Pannen bei Flutkatastrophe App warnte nicht, Sirenen blieben stumm
22.07.2021, 14:39 Uhr
Nach der Flut: Chaos im rheinland-pfälzischen Ahrweiler. Hier warnte offenbar die App NINA nicht.
(Foto: Boris Roessler/dpa)
Nach den schweren Überschwemmungen im Westen Deutschlands steht der Katastrophenschutz auf dem Prüfstand. Medienberichte deuten darauf hin, dass sowohl die Warn-App NINA als auch die klassischen Sirenen mancherorts nicht aktiviert wurden. Teilweise mit Absicht.
Die Überflutungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben viele Todesopfer gefordert. Zuletzt stieg ihre Zahl auf mindestens 175, weiterhin suchen Einsatzkräfte in den teils zerstörten Ortschaften nach Vermissten. Mit jedem weiteren Tag schwindet die Hoffnung, Überlebende zu finden. Vor diesem Hintergrund ist eine Debatte darüber entbrannt, wie künftig besser vor Naturkatastrophen gewarnt werden kann. Braucht das Land weitere digitale Hilfsmittel wie Warn-Apps? Oder sollte wieder verstärkt auf "die gute alte" Sirene gesetzt werden?
Offenbar haben beide Methoden bei den jüngsten Unwettern in Westdeutschland zumindest teilweise versagt. Beispiel NINA-App: Über die digitale Anwendung des Bundes sollen Nutzer "wichtige Warnmeldungen des Bevölkerungsschutzes für unterschiedliche Gefahrenlagen" erhalten, heißt es auf der Webseite des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Wie das ZDF berichtet, ist die App jedoch gerade in einer besonders von der Flutkatastrophe betroffenen Region in Rheinland-Pfalz nicht aktiv geworden. Demnach sei im Landkreis Ahrweiler, in dem mindestens 125 Menschen starben, weder vor noch während der Flut eine Warnung versendet worden. Das ZDF bezieht sich in seinem Online-Artikel auf Angaben des BBK, die hier einsehbar sind.
Offenbar übermittelte Katwarn nicht an NINA
Warum keine Warn-Meldung an die Nutzer vor Ort verschickt wurde, ist demnach unklar. In dem Bericht wird "ein Insider" von einem der Betreiber der App mit den Worten zitiert, es sei "noch nicht bekannt, was genau da schiefgelaufen ist". Dass die Technik versagt habe, sei nicht zu erkennen. Ebenfalls unklar sei laut dem Insider zum einen, "ob der Kreis nichts eingespielt habe oder die Behörden die Systeme einfach nicht genutzt hätten", und zum anderen, "warum Meldungen der Katwarn-App nicht von NINA ausgespielt wurden, wie in vielen Fällen üblich".
Das rheinland-pfälzische Landesamt für Umwelt teilte dem ZDF demnach mit, dass in dem Bundesland alle Hochwasserwarnungen über die Warn-App Katwarn verbreitet würden, die laut ZDF dann auch an die NINA-App gegangen sein müssten - was in Ahrweiler jedoch nicht der Fall gewesen sei. "Keine der teils sehr konkreten Warnungen von Katwarn für die Städte Bad-Neuenahr-Ahrweiler und Sinzig wurde von NINA verbreitet", heißt es in dem Artikel.
Sirenen blieben stumm, um Panik zu vermeiden
Darüber hinaus berichtet t-online, dass Alarmsirenen während der Hochwasserkatastrophe teilweise absichtlich nicht ausgelöst worden seien. Als Beispiel wird die Stadt Rösrath im Rheinisch-Bergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen genannt. "Die Sirenen sind aus einem Grund nicht ausgelöst worden", sagte demnach die Leiterin der Pressestelle der Kreisverwaltung, Birgit Bär. "Hätten wir die Sirenen ausgelöst, während in den Medien die Berichterstattung noch nicht breit lief, hätten alle Leute die 112 angerufen." So sei befürchtet worden, dass bei vielen Nachfragen der Notruf lahmgelegt worden wäre. Den Alarm könne man "nur Hand in Hand mit der Medienberichterstattung auslösen". Sonst sorge er für Panik. Allerdings begründet die Sprecherin des Kreises den ausbleibenden Alarm auch mit dem Eingeständnis: "Niemand hat damit gerechnet, dass es solche Ausmaße annimmt".
Auch in der nordrhein-westfälischen Stadt Euskirchen gibt es laut t-online Beschwerden von Anwohnern, sie seien nicht vor den Fluten gewarnt worden. Demnach teilte jedoch die Pressestelle der Kreisverwaltung Euskirchen auf Anfrage mit, man habe im ganzen Kreis Sirenenalarm ausgelöst. Es könne aber sein, so ein Sprecher laut Bericht, dass mancherorts die Technik bereits gestört gewesen und der Alarm deshalb ausgeblieben sei.
Quelle: ntv.de, mbe