Panorama

Einsatz vor Ende der TestphaseRussland startet mit umstrittenen Impfungen

01.09.2020, 18:01 Uhr
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Wladimir Putin lässt ausgesuchte Untertanen in Kürze impfen. (Foto: picture alliance/dpa)

Im August verkündet Russland die Finalisierung eines Impfstoffs gegen das Corona-Virus. Nun stehen die ersten Impfungen unmittelbar bevor - noch bevor die finale Testphase abgeschlossen ist.

Nach der schnellen Registrierung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus soll in Russland bereits in dieser Woche mit ersten Impfungen begonnen werden. Das sagte der Direktor des Gamaleja-Forschungszentrums für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau, Alexander Ginzburg, der Agentur Interfax. Sein Institut hatte das Vakzin entwickelt. "Alles läuft nach Plan." Demnach sollen sich am nächsten Samstag in der Hauptstadt Moskau die ersten Freiwilligen impfen lassen. Die Teilnehmer der dritten Testphase sollten bis dahin noch einmal überprüft werden, sagte er. Wie viele es sein werden, sagte Ginzburg zunächst nicht.

Der russische Impfstoff mit dem Namen "Sputnik V" wurde vor drei Wochen für eine breite Anwendung in der Bevölkerung registriert. Diese Genehmigung erfolgte, bevor die wichtige Testphase III überhaupt begonnen hatte. Erst in dieser Phase wird gewöhnlich an sehr vielen Teilnehmern überprüft, ob und wie gut ein Wirkstoff tatsächlich vor einer Infektion schützt und welche Nebenwirkungen auftreten.

Das Vorgehen Moskaus löste international viel Kritik aus. Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin hatte zuvor in einem Aufruf gesagt, dass 40.000 Freiwillige in Europas größter Metropole für die Tests gesucht würden. Die Moskauer hätten "die einmalige Gelegenheit", über eine Teilnahme dazu beizutragen, das Coronavirus zu besiegen, schrieb Sobjanin. Parallel zu den Tests sollen bereits Ärzte und Lehrer geimpft werden.

Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, hatte in den Tagesthemen das Vorgehen Russlands kritisiert. "Wenn es so ist, dass dieser Impfstoff nur vorgesehen würde für eine ausgewählte Gruppe mit besonders hohem Risiko, […] dann könnte man sagen: Okay, eventuell müssen noch weitere Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten erhoben werden, aber man zieht die Zulassung für diese Personengruppe vor. Das ist in diesem Fall wohl nicht der Fall. Für größere Anwendungen würde ich diesen Impfstoff - nach der bisherigen Datenlagen, die wir kennen - nicht empfehlen."

In Russland haben sich seit Beginn der Pandemie bereits mehr als eine Million Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Es wird wie in anderen Ländern auch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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