Frage & Antwort

Frage & Antwort Was ist Spaghettifizierung?

Hier in einer Computersimulation dargestellt: gasförmige Sternmaterie in der Nähe eines Schwarzen Lochs.

Hier in einer Computersimulation dargestellt: gasförmige Sternmaterie in der Nähe eines Schwarzen Lochs.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sie findet nicht beim Italiener an der Ecke statt und auch mit den Pastafari und ihrem Fliegenden Spaghettimonster hat sie nichts zu tun. Wer aber weit genug durchs Universum reist, könnte Opfer der Spaghettifizierung werden – theoretisch.

Die Spaghettifizierung (ein Begriff übrigens, der von keinem Geringeren als Physik-Ikone Stephen Hawking geprägt wurde) setzt dort ein, wo man sie vielleicht am wenigsten vermutet: weitab von der Erde, Tausende Lichtjahre entfernt von Teigwaren jeglicher Art. Sie heißt so, weil sie einen Prozess beschreibt, dessen Ergebnis der bekannten Nudel ziemlich ähnlich sieht. Unabdingbare Voraussetzung: ein Schwarzes Loch. Und etwas, das sich in seine Nähe wagt.

"In ein Schwarzes Loch zu fliegen, würde ich nur den allergrößten Abenteurern empfehlen", scherzt Physiker und Science-Slammer Michael Büker im Gespräch mit n-tv.de. Es ist nämlich vorhersehbar, wie die Geschichte ausginge: Rückt man einem Schwarzen Loch - einem jener Massemonster, die sich unter anderem im Zentrum einer jeden Galaxie befinden – zu dicht auf die Pelle, stirbt man. Und ist das Schwarze Loch eines der kleineren Art, stirbt man sehr wahrscheinlich spaghettifiziert.

Büker erklärt das so: "In der Nähe eines Schwarzen Lochs ist die Schwerkraft wahnsinnig stark. Wenn man – besonders bei den kleineren – nah dran ist und mit den Füßen voran fliegt, zieht die Schwerkraft an den Beinen viel stärker als am Kopf. Dadurch wird man furchtbar langgezogen. Das ist dann der Effekt namens Spaghettifizierung."

Die Uhren ticken anders

Natürlich betrifft dieser Effekt nicht nur hypothetisch frei fliegende menschliche Körper. Auch Gaswolken etwa werden in der Umgebung Schwarzer Löcher in die Länge gezogen und auseinandergerissen – also spaghettifiziert. Und das ist nicht das einzige Spektakel, mit dem Schwarze Löcher aufwarten können. Was sie sonst noch zu bieten haben, wirkt harmloser, hat aber weitreichende Folgen. So verläuft bei ihnen zum Beispiel die Zeit ziemlich merkwürdig.

"In der Nähe eines Schwarzen Lochs ist die Raumzeit stark verzerrt", sagt Büker und wird gleich konkret: "Wenn zwei Raumschiffe nebeneinander herfliegen, erwartet man, dass die Uhren in beiden gleich gehen. Nähern sie sich aber einem Schwarzen Loch und eines der beiden Raumschiffe ist dichter dran als das andere, dann gehen die Uhren verschieden. Aus Sicht dessen, der weiter weg ist, würde die Zeit bei dem, der näher am Schwarzen Loch ist, deutlich langsamer vergehen. Und dieser würde umgekehrt feststellen, dass die Zeit bei dem, der weiter weg ist, plötzlich rast."

Das hätte deutlich erkennbare Auswirkungen: Die Besatzung auf dem weiter entfernten Raumschiff würde schneller altern. Außerdem würden dort ständig die Lichter an- und ausgehen, weil sich der Verlauf von Tag und Nacht stark beschleunigt – aus Sicht desjenigen, der dem Schwarzen Loch näher ist. "Wenn man Urlaub in der Umgebung eines Schwarzen Lochs macht und einer entscheidet sich für einen Tagesausflug näher an den Abenteuerpark heran", veranschaulicht Büker die umgekehrte Perspektive, "dann würde die Raumschiff-Besatzung sehen: Der fliegt und fliegt und kommt einfach nicht zurück und seine Uhr scheint stehen geblieben zu sein. Dann ist klar: Das Abendessen wird ohne ihn stattfinden."

Das Licht verändert sich

Die Reise dauert nicht ganz 400 Seiten und kostet 9,99 Euro.

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Auf seinem Trip würde der Urlauber womöglich auch noch starker Strahlung ausgesetzt werden. Denn wie Büker weiter erläutert, gewinnt das Licht in der Nähe eines Schwarzen Lochs an Energie. "Das bedeutet", so sagt er, "rotes Licht kann zu blauem oder blaues Licht zu Ultraviolettstrahlung werden. Im ungünstigsten Fall könnte eine starke Lichtquelle einem sogar mit Röntgen- oder Gammastrahlung gründlich den Tag vermiesen."

Selbstverständlich sagt er das mit einem Augenzwinkern, denn die nächsten Schwarzen Löcher, von denen wir wissen, sind viel zu weit weg, als dass man sie (bislang) mit einer Maschine erreichen könnte. Dank der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein wissen Astrophysiker aber trotzdem ganz gut darüber Bescheid, wie Schwarze Löcher auf ihre Umgebung wirken.

Büker erzählt davon auch in seinem Buch "Ich war noch niemals auf Saturn", mit welchem er zu einer spannenden Reise durchs Universum einlädt. Auf der Erde gestartet, durchfliegen die Leser zunächst das gesamte Sonnensystem, werfen dann einen Blick auf Weiße Zwerge, Supernovae und Neutronensterne, betrachten aus gebührendem Abstand (wir wissen jetzt, warum!) Schwarze Löcher und setzen die Sightseeing-Tour schließlich durch die Milchstraße und andere Galaxien fort. Abschließend halten die Reisenden Ausschau nach Leben fernab der Erde.

Dem Science-Slammer gelingt es dabei, die komplexen Phänomene des Alls anschaulich, verständlich und auch noch faktenreich zu vermitteln. Schon allein, um die schier unfassbaren Dimensionen des Weltraums augenscheinlich zu machen, lässt sich Büker einiges einfallen.

Und wie lautet sein Fazit, was Exkursionen zu Schwarzen Löchern anbelangt? "Glauben Sie keinem Reisekatalog, der Ihnen einen solchen Ausflug schmackhaft zu machen versucht!"

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Quelle: ntv.de

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