Schiffbruch mit Geheimagenten Was geschah auf dem Lago Maggiore?


Am Dienstag zog die Feuerwehr das Boot aus dem Wasser.
(Foto: dpa)
Vier Menschen kommen am Sonntag bei einem Bootsunglück auf dem Lago Maggiore ums Leben. An Bord des Bootes waren ausschließlich Geheimagenten aus Italien und Israel. Das Unglück wirkt wie eine Krimi-Vorlage.
War es nur ein Unfall oder steckt mehr hinter dem Bootsunglück, das sich am Sonntag auf dem Lago Maggiore ereignete? Vier Menschen kamen ums Leben, als ein Hausboot auf dem See in Norditalien unterging. Die Passagiere waren Geheimagenten: acht aus Italien, dreizehn aus Israel. Medienberichten zufolge hatte sich die Gruppe einen Ausflug gegönnt, nachdem die Israelis ihren Rückflug verpasst hatten. In anderen Berichten heißt es, man habe den Geburtstag eines ehemaligen Mossad-Agenten feiern wollen.
Der Leichnam eines der Opfer wurde bereits nach Israel gebracht, wie das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Auftrag des Mossad bekannt gab. Zwei weitere Tote waren Beschäftigte des italienischen Geheimdienstes.
Was am Sonntagabend noch wie ein Bootsausflug mit tragischen Folgen aussah, wirkt Tage später immer mehr wie ein Krimi. Den ersten Agenturmeldungen zufolge hatte ein heftiges Unwetter vor der Ortschaft Sesto Calende ein Boot zum Kentern gebracht, auf dem sich 21 Passagiere befanden, dazu der Skipper und dessen Ehefrau. Schon wenige Stunden später wurde bekannt, dass die Passagiere Geheimdienst-Mitarbeiter waren.
Die Bootsfirma wurde erst im April gegründet
Die Ermittlungen konzentrierten sich zunächst allein auf den Skipper Claudio Carminati, 53 Jahre alt. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, eröffnete sie ein Verfahren gegen ihn wegen Schiffsbruchs und Totschlags. Auch seine Frau Anya Bozhkova, 50 Jahre alt und aus Russland stammend, zählt zu den Opfern. Es sind viele Fragen, auf die Carminati antworten muss. Wusste er nichts von den Gewittervorhersagen? Warum hat er 21 Passagiere auf das Boot gelassen, wo doch nur 15 erlaubt waren? War das Boot überhaupt seetüchtig? Immerhin war es 40 Jahre alt. Und war er befugt, als Skipper zu arbeiten? Der Berufsausweis soll mit dem Boot versunken sein.
Auch das Gründungsdatum des Unternehmens "Love Lake", dem das Boot gehörte, wirft mehr als eine Frage auf: Am 13. April 2023, vor weniger als zwei Monaten, erblickte die Firma das Licht der Welt. Carminati und Bozhkova waren als Inhaber registriert, das Stammkapital belief sich auf 500 Euro, von denen Bozhkova Medienberichten zufolge 475 Euro einzahlte, ihr Mann den Rest. Die Tageszeitung "Il Giorno" berichtet zudem, dass "Love Lake" dem Handelsregister der Stadt Varese zufolge "nicht aktiv" war. Auch dieser Spur dürften die Ermittler nachgehen. Die Webseite des Unternehmens ist seit Montag nicht mehr abrufbar.
"Ich glaube nicht an Zufälle"
Der zweite Teil der Ermittlungen konzentriert sich auf die Geheimagenten, die sich auf dem Boot befanden. Warum machten sie diesen Ausflug? Zwar ist die offizielle Version, man habe sich einen Ausflug gegönnt, auf den ersten Blick nicht unplausibel. Und ein geheimes Treffen oder gar eine gemeinsame Überwachungsoperation, noch dazu von einem so alten Boot aus, wird eher ausgeschlossen. Trotzdem suchen die Ermittler weiter nach einem handfesten Grund für diesen Ausflug. Grundsätzlich ist es jedenfalls nicht verdächtig, dass sich italienische Agenten mit israelischen Kollegen treffen - beide Länder kooperieren auch auf der Ebene der Geheimdienste.
Aber allein schon das Stichwort "Mossad" liefert ausreichend Stoff, um die Fantasie anzuregen. "Der Schiffsbruch der 007", titelte die Tageszeitung "La Stampa" am Dienstag. Der Artikel darunter bietet allerdings lediglich eine Chronik der Ereignisse. Für Verschwörungstheoretiker im Internet ist das zu wenig. Suspekt scheint dem einen oder anderen allein schon, dass die überlebenden israelischen Agenten gleich mit einem Sonderflug in die Heimat zurückgebracht wurden und die italienischen Kollegen so schnell wie möglich vom Bildschirm verschwanden. Auf Twitter schrieb eine Valentina, der Fall erinnere sie an das Seilbahnunglück, das sich am 23. Mai 2021 auf dem Monte Mottarone ereignete, direkt neben dem Lago Maggiore. Dabei starben 14 Menschen, darunter auch Israelis. "Ich glaube nicht an Zufälle", kommentierte sie.
Quelle: ntv.de