Aussagekraft der Daten fraglich RKI: Sinkende Inzidenz, aber hohe Infektionsgefahr
09.12.2021, 22:21 Uhr
Die täglich gemeldeten Neuinfektionen gehen zwar zurück - das Robert-Koch-Institut nennt die aktuelle Entwicklung aber nach wie vor "sehr besorgniserregend". Deshalb müssten unbedingt weiter Kontakte reduziert werden. Auch für den Fall, dass die Omikron-Variante sich ausbreitet.
Trotz eines leichten Rückgangs der wöchentlich gemeldeten Corona-Neuinfektionen rät das Robert-Koch-Institut (RKI) zu stärkeren Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie. Die hohe Infektionsgefahr bleibe angesichts der großen Fallzahl weiter bestehen, schreibt das RKI in seinem Wochenbericht. In der ersten Dezemberwoche (29. November bis 5. Dezember) sei die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner um vier Prozent niedriger gewesen als in der Woche zuvor.
"Der leichte Rückgang der 7-Tage-Inzidenz könnte ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein", schreibt das RKI. Auch aus anderen Datensystemen kämen vergleichbare Signale. Der Anteil positiver getesteter PCR-Proben habe sich in der Woche nicht weiter erhöht. Das RKI schränkt die Aussagekraft der Daten jedoch nach wie vor ein: "Trotzdem können weiterhin regional überlastete Kapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst und regional erschöpfte Laborkapazitäten zu einer Untererfassung von Fällen führen."
Von der neuen, als besorgniserregend eingestuften Variante Omikron seien bis 7. Dezember in Deutschland 28 Fälle durch Genomsequenzierung nachgewiesen worden (bis 1. Dezember waren es 4). Bei 36 weiteren Fällen bestehe aufgrund eines spezifischen PCR-Tests der Verdacht darauf. Von den besagten 64 Fällen wurden 44 in der Kalenderwoche 48 nachgewiesen. "Keine Patientin und kein Patient aus dieser Gruppe wurde bisher hospitalisiert oder ist verstorben", schreibt das RKI. Die von einzelnen Betroffenen angegebenen Symptome waren eher mild. Am häufigsten seien Schnupfen, Halsschmerzen und Husten aufgezählt worden.
23 der 64 Fälle hätten sich den RKI-Erkenntnissen zufolge im Ausland angesteckt. "Zwei Patientinnen und Patienten waren ungeimpft, 34 waren vollständig geimpft, für fünf von 34 war eine Auffrischimpfung angegeben." Generell könne das Risiko durch die Omikron-Mutante noch nicht abschließend eingeschätzt werden. Dafür fehlten noch Daten.
Kinder und Jugendliche am stärksten von Infektionen betroffen
Die aktuelle Entwicklung sei insgesamt weiter "sehr besorgniserregend", heißt in dem Bericht. "Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten kann die Situation verbessert werden", schreibt das RKI. "Eine maximale Reduktion der Übertragungsraten ist auch notwendig, um die zu erwartende Ausbreitung der Omikron-Variante zu verlangsamen."
Grundsätzlich sollten laut RKI alle Menschen - auch Geimpfte und Genesene - nicht notwendige Kontakte reduzieren und Reisen vermeiden. "Insbesondere vor Kontakt zu besonders gefährdeten Personen sollte ein vollständiger Impfschutz vorliegen und ein Test gemacht werden." Den Daten zufolge sind Kinder und Jugendliche weiterhin am stärksten von Ansteckungen betroffen. Sie tragen laut RKI mit Inzidenzen von über 900 beziehungsweise 1000 in den Altersgruppen der 5- bis 9- und 10- bis 14-Jährigen zu einem "hohen Infektionsdruck" bei.
Die Folge: Auch Menschen in höheren Altersgruppen und vulnerablen Gruppen sind Sars-CoV-2 vermehrt ausgesetzt. Das ziehe einen weiteren Anstieg der schweren Krankheitsverläufe und der Todesfälle nach sich und mache das Auftreten von Impfdurchbrüchen wahrscheinlicher, heißt es in dem Wochenbericht. Das Risiko einer schweren Erkrankung steige bereits bei den über 50-Jährigen gegenüber jüngeren Erwachsenen deutlich an. Die mit Abstand höchste Inzidenz von 47 hospitalisierten Fällen pro 100.000 Einwohnern wurde laut RKI bisher in Meldewoche (MW) 46 in der Altersgruppe der über 80-Jährigen registriert, gefolgt von der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen.
Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung intensivmedizinisch behandelt werden müssen, ist in den vergangenen Wochen kontinuierlich angestiegen. Den Angaben aus dem DIVI-Intensivregister zufolge werden aktuell 4943 infizierte Personen auf deutschen Intensivstationen versorgt. 2723 von ihnen müssen invasiv beatmet werden. Die Zahl der freien Intensivbetten nahm zuletzt ab. Aktuell liegt sie bei 2948. Das entspricht einem Anteil von 11,8 Prozent an allen Intensivbetten.
Das RKI rechnet auch in den kommenden Tagen mit einer Zunahme der Krankenhausaufnahmen. Da einige Kliniken in besonders stark betroffenen Regionen bereits überlastet sind, müssen Patientinnen und Patienten in andere Gebiete verlegt werden. Es wurden dem Bericht zufolge bereits mindestens 93 Erkrankte über Bundeslandgrenzen hinaus anhand des Kleeblattkonzeptes verlegt.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa