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Einnahme kein strategischer Wert ISW: Ukrainischer Teilrückzug aus Bachmut möglich

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Ukrainische Soldaten feuern eine Panzerhaubitze auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut.

Ukrainische Soldaten feuern eine Panzerhaubitze auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Die Ukraine kann mit ihren Stellungen in Bachmut den Moskauer Truppen hohe Verluste zufügen, die zermürbende Belagerung der Stadt treibt zudem einen Keil zwischen Wagner-Söldner und Russlands Führung. Dennoch gehen Militärbeobachter von einem nahenden Teilabzug Kiews aus.

Kiew könnte laut Militärbeobachtern einen Teil seiner Streitkräfte aus der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut in Donezk abziehen. "Die ukrainischen Kräfte könnten sich, angesichts der durch Bilder mit Geolocation bestätigten Zerstörung der Eisenbahnbrücke über den Fluss im Nordosten von Bachmut am 3. März, von ihren Positionen am Ostufer des Bachmutka-Flusses zurückziehen", schrieb das in den USA ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW).

Russischen Militärbloggern zufolge nahm die dort kämpfende Söldnertruppe Wagner inzwischen Teile im Osten, Süden und Norden Bachmuts ein. Eine offizielle Bestätigung für den Abzug gab es vom ukrainischen Militär bislang nicht. Auf den Lagekarten sind die Gebiete östlich des Bachmutka-Flusses allerdings inzwischen als russisch oder sogenannte Grauzone eingezeichnet. Allerdings wird der Druck auf Moskau durch Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin erhöht. Wenn die versprochene Munition nicht bald eintrifft, müssten sich die Wagner-Truppen zurückziehen, drohte er.

Fernab der innerrussischen Querelen berichtete der ukrainische Generalstab am Morgen in seinem Lagebericht über anhaltende Kämpfe in dem Raum. Beschossen worden seien sowohl die Stadt selbst als auch etliche Vororte von russischer Seite. Der strategische Wert Bachmuts ist nach der Vertreibung der russischen Truppen aus dem Gebiet Charkiw gering, da nun nach dem Fall keine Einkesselung des Ballungsraums zwischen Slowjansk und Kramatorsk droht. Für die russische Militärführung hat die Einnahme hingegen große Symbolkraft, da sie Erfolge vorweisen muss.

"Fall Bachmuts heißt nicht Großoffensive"

Generalmajor Bruno Hofbauer vom österreichischen Bundesheer sieht im Gespräch mit ntv durch die Einnahme Bachmuts keine große russische Vorteilsnahme im Krieg. Sollte die Stadt fallen, geht er davon aus, dass wie in den letzten Monaten auch, Russland nicht über genügend gut ausgebildete Kräfte in der Tiefe verfügt, um anschließend eine umfassende Offensive zu starten. Laut dem Major könnte es die Ukraine schaffen, Bachmut noch über die nächsten Tage und Wochen zu halten. "Wir haben immer wieder neue Anläufe der russischen Seite gesehen, mit sehr hohen Verlusten, wo ganz, ganz wenig Raumgewinn erzielt werden konnte. Jetzt bemüht man sich, durch eine beidseitige Umfassung mit Schwergewicht vor allem im Norden Bachmut einzuschließen. Darauf reagiert die Ukraine und kann auch immer noch reagieren, indem sie Kräfte von außen zuführt."

Die ukrainische Seite hielt Bachmut lange, da die gut ausgebauten Stellungen in der Stadt es ermöglichten, den Angreifern hohe Verluste bei ihrem langsamen Vormarsch zuzufügen. Trotzdem häuften sich zuletzt Indizien und Berichte über einen geplanten Truppenabzug, nachdem die Russen Bachmut inzwischen von drei Seiten einkreisten und in Richtung der letzten Zufahrtsstraße aus dem Hinterland zur Versorgung der ukrainischen Einheiten vorrücken.

Seit Monaten wird um Bachmut, wo vor dem Krieg etwa 74.000 Einwohner lebten, gekämpft. Die Stadt, in deren Ruinen nach offiziellen Angaben noch etwa 5000 Zivilisten ausharren, wurde dabei praktisch komplett zerstört.

Quelle: ntv.de, ysc/dpa

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