Erste Sanierungsetappe beendet Mont Blanc besser für Tunnelbrand gerüstet


Pro Tag fahren normalerweise rund 3600 Autos und 1700 Lastwagen durch den knapp zwölf Kilometer langen Mont-Blanc-Tunnel.
(Foto: picture alliance / ROPI)
Nach neunwöchigen Wartungsarbeiten ist der Mont-Blanc-Tunnel wieder voll befahrbar. Erneuert wurde unter anderem die Belüftungsanlage, die besonders im Brandfall eine wichtige Rolle spielt. Wie sicher ist der 60 Jahre alte Straßentunnel heute noch? Zwei Experten klären auf.
Neun Wochen haben sie gedauert, nun sind die Wartungen am Mont-Blanc-Tunnel beendet. Drei Tage früher als geplant, rollt der Verkehr am 15. Dezember wieder durch die rund zwölf Kilometer lange Verkehrsader. Mehr als 200 Arbeiter waren an den technischen Arbeiten beteiligt. Die Kosten für das Projekt belaufen sich laut der Betreibergesellschaft auf 20 Millionen Euro. Am 18. Dezember - dem ursprünglich festgesetzten Datum der Wiedereröffnung - soll die jährliche Sicherheitsübung stattfinden. Mehr als 130 Personen aus Italien und Frankreich werden involviert sein.

Jochen Riepe ist Vorstandsvorsitzender des 2007 in Berlin gegründeten Vereins Tunnel-Portal e.V.
(Foto: Jochen Riepe)
Wie so eine Sicherheitsübung aussehen kann, verrät Jochen Riepe im Gespräch mit ntv.de. Er ist Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Tunnel-Portal e.V. mit Sitz in Berlin. Riepe war selbst Teilnehmer mehrerer sogenannter Brandversuche und berichtet: "In dem Tunnel wird eine Art Nebel erzeugt. Das ist dann ähnlich wie in der Disco, wenn die Nebelmaschine angeht. Das gibt einem aber nur eine annähernde Vorstellung davon, was es bedeutet, wenn es im Tunnel brennt." Er habe auch Übungen erlebt, bei denen Wannen mit einem Benzin-Diesel-Gemisch entzündet werden: "Dann ist innerhalb kürzester Zeit der ganze Tunnel schwarz und man sieht die Hand vor Augen nicht mehr. Da nützen auch Schilder mit Fluchtsymbolen nicht mehr viel", so Riepe.
Verkehrsunfälle, bei denen Feuer ausbricht, stellen laut Roland Leucker von der Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen e.V. (STUVA) das größte Risiko in Tunneln dar. Besonders gefährlich seien in erster Linie allerdings nicht die Flammen selbst, sondern die Rauch- und Gasentwicklung. "Weil viele Menschen sich in ihrem Fahrzeug sicher fühlen, bleiben sie häufig darin sitzen, wo sie dann möglicherweise ersticken", erklärt er im ntv.de-Interview.
Im Brandfall nicht auf Rettung warten

Roland Leucker ist Ingenieur und Geschäftsführer der gemeinnützigen und international tätigen Forschungsgesellschaft STUVA e.V.
(Foto: Rainer Unkel)
Wenn im Straßentunnel ein Feuer ausbricht, komme es laut Leucker deshalb auf schnelles Handeln an. "Im Brandfall gilt: Das Auto sofort verlassen und so schnell wie möglich über die gekennzeichneten Notausgänge den Tunnel verlassen oder sichere Bereiche aufsuchen. Auf keinen Fall im Auto sitzen bleiben und auf Rettung warten."
Auch nach der verheerenden Feuerkatastrophe im Mont-Blanc-Tunnel 1999 habe die Feuerwehr bei den Bergungsarbeiten "viele tote Menschen in ihren Autos gefunden", erklärt Leucker. Am 24. März 1999 geriet in dem Tunnel ein LKW in Brand, 39 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Der Mont-Blanc-Tunnel wurde daraufhin für drei Jahre gesperrt.
Und was tun, wenn es im Tunnel kracht? Hierzu erklärt Leucker: "Im Falle eines Unfalls sollte man, wie auch auf der offenen Straße, den Warnblinker einschalten und, wenn möglich, aus dem Tunnel herausfahren. Ansonsten einfach rechts oder in einer Pannenbucht halten. Dann das Warndreieck aufstellen und sich selbst in Sicherheit bringen. Am besten in einen der ausgewiesenen Notausgänge oder Sicherheitsbereiche." Grundsätzlich seien Tunnel für Autofahrerinnen und Autofahrer aber sicher, da sie, anders als offene Straßen, vor Schnee und Seitenwind geschützt und ständig beleuchtet sind.
"Die Arbeit an Tunneln ist nicht ungefährlich"
Um für den Ernstfall gerüstet zu sein und um ein weiteres Branddrama wie das von 1999 zu verhindern, muss der Mont-Blanc-Tunnel regelmäßig gewartet und erneuert werden. Im Zuge der jüngsten Arbeiten wurde unter anderem die Belüftungsanlage des Tunnels ausgetauscht. "Die Ventilatoren in den Rauchabsaugkanälen von Straßentunneln können einen Durchmesser von bis zu drei Metern haben und mehrere Tonnen wiegen. Sie sind als Teile der Belüftungssysteme besonders wichtig in Brandfällen", erklärt Leucker.
Wartungen und Sanierungen an Tunnelanlagen seien durchaus nicht ungefährlich, meint Riepe. "Solche Fälle sind zwar sehr selten. Doch in Deutschland sind bei solchen Baumaßnahmen in den vergangenen Jahren auch immer wieder Arbeiter schwer verletzt worden oder sogar gestorben." Unglücke, wie zuletzt in Indien, wo 41 Arbeiter in einem eingestürzten Autobahntunnel eingeschlossen waren, seien laut Leucker allerdings "extrem selten" und würden "eher in der Bauphase auftreten, wenn überhaupt".
Lebensdauer von 130 Jahren
Übrigens: Straßentunnel sind in der Regel auf eine Lebensdauer von 100 bis 130 Jahren ausgelegt, verrät Leucker. Und was passiert, wenn sie ihr Höchstalter erreicht haben? "Dann werden sie meist weiterbetrieben", erklärt der Tunnelexperte. "Ständige Wartung und Sanierungen ermöglichen einen Weiterbetrieb auch weit über die 130-Jahre-Marke hinaus. Einige Eisenbahntunnel in Deutschland sind schon gut 180 Jahre alt und noch voll funktionstüchtig."
Damit der Mont-Blanc-Tunnel auch im hohen Alter noch von durchschnittlich 3600 Autos und 1700 Lastwagen pro Tag befahren werden kann, gehen die Wartungen in den kommenden Jahren weiter. Wie der ADAC berichtet, wird er voraussichtlich von September bis Dezember 2024 erneut gesperrt. Die eigentliche Sanierung des mautpflichtigen Tunnels soll 2025 beginnen. Auf eine Komplettsperrung über mehrere Jahre hinweg wollen die Betreibergesellschaften laut ADAC allerdings verzichten. Stattdessen müsse man mit jeweils drei- bis viermonatigen Sperren über die nächsten 18 Jahre hinweg rechnen. Nun ist der Mont-Blanc-Tunnel aber erstmal wieder befahrbar - bis zum nächsten Herbst.
Quelle: ntv.de