Panorama

Erster Tag im Tuğçe-Prozess Sanel M. bedauert unter Tränen

Sanel M. sagte zum Prozessauftakt aus und entschuldigte sich bei Tuğçes Familie.

Sanel M. sagte zum Prozessauftakt aus und entschuldigte sich bei Tuğçes Familie.

(Foto: REUTERS)

Beim Prozessauftakt in Darmstadt entschuldigt sich der Angeklagte bei der Familie von Tuğçe Albayrak. Er habe "niemals mit ihrem Tod gerechnet", erklärt der 18-jährige Sanel M. Der Anwalt der Familie hält das für Phrasen.

Am ersten Prozesstag um den tödlichen Angriff auf die Studentin Tuğçe Albayrak ringt der 18-jährige Angeklagte um Worte. "Es tut mir unendlich leid, was ich getan habe", sagte Sanel M. vor dem Landgericht Darmstadt. "Ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich der Familie für Leid und Schmerzen angetan habe". Er räumte ein, Tuğçe "eine Ohrfeige" gegeben zu haben, so dass sie hingefallen sei. "Ich habe niemals mit ihrem Tod gerechnet", sagte Sanel M.

Sanel M. ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Er soll die 22-Jährige Mitte November auf einem Parkplatz vor einem Schnellrestaurant in Offenbach mit der flachen Hand so geschlagen haben, dass sie stürzte und ins Koma fiel, aus dem sie nicht mehr erwachte. Tuğçes Tod löste bundesweit Anteilnahme aus. Vor allem ihre Zivilcourage wurde gewürdigt, weil sie zuvor in einen Streit zwischen der Gruppe um Sanel M. und zwei jungen Mädchen eingeschritten sein soll.

Der Anwalt der Familie, Macit Karaahmetoglu, zweifelte nach der Äußerung von Sanel M. an der Aufrichtigkeit des Angeklagten. Der 18-Jährige habe sich nicht mit der Tat auseinandergesetzt. "Es waren floskelhafte Sätze." Oberstaatsanwalt Alexander Homm vertrat eine andere Auffassung: "Die Aussage war von Emotionen und erkennbarer Reue geprägt."

Familie "aus der Bahn geworfen"

Neben ihren Eltern und zwei Brüdern sind auch die Großeltern gekommen. Sie trugen T-Shirts mit einem Bild ihrer Enkelin. Die Familie tritt als Nebenklärger auf. Einer von Tuğçes Brüdern sagte als Zeuge, der gewaltsame Tod seiner Schwester habe die Familie "total aus der Bahn geworfen". Die Schockstarre sei inzwischen vorüber. "Wir sind jetzt in der Realisierungsphase. Die ist noch schlimmer", erklärte der 25-Jährige. 

Er habe an der Uni ein Urlaubssemester genommen, seine Eltern könnten noch nicht wieder arbeiten. Seine Schwester beschrieb er als "lebensfrohen Menschen", die "sehr hilfsbereit" gewesen sei. "Ihr Gerechtigkeitsempfinden war sehr hoch", sagte Dogus Albayrak. Eigentlich sollte vor Gericht

Die Kammer will am Nachmittag zwei junge Mädchen als Zeugen hören. Die Studentin soll ihnen vor dem tödlichen Schlag geholfen haben, als die beiden von dem Angeklagten und seinen Begleitern in der Damentoilette des Fast-Food-Lokals belästigt worden sein sollen. Um die Mädchen zu schützen, soll dafür die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

Für den Prozess hat die Jugendkammer des Landgerichts zehn Verhandlungstage geplant. Etwa 60 Zeugen und zwei Sachverständige sollen gehört werden. Ein Urteil wird für Mitte Juni erwartet.

Quelle: ntv.de, nsc/AFP/dpa

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