Lange Haft für Helfer des Täters Anschlag in Nizza: Alle Angeklagten schuldig gesprochen
13.12.2022, 17:32 Uhr
Bei dem Terroranschlag im Juli 2016 in Nizza verloren 86 Menschen ihr Leben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Am 14. Juli 2016 fährt ein Attentäter mit einem LKW durch eine Menschenmenge und tötet dabei 86 Menschen. Der Mann wird von der Polizei erschossen. Ein Pariser Gericht befindet nun acht seiner Helfer für schuldig. Sie müssen lange in Haft.
Im Terrorismusprozess zum Lkw-Anschlag in Nizza mit 86 Toten im Jahr 2016 sind zwei Freunde des von der Polizei erschossenen Täters zu je 18 Jahren Haft verurteilt worden. "Sie haben den Täter moralisch und materiell unterstützt", sagte der Vorsitzende Richter in Paris. Das Gericht verhängte zudem zwölf Jahre Haft für den Mann, der dem Attentäter die Schusswaffe besorgte, die dieser beim Anschlag benutzte. Die weiteren fünf Beschuldigten, die ebenfalls in die Beschaffung einer Waffe involviert waren, sollen zwischen zwei und acht Jahre in Haft.
Am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag, war der Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel auf der Flaniermeile Promenade des Anglais in Nizza mit einem tonnenschweren Lastwagen in eine Menschenmenge gerast. Er schoss auch auf Menschen. Letztlich gab es 86 Todesopfer, darunter zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus Berlin. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Der Gewalttäter wurde nach der Tat erschossen.
Trotz Bekennerschreiben keine Verbindung zum IS
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. Laut Staatsanwaltschaft war dieses angebliche Bekenntnis trotz der Radikalisierung des Täters reiner Opportunismus, eine Verbindung zum IS habe es nicht gegeben.
Seit September rollte ein Spezialgericht in Paris den Anschlag in Nizza auf. Mehr als 2000 Angehörige und Opfer traten als Nebenklägerinnen und Nebenkläger auf. Über vier Wochen hinweg berichteten sie vor Gericht von ihren Erinnerungen an die Attacke und von den Spuren, die der Terrorakt bei ihnen hinterlassen hat. Obwohl der Attentäter damals von der Polizei getötet wurde, waren die Vorbereitung seiner Tat sowie seine Gesinnung wesentlicher Bestandteil des Prozesses.
Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass der Mann über weitaus mehr als bloße Neugier für den IS verfügte. Er habe sich zahlreiche Köpfungsvideos der Terrormiliz angesehen, intensivste - irgendwann tägliche - Recherchen betrieben etwa zum Geschehen in Syrien und im Irak, zu Terroraufrufen, zum IS und zu Al-Kaida wie auch zum Aufputschmittel Captagon, das als "Dschihadisten-Droge" gilt. "Der Täter wollte (dem Anschlag) sehr eindeutig eine dschihadistische Dimension geben", hieß es im Schlussplädoyer der Anklage.
Mutter der Berliner Lehrerin enttäuscht über das Strafmaß
Die Mutter der getöteten Lehrerin aus Berlin reagierte enttäuscht auf die Urteile. "Ich hätte mir härtere Strafen gewünscht", sagte Barbara Bielfeldt der AFP in Paris. Der Prozess habe die Erinnerung an die schlimme Zeit nach dem Anschlag aufgewühlt, als sie in Nizza nach ihrer 29-jährigen Tochter gesucht habe. "Das kann man nicht vergessen", sagte sie. Auch nach drei Monaten des Prozesses seien Fragen offen geblieben, sie wisse noch immer nicht genau, wie ihre Tochter ums Leben gekommen sei.
Die Anwältin Alexandre de Brossin de Méré, die die Mutter einer der getöteten Schülerinnen aus Berlin vertreten hatte, zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. "Es entspricht dem Ergebnis der dreimonatigen Verhandlungen", sagte sie. "Das Gericht hat keine Ausreden zugelassen. Die Nähe der Angeklagten zum Täter und seinen Planungen sind dokumentiert und mit dem Urteil bewertet worden", sagte sie. Die Staatsanwaltschaft hatte für die beiden Hauptangeklagten nur 15 Jahre Haft gefordert.
Quelle: ntv.de, uzh/AFP/dpa