Airbnb plant Kampf im Kolosseum Rom streitet über die Rückkehr der Gladiatoren


Ein Wahrzeichen des antiken Roms und der heutigen Hauptstadt der italienischen Republik gleichermaßen: das Kolosseum.
(Foto: picture alliance / Goldmann)
Die amerikanische Buchungsplattform Airbnb will in der italienischen Hauptstadt ein besonderes Event abhalten. Als Gladiatoren verkleidete Touristen sollen im weltberühmten Kolosseum kämpfen dürfen. Dessen Hüter freuen sich auf Zusatzeinnahmen. Anwohner des Amphitheaters sind dagegen skeptisch.
Wer ein Faible für das Alte Rom hat, etwa für Gladiatorenkämpfe, sollte die Reise- und Buchungsplattform Airbnb im Auge behalten. Mit etwas Glück könnte man nämlich einer der 16 Gäste sein, die am 7. oder 8. Mai 2025 an so einem Kampf teilnehmen dürfen. Aber nicht irgendwo. Der Kampf- und Schauplatz wäre in diesem Fall nämlich das Kolosseum selbst. Genau der Ort, wo einst vor allem Sklaven und Kriegsgefangene um ihr Leben kämpften. Am Ende war es das Volk, das mit einfacher Handgeste über ihr Schicksal entschied: Der gesenkte Daumen bedeutete den Tod, der gehobene rettete das Leben.
Natürlich wird sich bei den jetzt angesagten Kämpfen niemand schwer verletzen, alles soll harmlos vonstattengehen. Aber mit etwas Vorstellungskraft kann man sich vielleicht doch in die Welt von damals hineinfantasieren. Zusätzlich befeuern könnte die Faszination für antike Kämpfer der gerade in den Kinos laufende Film "Gladiator II". Auch dieser trägt die Handschrift des preisgekrönten Regisseurs Ridley Scott. Sein erster "Gladiator" aus dem Jahr 2000 war ein Kassenschlager, wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet, mit einem einmaligen Russell Crowe in der Hauptrolle des Maximus Decimus Meridius.
Gladiatorenkampf wird Marketingknüller
Könnten sich die Alten Römer ihrerseits in unsere zunehmend immaterielle und super digitalisierte Welt versetzen, wären sie wohl verblüfft, zu sehen, dass Gladiatorenkämpfe auch heute noch ein Renner sind, mit dem sich Geld verdienen lässt. Zumindest vermutet und erhofft sich das Airbnb. Denn es steckt wahrscheinlich mehr Vermarktung als Wohltätigkeit hinter der 1,5 Millionen Dollar teuren Aktion. Das Geld soll in das Projekt "Das Kolosseum erzählt sich" fließen. Die bloße Besichtigung des Amphitheaters soll ein Erlebnis werden. Die mit dem Erhalt des größten und bekanntesten Amphitheaters der Welt beauftragte Institution, der Archäologische Park des Kolosseums, hat in das Vorhaben von Airbnb erfreut eingewilligt.
Wie die Tageszeitung "Corriere della Sera" berichtete, kooperiert Airbnb zur Umsetzung der Gladiatorenkämpfe mit den Vereinen Ars Dimicandi und Gruppo Storico Romano. Beide Vereine pflegen Geschichte und Tradition des Alten Roms und bieten außerdem Gladiatoren-Kurse an. In den Pressemitteilungen heißt es, die Darstellung der historischen Kämpfe werde detailgetreu rekonstruiert, auch in der verwendeten Sprache.
Alfonsina Russo, Direktorin des Archäologischen Parks des Kolosseum, äußerte sich zu dem Projekt folgendermaßen: "Das Kolosseum löst mit seiner imposanten Architektur in den Besuchern noch immer starke Gefühle und Reaktionen aus. (...) Gefühle und Reaktionen, die durch die Rekonstruktion der Gladiatorenkämpfe verstärkt werden." Die Begeisterung ist einerseits verständlich, andererseits stimmt sie auch ein wenig nachdenklich. Die historischen Vorbilder mussten schließlich unfreiwillig töten, ungefragt um ihr Leben bangen und zur Unterhaltung der Massen fürchterliche Qualen erleiden.
Das Kolosseum ist kein Rummelplatz
Wenig begeistert von den geplanten Schaukämpfen sind vor allem die Anrainer des Amphitheaters. Das Kolosseum sei doch "kein Disneyland", monieren die Anwohner. Auch wird auf den "seichten kulturellen Wert" eines solchen Vorhabens hingewiesen, das dem Ruf des UNESCO-Weltkulturerbes schaden könne. Die Römerinnen und Römer stünden ohnehin schon unter einem beinahe unerträglichen Druck, heben die Gegner des Vorhabens hervor. Und zwar nicht zuletzt wegen Plattformen wie Airbnb: Immer mehr Römer würden aus der Stadt vertrieben, um den Kurzzeitmietern Platz zu machen, lautet die Klage. Das verzerre auch das Bild der Ewigen Stadt: Denn was, bitte, ist Rom ohne Römer?
Mittlerweile hat sich auch die Stadtverwaltung zu Wort gemeldet. Sie besteht aus einer Mitte-Links-Koalition und der Bürgermeister ist der ehemalige Finanzminister Roberto Gualtieri. Der römische Stadtrat für Kultur, Massimiliano Smeriglio, hat dem Verwaltungsgremium von Airbnb ein Schreiben geschickt, in dem es heißt, man verstehe die Notwendigkeit der Intendanz, die bis dato lobenswerte Arbeit zur Erhaltung und Restaurierung des Kolosseums auszubauen. Doch die Idee, Touristen als Gladiatoren im Kolosseum auftreten zu lassen, treibe nur die Kommerzialisierung und den Konsum von Kulturgut voran. Smeriglio bat daher Airbnb, den vorgesehenen Betrag von 1,5 Millionen Dollar in das Kolosseum zu investieren, aber von der Idee kämpfender Gladiatoren-Touristen abzusehen.
Bis zum geplanten Schaukampf am 7. Mai 2025 ist noch Zeit. Bis dahin könnten die Karten noch einmal neu gemischt werden, wie ein prominenter Präzedenzfall zeigt: Im Sommer 2023 hieß es, die Tech-Milliardäre Elon Musk und Mark Zuckerberg wollten im Kolosseum einen Freikörperkampf austragen. Anfangs gab der damalige Kulturminister Gennaro Sangiuliano seine Einwilligung. Doch der Druck war so groß, dass er am Ende zurückruderte und sagte, das Kolosseum habe nie dafür zur Verfügung gestanden. Geld könne nämlich auch nicht alles kaufen.
Quelle: ntv.de