Der Geschmack der Tour de France Auch Radprofis sind Leckermäuler


Die Tour de France zählt zu den härtesten Radrennen der Welt. Nicht jeder Fahrer kommt nach den drei Wochen im Ziel in Paris an.
(Foto: Scanpix)
Hannah Grant, die erste Chefköchin im Profipeloton, hat während 16 Grand Tours für die weltbesten Radsportteams gekocht. In ihrem zweiten Grand Tour Kochbuch mit schmackhaften Rezepten für Radprofis, Hobbysportler und ihre Familien erzählt unter anderem auch Mads Pedersen über seine (Ess)Leidenschaft.
Die Tour de France, das bedeutendste Straßenradrennen der Welt, läuft im TV. Die fast endlos lange Fahrerkette quält sich die Berge rauf und runter - und ich? Ich gestehe: Gemütlich auf der Couch hockend genieße ich meinen Nachmittagskaffee. Bei der diesjährigen 110. Auflage der Tour habe ich nebenbei noch ein besonderes Schmankerl (keinen Kuchen!): Das neue Grand Tour Kochbuch. Ich lese und staune.
Dieses außergewöhnliche Kochbuch bietet neben einer umfassenden zeitgemäßen Sportlerküche jede Menge Stories und Hintergründe. Alle 120 einfach nachzukochenden Rezepte sind zudem familienfreundlich, sozusagen für Groß und Klein geeignet. Erschienen ist das "Neue Grand Tour Kochbuch", das weit mehr als "nur" ein Kochbuch ist, in dem auf Radsportliteratur spezialisierten Covadonga Verlag. Autorin ist die Profiköchin Hannah Grant. Die seit Juni vorliegende neue Grand-Tour-Ausgabe, zeitgleich erschienen mit der dänischen und englischen Fassung, ist der Nachfolger des ersten Grand Tour-Kochbuchs von 2016. Auf knapp 350 Seiten wird hier erneut eine Vielzahl origineller und toll in Szene gesetzter Rezepte für Radrennfahrer und andere Ausdauerathleten präsentiert. Dazu zählen Vorspeisen, Salate, Hauptgerichte und Desserts für 21 Renn- und zwei Ruhetage, spezielle Wettkampf- und Regenerations-Snacks, Frühstücksideen, Marinaden, Saucen, selbstgemachtes Brot und vieles mehr. "Neu" bedeutet hier tatsächlich komplett neu: Es gibt keine Überschneidungen mit dem ersten Kochbuch.
Pfannkuchen für Mads Pedersen

Auch Radrennfahrer haben ihre Schwächen: Der dänische Profi kann Pfannkuchen nicht widerstehen.
(Foto: hannahgrant.com)
Zwischen den kulinarischen Tour-Etappen kommen aktive und ehemalige Radprofis wie Mads Pedersen, Magnus Cort, Cecilie Uttrup Ludwig, Kasper Asgreen, Rick Zabel und Jens Voigt zu Wort und plaudern mitunter ganz schön aus dem Nähkästchen. Denn wer hätte das gedacht: Die meisten der schlanken und durchtrainierten Radsportler sind wahre Schleckermäuler! So hat Mads Pedersen, Radprofi seit 2017, ein Lieblingsgericht, das in der Radsportwelt aus dem Rahmen fällt: Pfannkuchen (gemeint sind hier keine "Berliner".) "Ich bin mir nicht sicher, ob man das überhaupt als anständiges Essen ansehen darf. Darüber diskutiere ich jedes Mal mit meiner Frau. Ich liebe einfach Pfannkuchen und habe kein Problem damit, sie abends mit Eis zu verschlingen. Es ist super, wenn ich sie zum Frühstück essen kann, wenn Rennen anstehen, dann nur nicht mit Eis. Aber immerhin bekomme ich Pfannkuchen. Gott sei Dank!", erzählt der Däne im Interview.
Was er sonst noch futtert, verrät Pedersen auch, denn es ist beileibe nicht so, dass nach dem Rennen ein Pfannkuchen-Berg im Tourbus auf ihn wartet: Es gibt in erster Linie Gerichte, die nach einem langen Tag im Sattel die Speicher der Fahrer wieder auffüllen. Und diese Gerichte zeigen, dass sich gesunde Ernährung und großer Genuss fabelhaft ergänzen können - sonst hätte Pedersen (Lidl-Trek) dieser Tage wohl kaum die 8. Tour-de-France-Etappe über 200 Kilometer gewonnen.
Dreimal täglich Steaks?

Während der Tour de France verbrennt ein Radprofi auf den 21 Etappen insgesamt etwa 143.500 Kilokalorien.
(Foto: Scanpix)
Die Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben der Radprofis sind so unterschiedlich wie bei Nicht-Sportlern auch. Hanna Grant beschreibt, wie viel Mühe es machte, die Fahrer dazu zu bringen, das zu essen, was das Team für sie als optimale Ernährung ansah, und sie an ihr neues Lieblingsessen zu gewöhnen. Denn es ist noch gar nicht so lange her, dass Ernährungsfragen im Profirennsport eine ziemlich untergeordnete Rolle spielten. Erst seit etwa 2000 steht die moderne Sportlerernährung bei Rennen wie Tour de France, Giro d'Italia und Vuelta a España im Fokus. Von "früher" erzählt Bjarne Riis, der auch für das Grand Tour Kochbuch 2.0 das Vorwort schrieb, als man der Überzeugung war, dass Steaks die optimale Ernährung sind. Weil Eddy Merckx, seinerzeit fünfmaliger Gewinner der Tour de France und des Giro, damals jede Menge Steaks gegessen hatte. "Wir hatten Steaks zum Frühstück, Steaks zwischen den beiden Etappen, und abends gab es natürlich auch Steaks", so Riis über eine Belgien-Rundfahrt, bei der an einem Tag zwei Etappen zu absolvieren waren. Und jede Menge Steaks - "zäh wie eine Schuhsohle".
Das ist Vergangenheit. Im Buch berichten zwei renommierte Ernährungsexperten, welche Anforderungen heute an das Essen gestellt werden. Die niederländische Ernährungsberaterin Karin Lambrechtse erzählt detailliert, wie sie und das Team es schaffen, mit ausbalanciertem Essen bestmögliche Leistung und Regeneration, anhaltende Erfolge im Kampf mit der Waage und Freude am guten Essen in Einklang zu bringen. Lambrechtse ist seit einigen Jahren für das Team Jumbo-Visma tätig, zu dem auch Tour-Titelverteidiger Jonas Vingegaard gehört. Ihre fünf Eckpfeiler der Sportlerernährung sind: Wissen, Qualität, Quantität, Timing und Planung/Vorbereitung.

Der Tour-Smoothie: Das Basis-Rezept im Buch lässt sich auf viele Arten abwandeln.
(Foto: hannahgrant.com)
Gorka Prieto-Bellver setzt auf individuelle Ernährungspläne, abhängig von den Fähigkeiten, Zielen und Aufgaben der einzelnen Fahrer. Wie der Ernährungsberater beim Team UEA Emirates hervorhebt, ist es heute im Radsport allgegenwärtig, die Lebensmittel abzuwiegen und genau zu portionieren. "Im Frauenradsport ist das noch nicht angekommen", berichtet dagegen Ashleigh Moolman Pasio. Die Südafrikanerin, Radprofi seit 2010, zählt zu den besten Radsportlerinnen der Welt und fährt in diesem Jahr bei der Tour de France der Frauen (23. bis 30. Juli) für AG Insurance - Soudal Quick-Step. Sie selbst hat bisher die Waage im Tourbus noch nicht vermisst - allerdings: "Um ehrlich zu sein, ist es aber insbesondere im Vorfeld der Grand Tours schon vorgekommen, dass ich mich gefragt habe, ob ich es nicht auch machen soll."
Der Schlüsselbegriff heißt Balance
Hannah Grants Rezepte haben sich bei allen großen Radrennen bewährt. "Ohne das richtige Essen und Trinken lässt sich keine Top-Leistung erbringen. Es braucht eine hochwertige, ausgewogene und ausreichende Ernährung, um eine Tour de France zu beenden, und es ist gewiss ein Vorteil, wenn sie zugleich lecker und einfach zu Hause zuzubereiten ist", schreibt die Autorin. Die Rezepte im Buch basieren auf den Menüs, die sie während der Grand Tours für die Fahrer ihrer Rennställe zubereitet hat. Sie erklärt Grundlegendes zu Makronährstoffen, beseitigt Unklarheiten von Alkohol bis Vitamine und gibt Ernährungsrichtlinien für verschiedene Trainingseinheiten vor.

Hannah Grant hat mit ihren Rezepten die Ernährung für Radsportler revolutioniert.
(Foto: hannahgrant.com)
Die Dänin, die 2010 das erste Mal für ein Profiradteam kochte, ist inzwischen längst international bekannt. Schließlich war Hannah Grant die erste Frau, die den Chefkoch-Posten in einem Weltklasse-Profiteam der Männer im Straßenrennsport innehatte. Nach dem damaligen dänischen Team von Bjarne Riis folgten fünf Jahre als Chefköchin für das Team Tinkoff-Saxo. Anschließend war sie bei weiteren Radrennställen als leitende Ernährungsberaterin für die Schulung der Köche und die Versorgung der Fahrer verantwortlich. Einem breiteren Publikum wurde Hannah Grant auch durch die Amazon-Prime-Serie "Eat! Race! Win!" bekannt. Bis heute entwickelt sie immer wieder neue, leicht nachzumachende und schmackhafte Rezepte für Radprofis, Hobbysportler und ihre Familien. "Das Kuchen-Kochbuch" von Hannah Grant erscheint im Herbst ebenfalls bei Covadonga. Ich bin gespannt - und freue mich schon darauf. Mads Pedersen und alle anderen Süßmäuler im Peloton sicher auch.
Risotto à la Asgreen
Glutenfrei, frei von Nüssen; 45 Minuten/mittelschwer
400 g Risottoreis
300 ml Weißwein
1300 ml Hühnerbrühe oder Brühe
400 g Erbsen, frisch oder gefroren
3 Zwiebeln
2 Knoblauchzehen
1 Bio-Zitrone, Saft und Schalenabrieb
100 g Parmesan
1 Bund Schnittlauch
2 EL Olivenöl
Salz und Pfeffer zum Abschmecken
Zubereitung:
1. Die Hühnerbrühe erhitzen.
2. Zwiebeln und Knoblauch schälen und fein schneiden.
3. Das Olivenöl in einer Bratpfanne auf mittlerer Hitze erwärmen. Zwiebeln und Knoblauch weich dünsten, ohne dass sie Farbe annehmen.
4. Den Reis hinzufügen und kurz anbraten, bis er mit Olivenöl bedeckt ist.
5. Den Wein hinzugeben und unter ständigem Rühren zum Kochen bringen.
6. Die Hitze reduzieren, 200 ml Brühe zum Reis geben und unter ständigem Rühren köcheln lassen, bis die Flüssigkeit nahezu aufgesogen ist. Diesen Vorgang wiederholen, bis die gesamte Brühe verbraucht und das Risotto weich und cremig ist, aber dennoch etwas Biss hat. Die Kochzeit beträgt ca. 17-20 Minuten, je nachdem, wieviel Biss der Reis noch haben soll.
7. Geriebenen Parmesan hinzufügen und das Risotto mit Salz, Pfeffer, Zitronenabrieb und Zitronensaft würzen.

Nach dem Rennen ist eine kohlenhydrathaltige Mahlzeit wichtig - oft mit Reis als Hauptzutat.
(Foto: hannahgrant.com)
8. Das Risotto beiseitestellen.
9. Nun auch den Schnittlauch hacken.
10. Die Erbsen für 30-40 Sekunden im Topf erhitzen, bis sie warm und immer noch schön grün sind.
11. Die Hälfte der Erbsen in das Risotto geben. Bei Bedarf noch mal etwas Brühe oder Wasser hinzufügen. Das Risotto sollte cremig sein und auf dem Teller zerfließen.
12. Die restlichen Erbsen, Zitronenabrieb und -saft hinzufügen und das Risotto auf tiefen Tellern servieren. Bei Bedarf mit geriebenem Parmesan und frisch gemahlenem Pfeffer dekorieren.
Tipp: Noch wohlschmeckender wird das Gericht, wenn in die Brühe nach dem Aufkochen Thymian, Rosmarinzweige, Safran oder Sternanis hinzugegeben werden. Zu diesem Risotto passt gut frischer grüner Spargel.
Kein-Kampf-gegen die Uhr-Ragù
Frei von Nüssen; 3 Stunden/mittelschwer
400 g gewürfeltes Rindfleisch, z. B. Bugstück, Hinter- oder Vorderhesse
200 g gewürfelter Schweinenacken
2 Zwiebeln
4 Stangen Staudensellerie
4 große Möhren
4 Knoblauchzehen
4 Zweige frischer Rosmarin
5 Lorbeerblätter, am besten frisch
200-300 ml Wein (Weiß- oder Rotwein)
80 g Tomatenmark
2 Dosen geschälte Tomaten (gute Qualität)
300 ml Brühe oder Wasser
2 EL getrockneter Estragon
1 EL getrockneter Basilikum
1 EL getrockneter Oregano
100 ml Milch oder Sahne
100 ml Olivenöl
Salz und Pfeffer zum Abschmecken
Weißweinessig
geriebener Pecorino
Zubereitung:
1. Das Fleisch anbraten und zur Seite stellen.
2. Das frische Gemüse waschen und fein schneiden. Die Möhren können gerieben oder im Food-Processor zerkleinert werden, um eine körnige Masse zu bekommen - aber kein Püree!
3. In einem großen Schmortopf das geschnittene Gemüse (abgesehen von den Tomaten) mit etwas Olivenöl bei mittlerer bis hoher Hitze anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen.
4. Sämtliche Gewürze und das Tomatenmark hinzufügen und für 1-2 Minuten unter Rühren weiterbraten.
5. Den Wein dazugießen und auf 1/3 der ursprünglichen Menge reduzieren.
6. Das angebratene Fleisch, die geschälten Tomaten sowie Brühe oder Wasser dazugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen und aufkochen lassen.
7. Die Hitze reduzieren. Den Topf mit einem Deckel verschließen und für 3 Stunden köcheln lassen, dabei regelmäßig umrühren. Zwischendurch etwas Flüssigkeit dazugeben, um sicherzustellen, dass das Fleisch immer bedeckt ist.
8. Wenn das Fleisch zart ist und auseinanderfällt, das Ragù ohne Deckel
aufkochen lassen, bis es die gewünschte Konsistenz aufweist.

Das Ragù ist etwas für Fleischliebhaber - und für Ruhetage, denn es braucht seine Zeit.
(Foto: hannahgrant.com)
9. Die Lorbeerblätter und Rosmarinzweige entfernen und das Ragù mit Salz, Pfeffer und eventuell etwas Weißweinessig abschmecken.
10. Die Fleischstücke mit zwei Gabeln auseinanderzupfen. Wer es eilig hat, kann das mit einem Mixer abkürzen.
11. Mit frisch zubereiteter Pasta und geriebenem Pecorino oder anderem Hartkäse servieren.
Tipp: Das Gericht kann auch bei 165 °C Umluft im Ofen zubereitet werden. Einfach den Topf nach dem 6. Schritt in den Ofen stellen. Das Gericht lässt sich alternativ auch im Schnellkochtopf zubereiten. Nach dem 6. Schritt benötigt das Fleisch etwa 25 Minuten, um bei Unterdruck im Wasserdampf zu garen. Nach dem Abdampfen noch einmal kurz aufkochen und abschmecken.
Pfannkuchen à la Mads P.
Frei von Nüssen, plant-based; 30 Minuten/einfach
3 Eier
250 ml Milch oder Milch-Alternative
3 EL Ahornsirup
50 g Butter
100 g Weizenmehl
1 Prise feines Salz
1 TL Kardamom
1 Bio-Zitrone, Schalenabrieb
frische Beeren
Zubereitung:
1. Eier, Milch und Ahornsirup verrühren.
2. Das Mehl in eine Schüssel sieben und mit Kardamom und Salz vermengen.
3. Die Eiermasse zum Mehl geben und die geriebene Zitronenschale dazugeben.
4. Die Butter zum Schmelzen bringen und in einem dünnen Strahl zum Teig geben.
5. Den Teig für 10 Minuten ruhen lassen.
6. Etwas Butter in einer Pfanne bei mittlerer Hitze schmelzen und ca. 50 ml des Teigs in die Pfanne gießen. Den Teig durch Drehen der Pfanne schnell gleichmäßig verteilen.
7. Die Pfannkuchen auf beiden Seiten goldbraun backen.
8. Mit frischen Beeren servieren.
Tipp: Wer mag, kann die Pfannkuchen mit Eiscreme genießen. Als "plant-based" ausgezeichnete Rezepte enthalten weder Fleisch noch Eier, können aber Milchprodukte beinhalten, die sich durch pflanzliche Alternativen ersetzen lassen.
Viel Erfolg mit der richtigen Sportlerernährung wünscht Ihnen Heidi Driesner.
Quelle: ntv.de