Einsatz für die Schwächeren Papst Leo XIV.: Gesellschaft muss den Schrei der Armen hören
09.10.2025, 16:51 Uhr Artikel anhören
Das Lehrschreiben "Dilexi Te" von Papst Leo XIV. umfasst 121 Paragrafen.
(Foto: dpa)
Eines der zentralen Anliegen von Papst Franziskus war die Inklusion der Armen. Sein Nachfolger tritt nun in seine Fußstapfen. In seinem ersten Lehrschreiben widmet sich Leo XIV. dem Thema der sozialen Ungleichheit. In einer Audienz appelliert der Pontifex zudem an Journalisten.
Papst Leo XIV. hat in seinem ersten großen Lehrschreiben den Einsatz für Arme angemahnt und Gleichgültigkeit ihnen gegenüber angeprangert. Die Gesellschaft müsse sich von ihrer Selbstbezogenheit befreien und den Schrei der Armen hören, schreibt der Pontifex in der sogenannten Apostolischen Exhortation "Dilexi te" ("Ich habe dich geliebt"), die sich explizit der Liebe für die Armen widmet.
Die Gesellschaft sei von zahlreichen Ungleichheiten geprägt. Grund dafür sei die Lebenseinstellung von vielen Menschen, die auf "Ansammlung von Reichtum und sozialen Erfolg um jeden Preis" ausgerichtet sei, heißt es in dem 121 Paragrafen starken Dokument. Dies geschehe oft auf Kosten anderer. Stärkere würden dabei begünstigt und Schwächere blieben auf der Strecke.
Leo fordert angesichts dieser Entwicklung einen Mentalitätswandel. Es brauche ein konkretes Engagement für Arme sowie eine "entschiedene und radikale Parteinahme für die Schwächsten", die von der katholischen Kirche ausgehen solle. Einer Kirche, die "arm und zusammen mit den Armen auf dem Weg ist".
Leo greift Gedanken seines Vorgängers auf
Datiert ist das Lehrschreiben auf den 4. Oktober, das Fest des Heiligen Franz von Assisi, der bekannt war für sein Engagement für die Armen. Leos im April verstorbener Vorgänger Franziskus wählte seinen Papstnamen in Anlehnung an den Gründer des Franziskanerordens. Seinem Vorbild folgend strebte der aus Argentinien stammende Franziskus eine "arme Kirche für die Armen" an. Tatsächlich ist "Dilexi te" nach den Worten von Leo eine von Franziskus vorbereitete Fortsetzung seines letzten großen Lehrschreibens "Dilexit nos" ("Er hat uns geliebt"). Leo habe dieses Projekt von seinem Vorgänger übernommen und es sich nun "unter Hinzufügung einiger Überlegungen" zu eigen gemacht, schreibt Leo, der seit vergangenen Mai im Amt ist, im Vorwort.
Entsprechend bezieht er sich in dem neuen Schreiben mehrfach auf Ausführungen von Franziskus und zitiert ihn. Er übernimmt etwa die Kritik an einer immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich sowie der "Diktatur einer Wirtschaft, die tötet". Zu oft werde darauf vertraut, dass die "unsichtbaren Kräfte des Marktes alles lösen". Doch die Würde jedes Menschen sei "jetzt und nicht erst morgen zu respektieren", so Leo.
Apostolische Exhortationen sind päpstliche Schreiben, denen eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Anders als Enzykliken richten sie sich vor allem an innerkirchliche Adressaten und haben einen geringeren Verbindlichkeitsanspruch. Eine Enzyklika gilt als wichtigstes Lehrschreiben und als Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes. Aus dem Vatikan ist zu hören, dass Leo inzwischen an seinem ersten Text dieser Art arbeitet.
Warnung vor "Kunst des Lügens" und Spaltung
Während einer Audienz vor Journalisten warnte der Pontifex - ohne Namen zu nennen - zudem vor denjenigen, die durch die "alte Kunst des Lügens spalten wollen, um durch Zwietracht zu herrschen". Zugleich hob er die Bedeutung der Medien als Schutzwall gegen gesellschaftliche Spaltung und gezielte Desinformation hervor. Medien müssten in Zeiten der Polarisierung als Bollwerk gegen solchen Machtmissbrauch wirken. Ob der erste US-amerikanische Papst diese Worte auch im Kontext der jüngsten Ereignisse in seiner Heimat unter Präsident Donald Trump wählte, war unklar. Gerade angesichts der Herausforderungen, vor der die Welt aktuell steht, brauche es "freie, fundierte und objektive Informationen".
Leo betonte zudem die Wichtigkeit, dass Journalisten vor Ort als Augenzeugen arbeiten können, um sicherzustellen, dass "Informationen nicht manipuliert werden für Zwecke, die der Wahrheit und der menschlichen Würde entgegenstehen". Er kritisierte zudem die Machtkonzentration von Tech-Konzernen. Algorithmen generierten Inhalte und Daten so schnell und so viel wie noch nie zuvor. "Wer aber kontrolliert diese", sagte Leo. Künstliche Intelligenz (KI) verändere die Art, wie Menschen Informationen erhalten und kommunizieren, "wer aber steuert diese und zu welchem Zweck?". Der Papst nannte keine konkreten Unternehmen, die meisten erfolgreichen KI-Firmen stammen aus den USA.
Für Leo ist das Thema Künstliche Intelligenz eines der wichtigsten Themen, mit denen die Menschheit konfrontiert ist. Dies sagte er bereits mehrfach bei öffentlichen Auftritten. So nannte er KI eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre "für die Verteidigung der Menschenwürde, der Gerechtigkeit und der Arbeit". Er signalisierte bereits, die Reformen seines Vorgängers Franziskus als neuer Papst fortsetzen zu wollen.
Quelle: ntv.de, lar/dpa