Auto

Eine Neue, ganz klassisch Kawasaki W800 - mit echtem Langhuber

Die Kawasaki W800 setzt als neues Bike den Wunsch nach Klassik in jeder Faser um.

Die Kawasaki W800 setzt als neues Bike den Wunsch nach Klassik in jeder Faser um.

(Foto: RKM)

Hightech-Assistenzsysteme machen das Motorradfahren leichter und die häufig überbordende Leistung beherrschbar. Wer die Kawasaki W800 fährt, merkt aber schnell, dass man beides gar nicht zwingend braucht. Schon gar nicht, wenn man dem Flair der Vergangenheit mit diesem Motorrad nachspürt.

Bei der Kawasaki W800 lassen die Roaring Sixties grüßen.

Bei der Kawasaki W800 lassen die Roaring Sixties grüßen.

(Foto: RKM)

Klassisch gestylte Motorräder sind en vogue. Dabei kommt es allerdings nicht nur auf den optischen Reiz an, sie sollen auch den schnörkellosen Fahrspaß bieten, den ein Motorrad in den 1960er- und 1970er-Jahren hatte. Natürlich mit einem traditionellen Twin versehen, der auf der nostalgisch anmutenden Drehmomentwelle die Zeit vergessen lässt. Dieses Anspruchsprofil erfüllt kaum ein Motorrad so wie die Kawasaki W800, die in der neuen Standard-Version auch als sehr gut erhaltener Klassiker durchgehen würde.

Mit ihren beiden flach geführten Peashooter-Schalldämpfern erinnert die W800 an die englischen Klassiker der Roaring Sixties, dazu passend rollt sie auf Speichenrädern, die Telegabel erfreut die Blicke mit ihren Faltenbälgen und am Heck führt eine Stahlschwinge mit Stereo-Federbeinen das Rad. Auch die Linie stimmt: angefangen beim Rundscheinwerfer und dem moderat gekröpften Lenker, dem bauchigen Tank bis hin zur durchgehenden Sitzbank. Das Ambiente bietet dem Piloten eine im besten Sinne klassische Haltung, mit entspanntem Kniewinkel, aufrechtem Oberkörper und locker auf den Lenkerenden ruhenden Händen. In 79 Zentimetern Höhe sitzt es sich auf dem schlanken Polster erdverbunden genug für beste Kontrolle.

Ein Triebwerk wie in alten Zeiten

Der 773 Kubikzentimetern Hubraum bietende Parallel-Twin ist als echter Langhuber ausgelegt.

Der 773 Kubikzentimetern Hubraum bietende Parallel-Twin ist als echter Langhuber ausgelegt.

(Foto: RKM)

Die größte Reminiszenz an die Vergangenheit bildet jedoch das aktuelle Triebwerk. Hierbei handelt es sich nämlich um einen echten, langhubig ausgelegten Parallel-Twin, in dem beide Kolben zugleich auf und ab marschieren sowie abwechselnd alle 360 Grad die Zündung erfolgt. Als Alleinstellungsmerkmal dient der Antrieb der oben liegenden Nockenwelle via Königswelle - diese bei alten Rennmaschinen häufig eingesetzte Steuerung ist fertigungstechnisch aufwändig und daher teuer. Kawasaki zitiert damit die eigene Historie zwischen 1966 und 1975, als die W1- bis W3-Modelle mit ähnlichen Motorenkonstruktionen vom Band liefen.

Während damals gut 50 PS anstanden, holt die heutige W aus 773 Kubikzentimetern Hubraum A2-taugliche 48 PS und ein sattes Drehmoment von fast 63 Newtonmeter heraus, die fahrfreundlich schon bei 4800 Touren zur Verfügung stehen. Zusammen mit der langhubigen Auslegung beschert das dem W-Twin seinen bulligen Charakter, der ihn gerne in unteren Drehzahlregionen fahren lässt. Hier erfreut die Kawasaki mit müheloser, stets gut beherrschbarer Performance und ruckfreiem Ansprechverhalten. Über 5000 Umdrehungen ergeben bei dem Treibsatz ohnehin wenig Sinn. Dafür ist das exakt rastende Fünfganggetriebe so prima abgestuft, dass sich die letzte Fahrstufe dann auch als Universal-Gang eignet.

Mehr Gleiter als Sprinter

Die W800 ist also mehr Gleiter als Sprinter, aber alles andere als ein weichgespülter Kollege. Dank Gummilagerung des Motors und Ausgleichswelle fallen unmittelbar nach dem Starten abgesonderte Lebensäußerungen unters Kapitel "Good vibrations", auch der dumpf-sonore Klang aus den Schalldämpfern wirkt so gar nicht aggressiv, hat vielmehr etwas Beruhigendes.

Das 19 Zoll große Vorderrad der Kawasaki W800 wirkt recht üppig dimensioniert.

Das 19 Zoll große Vorderrad der Kawasaki W800 wirkt recht üppig dimensioniert.

(Foto: RKM)

Da mag das Fahrwerk nicht zurückstehen, das von einem klassischen Doppelschleifenrahmen und konventionellen Federelementen gebildet wird. Vorne rollt ein unüblich großes 19-Zoll-Rad, das dem Retro-Modell zu gelassener Stabilität verhilft, ohne unhandlich zu wirken. Neutral und präzise setzt die W800 Lenkbefehle in Richtungsänderungen um, der gut zur Hand liegende Lenker fördert das Gefühl fürs Motorrad. Allzu sportlich möchte man es dann aber nicht treiben, denn die früh mit dem Asphalt in Kontakt kommenden tief montierten Fußrasten setzen der schrägen Fahrt einigermaßen enge Grenzen. Dazu ist sie vorne nur mit einer Solobremsscheibe versehen, deren Verzögerung zwar durchaus genügt, bei harten Bremsmanövern neigt die Telegabel indes zu leichtem Verwringen, was der Stabilität nicht wirklich guttut.

Fahrkomfort auf alte Art

Bei moderater Gangart erfreut das Chassis mit gutem Fahrkomfort der soft abgestimmten Federelemente. Selbst über wenig gutem Untergrund kutschiert die Kawasaki ihre Besatzung anstandslos. Das ist selbst bei zügigen Autobahnfahrten und einem Spitzentempo von 166 km/h möglich. Wenngleich auf Dauer doch recht anstrengend, gibt sie sich keine Blöße und rennt zielsicher geradeaus.

Zwei traditionelle, gut ablesbare Analog-Runduhren bilden das Cockpit der Kawasaki W800.

Zwei traditionelle, gut ablesbare Analog-Runduhren bilden das Cockpit der Kawasaki W800.

(Foto: RKM)

Zwei traditionelle, gut ablesbare Analog-Runduhren bilden das Cockpit. Im Tacho gibt ein LCD-Display zusätzliche Informationen über Gesamtfahrstrecke, Tageskilometer und Uhrzeit, während sämtliche Warnleuchten im Drehzahlmesser untergebracht sind. Löblicherweise sind sowohl Brems- als auch Kupplungshebel weiteneinstellbar. Als gelungene Verbindung von einst und jetzt zeigt der Rundscheinwerfer ein modernes LED-Licht, das leider in ein schnödes Plastikgehäuse verpackt wurde. Authentisch sind die Seitendeckel aus Metall und die chromblitzenden Schutzbleche.

Zugegeben: 9743 Euro sind kein Pappenstiel für den Neo-Klassiker. Aber wer auf eine gediegene Retro-Tour mit originalgetreuem Flair steht, kommt um die klanglich wie optisch authentische Kawasaki kaum herum.

Quelle: ntv.de, Thilo Kozik, sp-x

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