Katholiken verlangen Beurlaubung Meineidsverdacht bringt Woelki unter Druck
11.11.2022, 03:30 Uhr
"Das hat den Kardinal gar nicht interessiert": Woelki verteidigt sich mit Nichtwissen.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Eine Mitarbeiterin des Erzbistums Köln belastet Kardinal Woelki schwer. Eine Liste mit Missbrauchsfällen soll ihm bereits 2015 vorgelegen haben, während er an Eides statt versichert, davon erst 2022 erfahren zu haben. Führende Katholiken fordern eine Beurlaubung.
Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Kardinal Rainer Maria Woelki wegen mutmaßlichen Meineids mehren sich Stimmen, die eine Entscheidung über die Zukunft des Kölner Erzbischofs fordern. Die Entwicklung sei der "absolute Tiefpunkt", sagte Maria Mesrian, Sprecherin der Initiative Maria 2.0 gegenüber der "Rheinischen Post". "Der Kardinal sollte so viel Gespür für die verfahrene Situation im Bistum haben und seine Ämter vorläufig ruhen lassen", sagte sie dem Blatt.
Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es um die Frage, wann Woelki mit dem Missbrauchsfall des früheren "Sternsinger"-Chefs Winfried Pilz befasst wurde. Woelki selbst hatte erklärt, davon erst in der vierten Juni-Woche 2022 erfahren zu haben. Dem widersprach die Assistentin des früheren Personalchefs, Hildegard Dahm: Sie habe bereits 2015 für Woelki eine Liste mit den Namen von 14 Priestern erstellt, denen Missbrauch angelastet wurde. Darauf habe auch Pilz' Name gestanden.
Nach dem Termin ihres Chefs beim Kardinal habe sie ihn gefragt, was Woelki zu der Liste gesagt habe. Darauf habe dieser geantwortet: "Das hat den Kardinal überhaupt nicht interessiert." Vom "Kölner Stadt-Anzeiger" darauf hingewiesen, dass Woelki sage, er sei erst im Juni 2022 mit dem Fall Pilz befasst worden, antwortete Dahm: "Das ist nicht wahr. Mag sein, dass er sich das Blatt mit Pilz und den anderen 13 Namen nicht angeschaut hat. Aber befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit."
Erzbistum droht Mitarbeiterin mit rechtlichen Konsequenzen
Das Erzbistum Köln ging in einer am Mittwochabend veröffentlichten Stellungnahme zur Gegenoffensive über. Woelkis Sprecher sagte, er persönlich habe den Verdacht, dass der Kardinal vor seinem in der nächsten Woche anstehenden Besuch beim Papst in Rom "von interessierten Kreisen noch einmal mit uralten Geschichten, die längst geklärt sind, an den Pranger gestellt werden" solle. Gegen Dahm werde das Erzbistum arbeitsrechtliche Schritte prüfen: "Denn diese hat aus dem sensiblen Bereich der Personalführung berichtet und dafür ihre Vertrauensstellung benutzt. Das ist streng untersagt und das kann kein Arbeitgeber dulden." Inhaltlich verwies das Erzbistum darauf, dass Dahm in dem Interview selbst gesagt habe, sie sei sich nicht sicher, ob sich Woelki die von ihr erstellte Liste überhaupt angeschaut habe. Woelki habe niemals versichert, dass der Name von Pilz nicht auf einer von wem auch immer erstellten Liste gestanden habe. Vielmehr habe er versichert, dass er dessen Akte nicht gekannt habe.
Für Tim Kurzbach, Vorsitzenden des Diözesanrates, "bricht jetzt ein Kartenhaus von Unwahrheiten zusammen". Eine der "schrecklichen Erkenntnisse" sei, dass Kardinal Woelki zugebe, eine Liste mit aktiven Missbrauchstätern nicht beachtet zu haben, "nur um sich selbst zu verteidigen", beklagte er in der "Rheinischen Post". Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sagte der Zeitung: "Ein Ende mit Schrecken statt ein Schrecken ohne Ende wäre in Köln längst angeraten gewesen." Nach ihren Worten seien die jüngsten Entwicklungen in der Erzdiözese "nur ein weiterer Punkt in einer langen Reihe von verstörenden Ereignissen".
Dass die Staatsanwaltschaft gegen Woelki ermittle und eine Mitarbeiterin ihn schwer belaste, ist nach Stetter-Karps Worten "eine unerträgliche Situation, denn wir wissen alle, dass das Vertrauensband zwischen dem Kardinal und den Gläubigen in der Erzdiözese Köln seit langem überstrapaziert wird".
Quelle: ntv.de, mau