Piks für Gesunde möglich STIKO empfiehlt Kinder-Impfung bei Vorerkrankung
09.12.2021, 15:16 Uhr
Für Kinder empfohlen wird das Vakzin von Biontech und Pfizer.
(Foto: Tobias Hase/dpa/Symbolbild)
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Schutzimpfung mit Biontech/Pfizer zunächst nur für Fünf- bis Elfjährige mit Vorerkrankung. Für eine allgemeine Empfehlung in dieser Altersgruppe gibt es noch nicht genügend Daten, heißt es.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt den Covid-19-Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige von Biontech und Pfizer zunächst nur für Kinder mit Vorerkrankungen. Bei individuellem Wunsch könnten aber auch Kinder ohne Vorerkrankung nach entsprechender ärztlicher Aufklärung geimpft werden, teilte die beim Robert-Koch-Institut angesiedelte STIKO mit. Die Impfempfehlung gelte für Kinder mit verschiedenen Vorerkrankungen sowie für solche, in deren Umfeld sich Personen mit dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs befänden, die selbst nicht durch eine Impfung geschützt werden könnten.
Der Vorsitzende der STIKO begründete die eingeschränkte Impfempfehlung für Fünf- bis Elfjährige mit fehlenden Daten. "Die Datengrundlage für eine generelle Empfehlung ist im Augenblick aus Sicht der STIKO nicht gegeben", sagte der Virologe Thomas Mertens. "Es gibt zwar keinen direkten Hinweis auf ein Risiko der Impfung in dieser Altersgruppe, aber es gibt eben auch keine ausreichend sichere Datenbasis, um die Sicherheit abschließend zu bewerten." Die Zulassungsstudie für den geringer dosierten Kinder-Impfstoff sei viel zu klein gewesen, um sehr seltene Nebenwirkungen auszuschließen.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte Ende November grünes Licht für den Einsatz des Impfstoffs bei Kindern gegeben. Bei der EU-Zulassung des Vakzins ab zwölf Jahren im Mai hatte die STIKO zunächst ebenfalls nur Impfungen von Jugendlichen mit Vorerkrankungen empfohlen. Die Empfehlung für alle Kinder ab zwölf Jahren folgte erst im August. Die STIKO wies nun darauf hin, dass die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Fünf- bis Elfjährigen zwar sehr hoch sei, sodass man davon ausgehen müsse, dass sich ein Großteil dieser Altersgruppe mittelfristig infizieren werde. Die meisten Infektionen verliefen aber asymptomatisch und es bestehe für gesunde Kinder nur ein geringes Risiko für eine schwere Covid-Erkrankung.
Deutschland bekommt am Montag 2,4 Millionen Dosen
Sobald weitere Daten zur Sicherheit des Vakzins in dieser Altersgruppe vorlägen, wird die STIKO ihre Empfehlung gegebenenfalls anpassen. "Letztendlich hat man als Elternteil nur die Wahl zwischen Impfung oder Infektion, weil die Kinder aktuell die höchsten Inzidenzen haben und mit Omikron wird das wahrscheinlich noch einmal schlimmer", sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. "Das Risiko durch Covid-19 für Kinder ist sehr gering, aber es ist auch nicht Null und das Risiko durch die Impfung ist noch geringer. Daher verstehe ich nicht, wie man sagen kann, die Impfung für alle Kinder muss nicht sein." Die STIKO arbeite sehr evidenzbasiert, was normalerweise sehr sinnvoll sei. "Aber das führt aktuell dazu, dass sie häufig hinterherhinkt."
Deutschland und die anderen EU-Länder sollen den Kinderimpfstoff von Biontech/Pfizer am Montag erhalten. Das Bundesgesundheitsministerium hatte erklärt, Deutschland bekomme dann 2,4 Millionen Dosen auf einen Schlag, weitere Lieferungen soll es 2022 geben. In Deutschland gibt es etwa 4,5 Millionen Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren. In der Altersgruppe von 12 bis 17 Jahren sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bislang 47,9 Prozent vollständig geimpft. Die Impfung für Kinder enthält ein Drittel einer Erwachsenen-Dosis und wird ebenfalls zweimal im Abstand von drei Wochen in den Oberarm verimpft.
Mertens hatte zuletzt mit seinen Aussagen zu Covid-Impfungen für Kinder Kritik auf sich gezogen. In einem Podcast der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte er gesagt, wenn er ein sieben oder acht Jahre altes Kind hätte, würde er es angesichts fehlender Daten zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich nicht impfen lassen. Jenseits der Daten aus der Zulassungsstudie gebe es "keinerlei Daten" über die Verträglichkeit des Impfstoffs in der Gruppe der Fünf- bis Elfjährigen. Der Kinderärzteverband warnte darauf davor, Ängste zu schüren. Auf die Empfehlung der STIKO für Impfungen bei unter Zwölfjährigen wurde mit Spannung gewartet. Viele Kinderärzte warten darauf, bevor sie ihre Patienten impfen.
1,86 Millionen US-Kinder vollständig geimpft
Die EMA erklärte, bisher gebe es keine Sicherheitsbedenken aus der Impfkampagne für Kinder in den USA. Dort haben nach der Zulassung durch die Arzneimittelbehörde FDA Ende Oktober unter den Fünf- bis Elfjährigen bisher rund fünf Millionen Kinder eine Impfdosis erhalten, vollständig geimpft sind 1,86 Millionen. Die Weltgesundheitsbehörde WHO hatte erklärt, der Fokus bei Impfungen solle auf Ungeimpften und Hochrisikogruppen liegen. Da Kinder und Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen in der Regel mildere Krankheitsverläufe aufwiesen, sei es weniger dringlich, sie zu impfen, es sei denn, sie gehörten zu einer Gruppe mit einem höheren Risiko für schwere Covid-Erkrankungen.
Nach Daten des Robert-Koch-Instituts ist in Deutschland die Sieben-Tage-Inzidenz in der Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen derzeit mit 905,6 immer noch mit Abstand am höchsten, gefolgt von den 15- bis 34-Jährigen mit einer Inzidenz von 466,8. Insgesamt sank die Inzidenz zuletzt auf 422,3.
Quelle: ntv.de, lve/dpa/rts