Panorama

Jeden dritten Tag ein MordGewalt gegen Frauen durch Partner steigt leicht

25.11.2019, 13:16 Uhr
127064810
Die Zahl der Morde durch den Partner sank zwar, insgesamt nahm Gewalt in Partnerschaften jedoch zu. (Foto: picture alliance/dpa)

Mehr als ein Mal pro Stunde wird im vergangenen Jahr eine Frau von ihrem Partner körperlich angegriffen. Familienministerin Giffey nennt die Zahlen "alarmierend" - und geht davon aus, dass die Dunkelziffer weit höher ist. Eine bundesweite Initiative soll helfen.

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 122 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden. Insgesamt wurden mehr als 114.000 Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, Bedrohungen oder Nötigungen durch ihre Ehemänner, Partner oder Ex-Partner. Das zeigt eine Auswertung des Bundeskriminalamts (BKA) zum Thema Partnerschaftsgewalt, die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen vorlegt. Insgesamt waren demnach 140.755 Menschen von Partnerschaftsgewalt betroffen, über 81 Prozent davon Frauen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl leicht an - bei Frauen von 113.965 auf 114.393 Fälle.

Die Ministerin nannte die Zahlen "alarmierend". Jeden Tag versuche ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten, jeden dritten Tag werde der Versuch vollendet. Die Dunkelziffer sei zudem noch höher. "Die Zahlen zeigen, dass weiterhin viel zu viele Frauen unter Gewalt von ihrem Partner oder Ex-Partner leiden. Mehr als ein Mal pro Stunde wurde 2018 eine Frau in der Partnerschaft gefährlich körperverletzt."

Den BKA-Daten zufolge ist die Zahl der Tötungsfälle im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2017 zwar um 25 gesunken. Insgesamt wurden aber mehr Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt - dazu zählen Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution. Daneben gab es auch rund 26.000 Männer, die von ihren Partnerinnen oder Ex-Partnerinnen bedroht, genötigt oder angegriffen wurden. Der Trend der vergangenen Jahre, mit einem Anstieg der Fallzahlen in diesem Kriminalitätsfeld, setzt sich damit fort.

Unklar bleibt, inwiefern es sich um einen tatsächlichen Anstieg der Fälle handelt oder wie sehr ein geändertes Anzeigeverhalten der Betroffenen möglicherweise eine Rolle spielt. Denn gezählt werden können nur die Taten, die auch angezeigt werden. Nach früheren Angaben von Giffey sucht nur jedes fünfte Opfer überhaupt Hilfe. Betroffen seien tatsächlich Hunderttausende. Das Bundesfamilienministerium weist auf sogenannte Dunkelfeldstudien hin, wonach jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erlebe.

Giffey will Rechtsanspruch auf Frauenhaus

Giffey will nun eine bundesweite Initiative starten. Unter dem Titel "Stärker als Gewalt" haben sich dafür Organisationen zusammengeschlossen, die Betroffenen helfen. Es geht vor allem darum, diese Hilfsangebote bekannter zu machen und Gewaltopfer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen. Dafür wird unter anderem die Website stärker-als-gewalt.de online geschaltet. Allein der Bund plant zudem in den kommenden Jahren 120 Millionen Euro für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen in Deutschland ein.

In Deutschland gibt es etwa 350 Frauenhäuser, in die sich von häuslicher Gewalt betroffene Frauen flüchten können. Gerade in ländlichen Gebieten gäbe es aber noch weiße Flecken -- diese Lücken müssten geschlossen werden, sagte Giffey. Von Gewalt betroffene Frauen sollen nach ihrer Vorstellung in Zukunft einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus erhalten. "Das wird Zukunftsthema sein", sagte die SPD-Politikerin im ARD-"Morgenmagazin". Im Moment gebe es noch nicht genügend Plätze. "Da müssen alle ran, damit wir einen Rechtsanspruch tatsächlich auch perspektivisch schaffen können."

Quelle: ftü/dpa/AFP

Mord und TotschlagSexualisierte GewaltFrauenGewaltFranziska GiffeyHäusliche GewaltFrauenrechte