
Maria hätte es beim Papst vermutlich nicht leicht gehabt, so als Frau.
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Während die einen an den Genderstern und das Anhängen von "-innen" an die Mehrzahl glauben, glaubt der Heilige Vater an den Weihnachtsstern und an Männer als die einzig wahren Heilsbringer. Kein Wunder, dass die Heilige Annalena dagegen protestiert.
Um Gottes willen, hochverehrte Maria, so sehr ich Ihre Leistung schätze, einen Jungen auf die Welt zu befördern - was haben Sie sich nur dabei gedacht, den Messias zu gebären? Sie haben uns mit Ihrer jungfräulichen Heldentat einige Religionskriege, das Weihnachtsfest mit seinen Familienzusammenkünften, übervollen Zügen und Mägen sowie glatt gezogene Märchen in der ARD - Triggerwarnung: "Enthält explizite Anspielungen auf körperliche, seelische oder sexualisierte Gewalt durch einen Wolf" - und "Last Christmas" beschert, um nur einige Dinge zu nennen, die für einen intellektuellen Miesepeter wie mich eine Herausforderung sind, vom Geschenkeeinkaufsstress ganz abzusehen.
Statt "Jingle Bells" und anderem liedhaften Tünkram hört ein schwer vergeistigter Sozialeremit, wie ich es bin, Arcangelo Corellis Concerto grosso "Fatto per la notte di Natale" rauf und runter, jedes Mal neu fasziniert, dass Menschen nicht nur Kanonen und Atombomben, Unheil und Kummer schaffen können. Ach, die Welt könnte doch so schön sein, hätten nur die Corellis das Sagen und Singen. Das Konzert "gemacht für den Heiligabend" ist eine der wunderbarsten Kompositionen überhaupt - hören Sie es sich einfach mal an. Das Ende feiert die Geburt des oben erwähnten Knaben. Die Pastorale geht zu Herzen, strahlt Frieden und Glückseligkeit aus, kurzum: Musik, die tief berührt. Wenn man sich berühren lässt.
Und nicht abgestumpft ist, so sehr, dass man nicht mal den Wink vom Marterpfahl versteht, warum unter dem Weihnachtsbaum ein Buch liegt, wie Sie dem Kind Heimat geben. Nehmen Sie es an und denken Sie nicht sofort: Asyl! Nicht mit mir! Wir haben genug unbegleitete Jugendliche im Land. Und nachher zieht noch die Familie nach und liegt mir auf der Tasche. Das wird alles zu viel. Deutschland überweist genug Geld für Kriege, Waffen für die Ukraine und Radwege in Peru. Doch für die deutsche Bevölkerung bleibt zu wenig übrig. Was soll ich da noch mit einem Kind in mir, jetzt, wo ich heilfroh bin, dass die eigene Bagage endlich das Haus verlassen hat?
Glauben ist wichtig
Die Unzufriedenheit ist groß - trotz des Friedens, den uns König Olaf der Friedfertige durch seine geschickte Telefon-Diplomatie Tag für Tag sichert. Er hat verstanden, dass "den Bürgerinnen und Bürgern" das Geld ausgeht und die Stimmung unter "den Bürgerinnen und Bürgern" mies ist, weshalb er "den Bürgerinnen und Bürgern" ein Wahlkampfweihnachtsgeschenk versprochen hat. Er will für "alle Bürgerinnen und Bürger" die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent senken. Schon bei einem Einkauf von 100 Euro sparen "die Bürgerinnen und Bürger" knapp zwei Euro. Das ist wunderbar. Das ist vorausschauende Politik für "die Bürgerinnen und Bürger", die Deutschland endlich wieder voranbringt. "Die Bürgerinnen und Bürger" werden es ihm ewig danken.
Wer es glaubt, wählt die SPD. Glauben ist nämlich wichtig. Fragen Sie den Papst, ein alter weißer Mann, der Gott auf der Erde vertritt. Der findet im Glauben Halt. Er weiß immer, was zu tun ist: Beten. Zum Beispiel: "Beten wir für den Frieden." Das sagt er immer wieder, ohne je zu zweifeln, dass ihn Gott erhört. Unerhört - das kennt der Papst nicht. Zu Corellis Zeiten war das anders. Der stand in Diensten von Kardinal Benedetto Pamphili, ein Liebhaber der Künste und Frauen. Er hatte zahlreiche Mätressen und wohl einige außereheliche Kinder. Unerhört! Der amtierende Papst ist züchtig, hält sich von Frauen fern und lässt sich nicht beirren in seinem Glauben. Denn - wie schon erwähnt - Glauben ist wichtig.
Während die einen an den Genderstern und das Anhängen von "-innen" an die Mehrzahl glauben, glaubt der Papst an den Weihnachtsstern und an Männer als die einzig wahren Heilsbringer. Die Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen in der römisch-katholischen Kirche will er nach wie vor nicht. Die Heilige Annalena, Erfinderin der feministischen Außenpolitik, hat öffentlich gegen den Hang des Papstes zur Männlichkeit protestiert, wie immer diplomatisch zurückhaltend. "Man sollte sich seine Freunde immer sehr genau aussuchen, sonst steht man ziemlich alleine da", ließ sie den Pontifex wissen. "Und man sollte Frauen nie unterschätzen. Darum sollte er versuchen, immer viele Frauen an seiner Seite zu haben."
Der Papst ist alt und steht kaum noch, weil er ein schweres Hüftleiden hat und er trotzdem immer nur mit einem Stab auftreten darf - zwei Stützen sind ihm aus liturgischen Gründen untersagt. Es muss also heißen: Man sollte sich seine Freunde immer sehr genau aussuchen, sonst sitzt man ziemlich alleine da. Außerdem, das muss man dem Mann lassen, zieht er nur eisern seine Linie durch, wankt nicht. So bleibt alles, wie es schon immer war. Das ist konservativ in Reinform und sollte Friedrich Merz und seiner christlich angehauchten Partei zu denken geben: Vom Papst lernen heißt verlieren lernen. So verliert man Anhänger. Die sinkende Zahl der Mitglieder in der katholischen Kirche sprechen Bibeln.
Mit autoritärer Erziehung zum Erfolg
Da hilft auch kein Kniefall in Warschau mit anschließendem Bratwurstverzehr auf einem Weihnachtsmarkt. "Auch hier in Polen sind schon alle in Weihnachtsstimmung. Gibt viele bunte Weihnachtsbäume und vor allem sehr viele Lichter", erklärte Fürst Markus der Opportune, ein verkappter Hinweis, dass das katholische Polen genug und offenbar bezahlbaren Strom hat. Während wir Deutschen darben, Strom sparen müssen und über den Namen von Kakao-Getränken "mit Schuss" diskutieren. "Lumumba" geht nicht, weil das an den kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba erinnert. Verhöhnung! Ein Getränk "mit Schuss" darf nicht den Namen eines Mannes tragen, der - das weiß ungeachtet aller schlechten Pisa-Ergebnisse und Allgemeinbildungslücken doch nun jeder - 1961 erschossen worden ist.
Daher: Lasset uns das Gesöff doch "Heiße Schokolade mit Rum", "Kakao mit Schuss", "Labamba", "Schnubbibubbi" oder "Gagaschnagga" nennen. Wichtig ist, dass irgendetwas passiert, wir uns Gedanken machen, wie Deindustrialisierung, wirtschaftlicher Niedergang, kulturelle Aneignung und Rassismus bekämpft werden können. Lasset uns auch nach dem Ende der Ampelkoalition weiterhin fest an das Gute und den Fortschritt glauben. Glauben ist - wie schon erwähnt - wichtig.
Ich glaube fest an das Gute im Weihnachtsmann. Er ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass autoritäre Erziehung Sinn macht, dass man dank Drohungen eine Instanz sein kann. Der Weihnachtsmann muss nicht wie die Mütter im Prenzlauer Berg sagen: Bitte, Emilia, sag nicht mehr Eskimo-Eis. Bitte, Torben-Hendrik, sag nicht mehr Mohrenkopf. Der Weihnachtsmann muss nur kurz seine Rute zeigen und schon machen all die Emilias und Torben-Hendriks, was er möchte. Und dann wird alles gut. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten, verehrte Leserinnen und Leser der Schmoll-Ecke!
Quelle: ntv.de