Imposanter SteinbeißerIneos Grenadier auf Portalachsen macht jetzt noch mehr her

Jetzt kann der Defender wohl einpacken. Denn auf Portalachsen fährt der Ineos Grenadier seinem Vorbild vollends davon. Selbst wenn er zumindest hier, im größten Basalt-Steinbruch Europas, gar nicht weit kommt.
Da staunt Dennis Schäfer nicht schlecht. Er ist Betriebsleiter bei der Mitteldeutschen Hartstein Industrie in Hanau und fährt normalerweise in einem gewöhnlichen Pick-up durch den größten Basalt-Steinbruch Europas. Doch heute hat er seinen klapprigen Dienstwagen gegen ein anderes Kaliber getauscht und ist mit dem Quartermaster des Ineos Grenadier unterwegs in der riesigen offenen Grube im Schatten des Hoherodskopfs zwischen Gießen und Fulda.
Der rustikale Pick-up des Geländewagens ist schon von Hause aus eine imposante Erscheinung, macht aber jetzt noch mehr her. Denn für einen bescheidenen Aufpreis von 200 Prozent hat der schwäbische Spezialist Letech den unehelichen Enkel des originalen Defender auf Portalachsen gestellt. Die erhöhen mit ihrem Zwischengetriebe in den Naben nicht nur die Bodenfreiheit und machen den Neo-Klassiker je nach Terrain zum behelfsmäßigen Boot oder wie hier im Steinbruch am Rande des hessischen Vogelsbergs zum ultimativen Klettermaxe, so dass Betriebsleiter Schäfer lieber heute als morgen mit seinen Chefs in Hanau über die 203.500 Euro Grundpreis verhandeln will.
Passend für "Mad Max"
Um für extreme Belastungen geeignet zu sein, nutzt der Grenadier 18 Zoll große Bedlock-Felgen, auf denen die grobstolligen 37-Zoll-Ballonreifen mit massiven Ringen festgeschraubt sind. Und weil sie wuchtige Trittleisten an die Flanken und einen großen LED-Bügel aufs Dach geschraubt haben, könnte der Grenadier jetzt sogar bei der Neuauflage von "Mad Max"mitmischen. Die Serienversion jedenfalls sieht daneben fast schon zivilisiert und zierlich aus und Schäfers gewöhnlicher Dienstwagen verschwindet förmlich im Schatten des neuen Gelände-Giganten.
Aber wir sind hier im hessischen Hinterland und nicht in Hollywood, und da ist echte Arbeit angesagt. Schließlich sprengen und baggern Schäfers etwa 40 Kollegen hier im Jahr rund eine Million Tonnen Basalt - umgerechnet rund 40.000 Lastwagen oder 250 Güterzüge - aus dem Vulkangebirge, der noch vor Ort zu Schotter oder Split in Dutzenden verschiedenen Körnungen verarbeitet und dann vor allem im Schienen- oder Straßenbau verwendet wird.
Der Grenadier allerdings muss nicht erst warten, bis aus den riesigen Kaventsmännern feine Kiesel gebrochen sind. Denn mit 45 statt 19 Zentimetern Bodenfreiheit, der extrabreiten Spurweite und dem massiven Unterbodenschutz kraxelt er einfach munter drauflos. Kaum haben sie auf den drei Ebenen der 24 Meter tiefen Grube frisch gesprengt und den Betrieb wieder freigegeben, macht sich Schäfer deshalb an den beschwerlichen Aufstieg und klettert ein bisschen mühsam auf den automobilen Hochsitz. ´
Über Stock und Stein
Wer hier mehrmals täglich ein- und aussteigt, der kann sich daheim die Klimmzüge im Türrahmen sparen. Drinnen angekommen, genießt der Betriebsleiter kurz die Aussicht, greift dann wie ein Pilot im Cockpit in die Bedienkonsole im Dach, aktiviert die Geländeuntersetzung, schaltet die Differentialsperren ein und fährt unbeirrt in die Geröllhalde. Der drei Liter große BMW-Diesel hallt rau von den Wänden wider, aber er treibt den Grenadier mit 249 PS und 550 Nm scheinbar mühelos voran. Zwar nur im Schritttempo, aber dafür buchstäblich über Stock und Stein.
Und kaum ist Schäfer aus dem Gröbsten raus und wieder auf dem feinen Split unterwegs, den sie hier mit der Walze so glatt planieren, dass auch die Laster mühelos fahren können und natürlich der Betriebsleiter mit seinem konventionellen Pick-up, staubt es so gewaltig, dass der Grenadier gleich eine mächtige Schleppe hinter sich herzieht - passend für den ungekrönten König im Gelände. Und wie zum Geleit brennen die LED auf Dach imposante Strahlen in den grauen Dunst.
Auf der Straße dagegen hält sich der Spaß nach dem Umbau ein wenig in Grenzen, weil der Grenadier nun einen noch größeren Wendekreis hat, die Reifen wenig Rückmeldung geben und so laut abrollen, dass man gar nicht ausprobieren will, ob der Portalachser die gleichen 160 km/h schafft wie der Standard-Grenadier. Aber hier drin im Steinbruch, auf der Abraumhalde und im Schottergebirge macht Schäfer im Grenadier so schnell keiner was vor.
Außer natürlich die Kollegen. Denn bevor der Betriebsleiter die Brust gar zu breit macht und den Kopf zu hoch trägt, norden sie ihn wieder ein und zeigen ihm mal eben, was richtig große Fahrzeuge in einem Steinbruch sind. Denn sobald sie ihre Muldenkipper von Caterpillar oder Komatsu daneben stellen, wird klar, wer hier im "Quary" der wahre Quartiermeister ist. Selbst mit hüfthohen Reifen reicht der Grenadier den Muldenkippern bis kaum über die Radnabe, und was beim Quartermaster auf die Pritsche passt, das schieben die gelben Giganten an Staub und Dreck auf den Stoßfängern mit. Größe, so lehren die Mitarbeiter damit ihren Chef, ist eben relativ.