus dem Grund hat China mit einer großartigen industriepolitischen Ambition diese Industrie in Gänze ins Land gezogen, und wir in Europa sind heute abhängig davon", kritisiert Erfurt.
Diese ambitionierte Politik kann der Manager in Europa offenbar nicht finden. "Wir haben in der Solarenergie 120.000 Arbeitsplätze verloren", sagt er. In China habe man schon vor 15 Jahren ein Thema für wichtig erachtet, über das Europa heute streitet.
Allerdings gibt es für den Manager auch Probleme. Ein Unternehmen in China zu gründen sei unmöglich, und ob sein Unternehmen heute noch Maschinen aus dem Land kaufen kann, weiß er nicht. China wolle die Produktion von Solarenergie beherrschen und habe kommuniziert, dass die einst aus Europa übernommene Technologie nicht mehr exportiert werden dürfe.
USA bieten Marktschutz
Nun kämen andere Länder ins Spiel, Indien zum Beispiel - oder die USA. "Die stellen nicht nur Geld zur Verfügung, es gibt auch einen Marktschutz." Das ist ein Vorteil für Unternehmen wie Meyer Burger, denn: "Chinesische Produkte kommen in die USA nicht rein", so Erfurt. Zudem böten die USA im Gegensatz zu Europa perfekte Rahmenbedingungen, um als Unternehmen zu wachsen.
Um Europa wieder zu einem interessanten Industriestandort zu machen, sieht Erfurt zwei Möglichkeiten: Die Welthandelsorganisation (WTO) müsste Subventionen weltweit unterbinden, was er für unmöglich hält. Eine andere Möglichkeit wäre, dass es auch in Europa für bestimmte Industrieformen Subventionen gibt.
Doch die USA haben für Erfurt einen weiteren Standortvorteil: Dort gibt es so gut wie keine Bürokratie. Ein Antrag für den Aufbau eines neuen Unternehmens werde dort in wenigen Wochen abgewickelt. Innerhalb der EU könne dies schon mal zwei Jahre dauern, sagt Erfurt.
Wie geht es nun weiter? Um weiter in Deutschland zu produzieren, will Erfurt für sein Unternehmen Geld von Finanzminister Lindner. Der hat sich bis jetzt dazu noch nicht geäußert.
Quelle: ntv.de