Wirtschaft

Inflation gewinnt an Fahrt Wir stecken im Zinsdesaster

Zinsen? Fehlanzeige!

Zinsen? Fehlanzeige!

(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Die Zinsen sind verschwunden. Das Grundproblem unserer Zeit ist also, dass unser Geld zum Ausgeben taugt - aber nicht mehr zum Sparen. Man kann nicht alles haben!

Kinder, wie die Zeit vergeht! Ein weiteres zinsloses Jahr geht endlich zu Ende. Sechs Jahre dauert das schon mit der Zinslosigkeit. Als die EZB am 10. März 2016 den Leitzins ausschaltete, sagte man uns, es wäre zu unserem Besten. Ja, es war unser Bestes. Wer damals dachte, dies sei nur vorübergehend, hat sich geirrt. Der Zins ist gestorben, um tot zu bleiben.

Damals gab es einen kurzen Aufschrei. Selbst als die ersten Strafzinsen auf Guthaben auftauchten, wurde nur kurz gemurrt. Inzwischen gehören Strafzinsen auf Guthaben bei den Banken sogar zum guten Ton. Normal. Wahrscheinlich wird demnächst das "Guten Tag!" am Bankschalter auch noch gebührenpflichtig. Aber keine Sorge, diese Tresen in den Banken sterben auch aus.

Zinsen und hohe Schulden passen zusammen wie Sonnencreme und Weihnachten. Um die Schuldenländer vor dem Bankrott zu bewahren, löschte die EZB die Zinsen aus und kauft Schuldenpapiere mit Geld aus dem Nichts auf. Damit wird der Marktzins zusätzlich gedrückt und Spekulationsblasen werden befeuert. Die Börse explodierte und der Immobilienmarkt wirkt überhitzt. Will man das ändern?

Wer viel hat, wird reicher, wer nichts hat, wird ärmer. Nach der Inflation der Vermögenspreise frisst sich nun die Teuerung tiefer in die Taschen der kleinen Leute. Der Begriff der Geldwertstabilität ist heute nur noch ein Lippenbekenntnis. Staaten, Märkte und Wirtschaft sind von den niedrigen Zinsen so abhängig wie der Trinker von der Flasche. Das hatte man sich zur Einführung des Euro vor 20 Jahren ganz anders vorgestellt.

Der Euro: Mehr Schein als Sein?

Frank Meyer berichtet für ntv von der Börse in Frankfurt.

Frank Meyer berichtet für ntv von der Börse in Frankfurt.

Vor 20 Jahren zu Neujahr wurde uns der Euro in die Geldbeutel geschoben, dazu viele Versprechen und gute Absichten. Kein Land fühlt sich heute mehr an die Maastricht-Kriterien gebunden. Zu hoch sind die Schulden, und die Verantwortlichen sind über alle Berge. Als Nächstes sollen die alten Verträge so angepasst werden, dass sie zum Schlendrian passen. Die Transferunion ist Realität, in der alle für die Schulden aller einstehen. Das nennt man Wortbruch. Was wäre die Alternative? Nicht schön!

Inzwischen ist der Einkaufskorb freitags doppelt so teuer oder halb so voll wie damals. Die Inflation in der Eurozone betrug nach neuen Zahlen 4,9 Prozent und hierzulande 5,2 Prozent. Wer 1000 Euro am Jahresanfang auf dem Konto oder unter dem Kopfkissen hatte, dem fehlen jetzt 52 Euro Kaufkraft. Sie können ja mal die Polizei rufen!

Die Sparer haben ansatzweise begriffen, dass unser Geld von selbst vergammelt. Viele bringen ihre Euros in Sicherheit und tauschen sie in Sachen, die die Kaufkraft bewahren. Die einen kaufen Immobilien, die anderen Edelmetalle. Immer mehr Sparer finden auch den Weg an die Börse. Im September steckten 504 Milliarden Euro in Aktien. Die Zahl der Wertpapierdepots wuchs auf 27,1 Millionen. Diese "Aktienkultur" entspringt der Not an fehlenden Zinsen, wobei Aktien als Sachwerte im Gegensatz zu Gold mehr oder weniger schnell verderblich sind. Alles auf den Euro zu setzen, wäre unklug. Wer breit streut, kommt recht weit.

Das Grundproblem unserer Zeit ist doch, dass unser Geld zum Ausgeben taugt, aber nicht mehr zum Sparen. Traurig, dass hierzulande der größte Teil der Altersvorsorge in den renditelosen Staatsanleihen steckt. Das böse Erwachen kommt mit Ansage, wenn man später nicht das bekommt, was man sich wünscht, sondern das, was man verdient hat.

Quelle: ntv.de

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