Wirtschaft

Jack Ma hat wieder einen Job Wie der einst reichste Chinese zum Professor in Tokio wurde

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Von schrillen Auftritten wie hier bei einer Alibaba-Veranstaltung 2019 nimmt Jack Ma derzeit immer noch Abstand.

Von schrillen Auftritten wie hier bei einer Alibaba-Veranstaltung 2019 nimmt Jack Ma derzeit immer noch Abstand.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Im Herbst 2020 verschwindet Chinas wohl prominentester Unternehmer zeitweise. Nach und nach tauchen immer mehr Hinweise über Jack Mas neues, zurückgezogenes Leben auf. Jetzt ist offiziell: Der ehemals reichste Chinese hat einen neuen Job in Japan.

Wenn Jack Ma in seinem früheren Leben öffentlich auftrat, dann fuhr er schon einmal mit dem Motorrad auf die Bühne und tanzte als Michael Jackson verkleidet, drehte einen Kung-Fu-Film mit sich selbst in der Hauptrolle oder löste landesweite Kontroversen aus, indem er etwa 70-Stunden-Arbeitswochen forderte. Von diesem schrillen und extravaganten Lebensstil, für den der ehemals reichste Chinese jahrelang bekannt war, ist nichts mehr zu sehen. Der Gründer des Onlineriesen Alibaba und des Finanzkonzerns Ant, der nach scharfer Kritik an den chinesischen Behörden im Herbst 2020 zeitweise spurlos verschwunden war, hat jetzt eine Gastprofessur an der Universität in der japanischen Hauptstadt Tokio übernommen.

Laut Mitteilung der Universität wird Ma zu den Themen nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion forschen und - naheliegender für den Gründer zwei der größten Technologiekonzerne Asiens - Lehrveranstaltungen für junge Unternehmen anbieten. Nach zahlreichen unbestätigten Meldungen in den vergangenen Monaten über Besuche Mas in mehreren Ländern in Asien, Europa und Amerika unter anderem zum Golfspielen, lichtet sich mit der Mitteilung der Schleier über Mas neuem Leben ein Stück weiter.

Der umtriebige Unternehmer war im Herbst 2020 plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwunden, nachdem er im Zusammenhang mit dem damals geplanten Börsengang von Ant die chinesischen Finanzbehörden in einer Rede scharf angegriffen und Reformen gefordert hatte. Mas Firmenimperium stand damals auf seinem Zenit. Der Gründer war mit einem Vermögen von geschätzt gut 60 Milliarden Dollar der reichste Mensch des Landes. Der Ant-Börsengang sollte der größte aller Zeiten werden. Doch die Führung in Peking hatte damals schon begonnen, die schnell gewachsene Technologiebranche stärker unter ihre Kontrolle zu bringen. Es kam zur Konfrontation.

Mehrere Monate war überhaupt nichts bekannt über Mas Verbleib. Während der Aktienkurs von Alibaba abstürzte, wurde darüber spekuliert, ob der Chef des Unternehmens unter Hausarrest, ins Ausland geflohen oder eventuell gar nicht mehr am Leben sei. Offiziell war er zu dieser Zeit zwar nicht mehr im Management der von ihm gegründeten Konzerne, aber als Gründer und Großaktionär weiter aktiv in die Unternehmensführung involviert.

Dauerhafte Neuorientierung?

Als erstes Lebenszeichen tauchte anschließend ein Video von Ma auf, das mehr Fragen aufwarf als es beantwortete. Der Clip zeigt den Multimilliardär beim Besuch einer Schule in einer abgelegenen Region seiner Heimatprovinz Hangzhou. Ma lobt darin die Arbeit der Lehrer und spricht über seine gemeinnützigen Aktivitäten im Bildungsbereich. Wo er lebt, ob und wie er arbeitet, bleibt zunächst unklar. Nach und nach tauchen dann immer mehr Berichte auf, denen zufolge Ma bei Reisen etwa nach Mallorca, in die USA oder die Tschechische Republik gesehen wurde. Immer wieder wird der bekennende Workaholic beim Golfspielen beobachtet.

Andere Reisen legen nahe, dass sich Ma vermehrt mit Agrarwissenschaft beschäftigt. Unter anderem in den Niederlanden und Thailand wird er beim Besuch landwirtschaftlicher Forschungsprojekte gesichtet. Vor einigen Monaten zeichnet die "Financial Times" das bislang wohl ausführlichste Bild vom neuen Leben des Unternehmers nach. Demzufolge hat Ma seinen Lebensmittelpunkt gemeinsam mit seiner Familie inzwischen in Japan. Auch dort spielt er offenbar Golf, betätigt sich aber der "FT" zufolge auch als "enthusiastischer" Kunstsammler und verbringt viel Zeit in elitären Privatclubs, wo er wohl auch Geschäftskontakte in seine chinesische Heimat hält.

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Im vergangenen März soll Ma Berichten zufolge erstmals nach fast einem Jahr im Ausland dann wieder nach China gereist sein. Der Besuch wurde als Zeichen gewertet, dass sowohl Ma als auch die chinesische Führung wieder um eine Annäherung bemüht sind. Beide Seiten haben das gemeinsame Interesse, das durch Pekings Vorgehen gegen Ma und andere Unternehmer erschütterte Vertrauen von Investoren in China wieder zu stärken.

Die Bekanntgabe der Gastprofessor in Tokio ist unter diesen vielen unbestätigten Berichten und Spekulationen eine der wenigen aktuellen, offiziellen Informationen über Ma. Sie scheint zu bestätigen, dass er sich einen neuen Lebensmittelpunkt in Tokio aufgebaut hat. Seine Beschäftigung mit landwirtschaftlicher Forschung scheint inzwischen über eine Freizeitbeschäftigung hinauszugehen. Um für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, braucht der auf immer noch geschätzt rund 30 Milliarden Dollar schwere Ma die Arbeitsstelle nicht. Die Frage, ob der ehrgeizige und extrovertierte Unternehmer seine berufliche Zukunft dauerhaft in Forschung und Lehre sieht, oder ob er nicht wieder eine aktive Rolle in den von ihm gegründeten Unternehmen spielen und auch wieder öffentlich auftreten könnte, bleibt offen.

Quelle: ntv.de

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