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Romantische Auszeit So nimmt man den Sex mit in den Urlaub

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Urlaub, das kann mehr Zeit und Lust für Sex bedeuten, muss es aber nicht.

Urlaub, das kann mehr Zeit und Lust für Sex bedeuten, muss es aber nicht.

(Foto: IMAGO/Zoonar II)

Laut Umfragen steigt das Streitpotenzial zwischen Paaren im Urlaub enorm. Doch die Zeit zu zweit kann auch zu mehr Nähe verhelfen. Mit einigen Tipps lassen sich die Krisen vermeiden - auch im Bett, wie eine Psychologin weiß.

In Venedig mit einer Gondel die Kanäle entlangfahren, in Paris ein Abendessen vor der Kulisse des Eiffelturms oder auf den Malediven einen eigenen Bungalow für sich - romantische Vorstellungen von Urlaub zu zweit gibt es genügend. Doch manchmal sieht die Realität eben auch so aus: Einer der Partner trinkt zu viel, der andere trödelt ständig oder sitzt lieber gemütlich im Café, als den nächsten Berg zu erklimmen. Und plötzlich ist das Gespräch beim gemeinsamen Frühstück unterkühlt, man schweigt sich an und würde den Tag am liebsten alleine verbringen.

Diese Zerreißprobe kennen viele, denn laut einer Umfrage von Statista im Jahr 2018 hatte ein Drittel der Paare einen größeren Streit im Urlaub. Manche Statistiken sprechen sogar von zwei Dritteln, die im Urlaub häufiger streiten als im Alltag. Dabei könnte gerade Urlaub zu zweit oder auch mit der Familie so erholsam sein, dass man Kraft und Energie für das Leben zu Hause findet und sich wieder mehr für den Partner oder die Partnerin interessiert. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage zeigt dies: Jeder Zehnte gab an, sich im Urlaub neu in den Partner verliebt zu haben. Genauso viele berichten davon, neuen Schwung ins Sexleben gebracht zu haben.

Deshalb freuen sich die meisten auch auf eine entspannte Zeit mit dem Partner oder der Partnerin, doch vor Ort ist es plötzlich anstrengend. "Im Urlaub gibt es meist weniger Ablenkungen durch Arbeit, Freundschaften oder Alltagsaufgaben. Man sitzt quasi mehr aufeinander und ist dadurch intensiver den Eigenheiten und Verhaltensweisen der anderen Person ausgesetzt", erklärt Amouk Algermissen. Sie ist Psychologin und Paartherapeutin mit eigener Praxis in Bonn.

Die schönste Zeit des Jahres?

Durch mehr gemeinsame Zeit fokussiert man den Partner mehr - und eben auch die Dinge, die nicht so gut passen. "Dies kann Emotionen hervorholen, die zu Streit führen können", sagt die Psychologin. Denn durch die gemeinsame Zeit prallen oftmals auch unterschiedliche Ansichten zur Gestaltung und dem Budget aufeinander. Findet man dann keinen Kompromiss, kippt die Stimmung. Das zeigt, dass eine sorgfältige Planung und offene Kommunikation vor und während des Urlaubs entscheidend sind, um Konflikte zu minimieren.

Gerade Erwartungshaltungen können schnell dazu führen, dass Spannungen entstehen. Wer erwartet, dass die Auszeit von Anfang bis Ende entspannt ist, muss sich der bitteren Wahrheit stellen: Planungen im Vorfeld können Zeit rauben, bei der Hin- oder Rückreise kann es zu Komplikationen kommen, wie etwa Stau oder gestrichene Flüge, und auch die Unterkunft ist vielleicht nicht so gut ausgestattet wie erwartet. Experten raten dazu, bereits vor der Buchung darüber zu sprechen, wie man sich den Urlaub vorstellt. Wichtig zu wissen ist: An welchen Ort möchte das Paar reisen, wie wollen sie dort wohnen, wie den Tag gestalten und was passiert, wenn manche Wünsche nicht in Erfüllung gehen, wenn es also auf einem Städtetrip mal regnet oder man wegen starker Wellen nicht ins Meer kann? Je konkreter die Vorstellungen sind, desto leichter fällt am Ende auch die Planung und der Umgang mit unerfüllten Wünschen. Wer erkennt, dass Erwartungen nicht immer in Erfüllung gehen, befreit sich vom inneren Druck.

Durch Urlaubsplanungen gerät auch das Thema Finanzen in den Vordergrund, denn schnell ist man neben den Kosten für die Unterkunft auch über der Grenze, die für gewöhnlich im Alltag gilt. Stimmen die Vorstellungen über das Budget nicht überein, kann auch dies zu Konflikten führen. Gerade Paare mit gemeinsamem Konto sollten klare Absprachen führen, wie viel Geld für Unterkunft, Verpflegung, Aktivitäten und Souvenirs ausgegeben werden kann. Hier ist es wichtig, unterschiedliche Freiräume zuzugestehen. Während einer lieber mehr Geld für guten Wein ausgibt, kauft der andere lieber Mitbringsel für zu Hause. Bevormundungen und mögliche Androhungen dagegen steigern das Aggressionspotenzial bei den meisten.

Nicht alles zusammen machen

Wer sich endlich im persönlichen Urlaubsparadies wiederfindet, stößt spätestens hier auf Konfliktpotenzial, denn plötzlich ist da so viel Zeit, die gemeinsam verbracht werden will. Manche füllen diese gerne mit Freizeitaktivitäten, spielen Volleyball am Strand oder wandern für mehrere Stunden auf einen Gipfel. Andere dagegen liegen lieber am Pool und machen einfach mal nichts.

Da Entspannung für jeden Menschen anders funktioniert, hilft es, dies auch anzuerkennen und beim Partner mal nachzufragen, wie es bei ihm genau ist.

Das empfiehlt die Paartherapeutin Algermissen: "Vielleicht möchte jemand direkt nach dem Frühstück schon los, während es für die andere Person essenziell zur Entspannung beiträgt, erst einmal noch ein paar Seiten gemütlich zu lesen. Solche Dinge kann man vorher abklären." Den Tag gemeinsam zu planen bedeutet aber nicht, von morgens bis abends zu wissen, was ansteht. Manche wünschen sich auch Raum für Flexibilität, um spontanen Möglichkeiten nachzugehen, andere wollen zumindest einen Ankerpunkt, wie etwa eine fixe Frühstücks- oder Abendessenszeit.

Essenziell sei es laut Paartherapeutin auch, für eine gute Verbindung zu sorgen, was aber nicht bedeutet, dass man jede Minute miteinander verbringen muss. Viele Paare unterschätzen, dass Urlaub auch sehr anstrengend sein kann, weil man sich dem Gegenüber nicht so leicht entziehen kann. Dabei ist es völlig normal, auch mal alleine mit sich und seinen Gedanken beschäftigt zu sein - immerhin bietet der Urlaub auch Zeit, Dinge im Alltag zu reflektieren oder sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Bewusst Zeit getrennt zu verbringen kann der Stimmung förderlich sein und bedeutet nicht, dass ein Paar nicht funktioniert - im Gegenteil. Wer einige Stunden einer Aktivität alleine nachgeht, freut sich darauf, beim Abendessen wieder mit der Liebsten zusammenzusitzen. Und wer am Pool auch mal mit Fremden spricht, genießt die Vertrautheit mit der besseren Hälfte wieder mehr.

Dennoch können Paare den Urlaub auch nutzen, um Zweisamkeit wieder aufleben zu lassen, für die es im Alltag vielleicht nicht viel Platz gibt. "Zweisamkeit ist sehr wichtig, um immer wieder die Verbindung zwischen einander zu spüren. Wenn es mit Kindern dazu wenig Zeit gibt, rate ich Eltern dazu, Mikromomente zu finden, die ihre Nähe fördern. Zum Beispiel, sich kurz über den Rücken streichen, eine Umarmung oder eine liebevolle Geste", sagt Psychologin Algermissen. Denn das könne schon viel bewirken.

Lust entsteht aus Nähe

Zweisamkeit bedeutet jedoch nicht, dass es danach sofort im Bett weitergeht - auch wenn sich manche Partner dies von einem Urlaub erhoffen, wenn die Verpflichtungen und langweiligen Routinen des Alltags plötzlich entfallen. Bei manchen führt diese Entspannung zu mehr Lust, andere wiederum spüren, was von ihnen erwartet wird. "Erwartungen können auch eine Form des Drucks sein, die die Lust weniger werden lässt. Wenn man merkt, dass das Gegenüber davon ausgeht, dass jetzt alles anders wird, kann es zu einer Trotzreaktion und innerem Widerstand kommen", erklärt die Paartherapeutin.

Entgegen der Annahme, dass mehr Zeit zusammen auch mehr Lust bedeutet, empfiehlt Algermissen, eher auf emotionale Nähe zu setzen. "Wenn diese nicht aufgebaut wurde, obwohl mehr Zeit und Entspannung vorhanden ist, kann das auch dazu führen, dass jemand abblockt." Neben der emotionalen Nähe und entspannter Zeit gebe es aber auch noch andere Faktoren, die Paare berücksichtigen sollten. "Die Dinge, die Lust und Leidenschaft verhindern oder begünstigen, sind sehr individuell. Jeder, der ein erfülltes Sexleben haben möchte, sollte sich die Frage stellen, welche Faktoren dazu beitragen und welche hemmen", sagt Algermissen.

Wer im Urlaub dagegen mehr Sex hat, gerade weil der Alltag wegfällt, kann versuchen, diese Erkenntnis auf das Leben zu Hause anzuwenden. Die Paartherapeutin empfiehlt, im Alltag beispielsweise alle Aufgaben für den Tag zu erledigen, damit einen danach nichts mehr stresst und man den Kopf frei für Entspannung hat. Paare könnten sich auch gemeinsam bestimmte Zeiten am Tag oder in der Woche freihalten und sollten nicht jede Minute verplanen. "Natürlich wird das nicht zu 100 Prozent den gleichen Effekt haben wie im Urlaub. Dennoch lassen sich viele Dinge auch in den Alltag übertragen, wenn man sich damit auseinandersetzt", sagt Algermissen.

Nicht zuletzt bieten Urlaube Paaren auch die Möglichkeit, sich ihrer Unterschiede bewusst zu werden und sich den Konflikten zu stellen - auch das lässt sich für den Alltag mitnehmen. Denn selbst wenn Paare gemeinsam nach Hause fliegen, obwohl die Zeit wahrlich nicht so harmonisch verlief wie erhofft, wissen sie, dass auch diese Erfahrung die Beziehung nicht erschüttert hat.

Quelle: ntv.de

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